Egon W. Kreutzer: Wenn du eine Nation zerstören willst

Was ist das überhaupt, eine Nation – und welchen Sinn soll es überhaupt haben, eine Nation zu zerstören? Dieser Frage nachzugehen, ist des Nachdenkens wert, meint Gastautor Egon W. Kreutzer.
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Deutschlandfahnen sind der Berliner Grünen Jugend ein Dorn im Auge – ein Bild von der WM 2014, Brasilien.Foto: Vinicius Costa/ Getty Image
Von 15. März 2021

Wie gehst du vor, wenn du eine Nation zerstören willst?

Du hast recht verstanden.

Es geht nicht darum die Bevölkerung zu vernichten.
Da sind viele Nützliche darunter, die man noch brauchen kann.

Es geht nicht darum, das Land zu verwüsten.
Da gibt es so viel Nützliches, das dir Ertrag bringen kann.

Es geht nicht darum, ein Heer im Kampf zu besiegen.
Das würde dir nur selbst Verluste zufügen.

Wie also gehst du vor, wenn du eine Nation zerstören willst, ohne Krieg, ohne die Bevölkerung auszurotten, ohne das Land zu verwüsten?

Das ist schwer. Was habe ich denn in der Hand, was kann ich denn tun? Krieg soll ich nicht führen, die Bevölkerung soll ich nicht vernichten, das Land nicht verwüsten …“

Ja, ja. Aber ich sehe, dass du dir gar nicht im Klaren darüber bist, was das ist, eine Nation. Die Nation ist doch nichts Materielles! Die Nation, das ist der Geist, der Volk und Land, Herrscher und Beherrschte, zusammenhält. Wie bei einem Hologramm ist in jedem Partikel dessen, was der Nation zugerechnet werden kann, das Bild des Ganzen enthalten. Du kannst die Nation nicht mit Feuer und Schwert zerstören. Deshalb ist es müßig, damit überhaupt beginnen zu wollen.

Welchen Sinn soll es dann aber überhaupt haben, eine Nation zu zerstören?“

Ich sehe, du bist reinen Geistes. Nichts wirklich Böses wohnt in deinen Gedanken. Keine Habsucht, keine Gier, keine Herrschsucht bestimmen dein Sinnen und Trachten. Du willst einfach nur in Frieden leben. Diese Einstellung ist vortrefflich schön. Doch du hast Augen und Ohren und einen flinken Verstand.

Du kannst sehen, was rings um dich auf der Welt geschieht. Ich sage dir: Keine Nation ist so gefährdet, wie eine, deren Bürger meinen, sie könnten einfach nur in Frieden leben.

Wenn ich dich recht verstehe, willst du mir sagen, dass die Nation zerstört werden kann, wenn es gelingt den Geist des Zusammenhaltes zu zerstören. Meinst du das?“

So ist es. Und nun versuche, diesen Geist anzugreifen. Wie wirst du vorgehen?

Lass mich noch einen Augenblick nachdenken. Ich muss mir das Bild der Nation erst vollständig in Erinnerung rufen. Es ist der einende Geist, gut. Was eint er denn? Es muss sich ja erst einmal um Menschen handeln. Um viele Menschen, wenn ich es recht bedenke. Viele Menschen, die eine Gemeinschaft bilden. Gemeinschaft setzt voraus, dass sie sich begegnen, sich kennen, dass sie Nachbarn sind, dass sie ein geschlossenes Gebiet besiedeln.

Das kommt aber nicht von alleine. Ein Gebiet zu besiedeln, das Land urbar zu machen und sich dabei zu kennen, und den gleichen verbindenden Geist in sich zu tragen, das kann nicht von einem Tag auf den anderen geschehen. Das ist das Werk von Generationen, die miteinander ihre Geschichte erleben und die Erinnerungen weitergeben, die sich in einer Sprache verständigen können, die in ihren Zielen und Werten übereinstimmen und daraus eine eigene Kultur hervorbringen und letztlich nach ihren Erfordernissen – nach innen, wie nach außen – zu einem politischen Staatswesen werden, dem eine geschriebene oder ungeschriebene Verfassung zugrunde liegt. Stimmt das so weit?“

Ja. Man kann zwar mehr Worte darum machen, man kann mit „wenn“ und „aber“, mit „vielleicht“ und „eventuell auch“ die kleinen Varianten einbeziehen, die sich zwischen den Nationen herausgebildet haben, aber du hast den Kern getroffen. Nun solltest du auch die Schwachstellen erkennen, an denen ein zerstörerisches Werk erfolgversprechend anzusetzen wäre.

Ich denke noch ein bisschen laut vor mich hin. Der Gedanke, eine Nation zerstören zu wollen, ist mir immer noch fremd. Was ist denn der Zweck? Der kann doch nur darin bestehen, sich Land und Leute untertan zu machen, weil die Menschen ohne den Geist der Nation nur noch einzelne, orientierungslose Individuen sind, die nicht mehr wehrhaft zusammenfinden und so für jeden, der sich der Früchte ihrer Arbeit und der Schätze ihres Landes bemächtigen will, eine leichte Beute sind.“

Gut. Dann will ich es so versuchen:

Ich werde ihren Herrscher, ihren Fürsten, ihren Anführer, ihren Präsidenten zum Angriffspunkt wählen. Ich werde mich zu seinem Freunde machen, ihm Geschenke bringen, ihm Geld und Gold geben, und noch mehr versprechen, und ihn mit List dazu bewegen, den Geist der Nation zu verleugnen und stattdessen den Geist der Habgier in ihm entfachen.

So wird er mit seiner Macht sehr schnell die Veränderungen herbeiführen, welche die Menschen an der Nation zweifeln lassen, weil sie an seinem Beispiel sehen, wie der Egoismus über den Gemeinsinn triumphiert und somit selbst zu Egoisten werden. Egoismus aber, wenn er nur in genug Herzen Einzug gehalten hat, wird den Geist der Nation ganz von selbst verdrängen.“

Ein schöner Gedanke, mein Freund. Tatsächlich kann man Nationen so zerstören, vor allem wenn sie noch jung sind, wenn der Geist der Nation sich gerade erst herauszubilden beginnt, wenn die gemeinsamen Werte noch nicht gefestigt sind und sich verbindliche Regeln und eine eigene Kultur noch gar nicht herausgebildet haben.

Doch bei stolzen, gewachsenen Nationen mit alten Traditionen wird dieser Angriff nicht verfangen. Sollte es dir gelingen, den Herrscher mit dem Geist der Gier zu infizieren, wird das Volk ihn absetzen und ausstoßen, doch selbst das wird dir kaum gelingen, wenn der Herrscher seine Verantwortung für die Nation tief im Herzen trägt und sich eben nicht von einem Verführer beschwatzen lässt. Denk weiter!

Willst Du mir nicht lieber einfach sagen, wie es am besten und zuverlässigsten zu bewerkstellige wäre, eine Nation zu zerstören, anstatt mich, der ich doch in dieser Sache gänzlich unbewandert bin, weiter zu examinieren? Wüsste ich es aus deinem Munde, ich könnte es mir ins Gedächtnis einprägen. So springe ich unstet von Möglichkeit zu Möglichkeit, von Schachzug zu Schachzug, und werde am Ende doch nicht von alleine dahin gelangen, wo du mich haben willst.“

Es ist ein Unterschied, zwischen dem braven Auswendiglernen und dem Effekt der selbst gewonnenen Erkenntnis. Deine Erkenntnis wird sich dir einbrennen. Das nur Gehörte und Gemerkte wird verblassen und vom Zweifel angenagt werden, sodass es dir im rechten Moment gar als falsch erscheinen wird.

Übe dich im Erkennen. Ich werde dich schon so weit leiten, dass dir der Weg durch den Irrgarten der unvergorenen Konzepte der modernen Ego-Philosophen, der Weltverbesserer und der unverbesserlichen Besserwisser erspart bleibt.

Entschuldige meine Ungeduld. Ich werde einen neuen Ansatz suchen.

Wenn die stolze Nation also nicht zerstört werden kann, wenn nur der Herrscher herausgebrochen werden soll, dann muss der Angriff wohl auf breiterer Basis erfolgen. Die Berater des Herrschers bieten sich an, die Vordenker, die Wissenschaftler, auch die Hohen Priester und Prediger, also jene Kaste, die bei Hofe ein und aus geht.

Denen schenkt der Herrscher sein Vertrauen. Wenn die ihn bewegen, sich vom Bewährten loszusagen und völlig Neues zu unternehmen, was sein Schaden nicht sein soll, wenn sie zugleich dem Volke erklären, dass der Herrscher nur das Beste für sein Volk wolle, dann …“

Was meinst du, was wird dann geschehen? Ich sage dir: Das Volk wird feststellen, sehr schnell feststellen, dass das, was da bei Hofe ersonnen ist, darauf hinausläuft, die Gemeinschaft der Nation zu beschädigen. Das Volk wird erkennen, dass man sich bei Hofe, in wessen Interesse auch immer, gegen das Volk verschworen hat.

In einer Demokratie, in welcher der Geist der Nation herrscht, wird der Spuk durch Wahlen beendet. In einer Monarchie oder Diktatur, werden sich welche finden, die unter Gefahr für Leib und Leben den Tyrannen vom Thron stoßen. Eine Nation ist wie ein gesunder Organismus.

Eine Nation verfügt über so etwas, wie ein Immunsystem, das Fremdkörper bekämpft und beseitigt. Das gelingt umso vollständiger, je kleiner die Zahl solcher Fremdkörper ist, und je größer die Zahl der besonnenen und verständigen Männer und Frauen, die sich bewusst sind, warum sie bewahren wollen, was sie besitzen, und warum sie ablehnen, was sich mit ihrem Geiste nicht verträgt.

Entschuldige, wenn ich dich unterbreche. Kann es nicht sein, dass sich jene, die du die verständigen Männer und Frauen nennst, irren? Dass sie nicht erkennen können, was ihnen Fortschritt und Nutzen bringt und was sie aufhält und ihre Entwicklung behindert? Muss nicht immer das Alte durch das Neue, das Gute durch das Bessere ersetzt werden?“

Das ist eine sehr entscheidende Frage für den Bestand einer Nation. Es ist aber so, dass jede Nation, solange sie nicht träge geworden ist, und von innen her allmählich verfault, genügend Kraft hat, sich ständig zu erneuern, anzupassen, weiterzuentwickeln.

Das ist ein Prozess, der aber erst wahrnehmbar wird, wenn man längere Zeiträume überblickt. Da wird nichts ruckzuck übers Knie gebrochen. Da gibt es und da braucht es keine Revolution. Das ist ein evolutionärer Prozess der mit den Methoden von Versuch und Irrtum im Kleinen alles ausprobiert, bevor das Gute zum Allgemeingut wird. Diesen Prozess zu zerstören, wäre übrigens ein interessanter Ansatz, beim Versuch eine Nation zu zerstören. Was meinst du?

Das geht mir jetzt zu schnell. Wie sollen denn die vielen Prozesse des Ausprobierens und Prüfens, die gänzlich unkoordiniert praktisch überall ablaufen können und in der Mehrzahl verworfen werden, bevor etwas Neues Einzug hält, zerstört werden. Das ist doch im Grunde ein unzerstörbares Prinzip. Ich sehe da keinen Ansatz.“

Wirklich nicht? Ich glaube, du bist so nah dran, dass du den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen kannst. Denk weiter!

Ich muss mir da erst mal ein Beispiel zurechtlegen. Wenn also in einer funktionierenden, stolzen Nation einer daherkommt, und verkündet, er habe sich überlegt, dass runde Räder bei ihrer Herstellung einen erheblichen Aufwand verursachen, und daher vorschlägt, künftig quadratische Räder zu verwenden, die sehr viel einfacher herzustellen seien, was sie natürlich stark verbilligt, was wiederum dazu beiträgt, dass sich mehr Menschen Fahrräder, Motorräder und Autos leisten könnten — dann, dann würde der ausgelacht.

Und wenn er einen Handwerker fände, der sich darauf einlässt, und ein paar quadratische Räder als Prototypen baut, dann würden alle sehen, dass das nicht funktioniert, und die Idee wäre wieder tot.“

Das ist ein ziemlich krasses Beispiel. Ich sage nicht, dass es nicht Möglichkeiten gäbe, eine ganze Nation mit Fahrzeugen mit quadratischen Rädern auszustatten und die Bevölkerung glauben zu lassen, dass die damit geschaffene Unbeweglichkeit ihrer Fortbewegungsmittel ein Vorteil wäre, weil damit ungeheuer viel Energie eingespart werden kann, die vorher für das stete Hin-und-Her der Fahrzeuge verplempert wurde, doch so, wie du das geschildert hast, als die Idee eines Spinners, die offensichtlich nicht funktionieren kann, lässt sich die Zerstörung einer Nation nicht beginnen. Vollenden lässt sie sich damit. Aber so weit bist du noch nicht.

Es muss also subtiler begonnen werden. Meinst du das? Und, denke ich mir jetzt, es darf nicht da begonnen werden, wo der Verstand zu Hause ist, sondern doch eher bei den Dummen, den leicht verführbaren, bei der Jugend, die noch keine eigenen Erfahrungen gemacht hat.“

Gut. Sehr gut. Weiter so!

Ich komme also von außen. Gehöre nicht zur Nation, die ich zerstören will. Ich brauche eine Idee, die zumindest von den Unerfahrenen nicht auf Anhieb als falsch erkannt wird. Vielleicht brauche ich sogar viele solcher Ideen. Aber wie bringe ich die dorthin, wo sie auf fruchtbaren Boden fallen sollen. Welche Möglichkeiten habe ich denn? Ich hab’s.

Ich schicke so eine Art Botschafter los. So eine Art Lenin, der fällt mir jetzt gerade ein. Also nicht einen, sondern am besten gleich viele, viele mit vielen unterschiedlichen Ideen.

Die gehen gezielt dahin, wo sie leicht beeinflussbare Menschen vermuten und erzählen denen, dass sie eine großartige Idee haben, vielleicht sogar, dass da, wo sie herkommen, schon alle dieser Idee anhängen, und dass diese Idee wegen der Bosheit und der Dummheit ihrer politischen Führer in ihrer Nation bisher unterdrückt und mit allen Mitteln bekämpft wird.“

Gut. Gut. Fallen dir Beispiele für solche Ideen ein?

Na klar. Mir fällt’s gerade wie Schuppen von den Augen. Jede Medaille hat zwei Seiten. Ich zeige denen immer nur eine. Ich sage ihnen, ihr müsst zu viele Steuern zahlen, was könntet ihr mit dem vielen Geld alles anfangen, würde es euch nicht weggenommen werden. Ich sage ihnen, dass die Alten die Jungen mit ihren Renten das Brot wegfressen.

Ich sage ihnen, dass Frauen auch arbeiten dürfen sollen, damit sie selbst Geld verdienen können. Ich sage ihnen, dass ihre Kinder in Kindergarten und Schule am besten aufgehoben sind und dann alle die gleiche Chancen haben, wenn sie die gleiche Erziehung genießen. Ich sage ihnen, dass die Polizei dazu da ist, sie zu unterdrücken, ich sage ihnen, dass eine Katastrophe kommt, aber ihre Regierung nichts dagegen tut.

Ich sage ihnen, dass sie bisher von alten weißen Männern gezwungen wurden, entweder Mann oder Frau zu sein, dass sie aber ihr Geschlecht frei wählen könnten. Oh ich kann gar nicht mehr aufhören …“

Lass es trotzdem gut sein. Du hast jetzt von deinen Botschaftern viele Ideen streuen lassen. Wie geht es weiter?

Ich glaube, das genügt schon. Klar, man muss aufpassen, dass das Feuer nicht wieder ausgeht. Aber da, wo ich es gelegt habe, brennt es doch schon lichterloh. Meine Botschafter sind eigentlich gar nicht mehr nötig, die Dinge werden zu Selbstläufern.

Alle kleinen oder größeren Gruppen, denen ich solch einen Floh ins Ohr gesetzt habe, werden erpicht darauf sein, sich aus der Vormundschaft des Staates, aus den Regeln und dem Wertesystem zu befreien. Sie werden sich zusammenrotten und auf die Straße gehen für ihre Forderungen, und das wird dazu führen, dass sich Anführer herausbilden, denen es Spaß macht, die Massen zu lenken.

Jetzt muss man nur noch denen helfen. Mit ein bisschen Geld, mit ein paar neuen Argumenten, wissenschaftlichen Studien von irgendwoher. Dann werden die Parteien wach, erkennen ein Wählerpotential, dass sie sich erschließen müssen, wollen sie es nicht verlieren, womöglich sogar an die Konkurrenz.

So dringt die ätzende Säure von den Dummen und Verführbaren her immer weiter nach oben, wer jetzt eine Nation noch verzweifelt zusammenhalten will, muss letztlich allen nachgeben, allen zu Willen zu sein, den größten Blödsinn gutheißen, ein drittes Geschlecht erfinden und dritte Toiletten einrichten, Frauenquoten durchsetzen, den Kampf gegen Feinstaub und Fleischverzehr, gegen Verbrennungsmotoren und Individualverkehr aufnehmen, muss den Grundsatz der Gleichberechtigung zu einem Grundsatz der Gleichstellung umwandeln, muss in der ersten Reihe für den Gender-Sprech eintreten, muss versprechen, das ganze Elend der Welt heilen zu können, jedem der zweifelt, ein „Wir schaffen das!“ entgegenschleudern …“

Ich habe noch zwei Fragen. Die erste betrifft dich selbst. Hast du jetzt verstanden, warum ich dich angehalten habe, die Sache selbst zu Ende zu denken? Hättest du mir das, was du nun selbst erkannt hast, glauben wollen, wenn ich es dir, wie du gewünscht hast, einfach wie im Unterricht an die Tafel geschrieben hätte?

Ich fürchte, ich hätte es aus deinem Mund zwar gehört, aber nicht angenommen. Ich glaube es mir ja selbst noch nicht ganz. Es kann doch bei der Klimarettung nicht darum gehen, die Nation zu zerstören, oder?“

Die Frage musst du dir schon selbst beantworten. Dazu musst du dich aber ein bisschen in die Materie einarbeiten. Alle Stimmen hören, so wie es in der funktionierenden Nation der ganz normale selbstverständliche Prozess ist. Aber ich habe noch meine zweite Frage an dich: Kannst du dir vorstellen, dass es die beste Idee ist, die Nation trotz allem zusammenzuhalten, indem allen Partikularinteressen, allen Spinnern und falschen Propheten recht gegeben und nach dem Munde geredet wird?

Ich weiß nicht. Vielfalt ist ja an sich nicht schlecht. Warum soll nicht jeder sein Leben nach seinen Vorstellungen leben? Warum nicht weniger Staat? Warum nicht mehr Umweltschutz, warum nicht 199 Geschlechter? Warum nicht Fleischverzicht? Warum nicht frühkindliche Sexualerziehung …?

Gerade war ich mir doch noch so sicher. Was habe ich bloß übersehen?“

Es sind deine Zweifel, mein Freund, die dich zum Menschen machen. Hüte dich vor denen, die vor Gewissheit strotzen und schon die kleinste kritische Frage zum Verbrechen machen. Aber auf deine letzte Frage, was du übersehen haben magst, weiß ich die Antwort:

Du hast übersehen, oder aufs Ende vergessen, dass es von Anfang an um die Nation ging.

Nicht um den Staat. Auch nicht um das Volk. Nicht um das, was sich „aufgeklärte Gesellschaft“ nennt, sondern um jene besondere Ordnung, die entsteht, wenn eine große Zahl von Menschen in einer langen Reihe von Generationen eine gemeinsame Geschichte durchlebt hat, eine gemeinsame Sprache spricht, aus gemeinsamen Werten eine gemeinsame Kultur entstehen lässt, die in eine politische Ordnung mündet, die den in diese Gemeinschaft Hineingeborenen vollkommen selbstverständlich erscheint.

Eine Ordnung, um die nicht mehr grundsätzlich gerungen werden muss, weil sie sich im freien Spiel der Kräfte, durch Versuch und Irrtum über die lange Zeit herausgebildet und als insgesamt nützlich und sinnvoll erwiesen hat.

Und nun geh‘ hin, und halte die Zerstörung deiner Nation auf.

Anhang 1

Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), hat bei der Erklärung des Begriffes Nation schon erhebliche Schwierigkeiten, sieht sie sich doch bemüßigt, statt einer Definition gleich zwei „Interpretationen“ zur Auswahl zu stellen.

Die eine „Interpretation“ wird mit den Attributen „konservativ“, „statisch“ und „homogen“ schon sprachlich als überkommen und damit „eher falsch“ dargestellt, die andere Interpretation ist die „offene“ Interpretation, die vom Staate herkommt, einem Staat, in dem unterschiedliche Gruppen zusammenleben, was den Austausch fördert, und „eher richtig“ ist, weil es dem Verständnis moderner demokratischer Gesellschaften näher kommt.

Anhang 2

„Eine Nation kann ihre Narren überleben – und sogar ihre ehrgeizigsten Bürger. Aber sie kann nicht den Verrat von innen überleben. Ein Feind vor den Toren ist weniger gefährlich, denn er ist bekannt und trägt seine Fahnen für jedermann sichtbar. Aber der Verräter bewegt sich frei innerhalb der Stadtmauern, sein hinterhältiges Flüstern raschelt durch alle Gassen und wird selbst in den Hallen der Regierung vernommen. Denn der Verräter tritt nicht als solcher in Erscheinung.
Er spricht in vertrauter Sprache, er hat ein vertrautes Gesicht, er benutzt vertraute Argumente, und er appelliert an die Gemeinheit, die tief verborgen in den Herzen der Menschen ruht. Er arbeitet darauf hin, dass die Seele einer Nation verfault. Er treibt sein Unwesen des Nächtens – heimlich und anonym – bis die Säulen einer Nation untergraben sind. Er infiziert den politischen Körper der Nation dergestalt, bis dieser seine Abwehrkräfte verloren hat. Fürchtet nicht so sehr den Mörder. Fürchtet den Verräter. Er ist die wahre Pest.“

Marcus Tullius Cicero
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Dieses Zitat wurde mir heute auf wundersame Weise, kaum dass ich mit meinem Aufsatz begonnen hatte, aus heiterem Himmel per E-Mail zugesandt.
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Danke, Ralf-Peter! Das passt einfach.

 

Dieser Artikel ist zuerst erschienen auf www.egon-w-kreutzer.de

Der Autor Egon W. Kreutzer ist Unternehmensberater, Publizist und Buchautor.

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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