Wir können weiterleben – ohne Sorgen um CO₂ und „Netto Null“

„Netto Null“ heißt nicht, gar kein CO₂ mehr, sondern nicht mehr, als die Erde aufnehmen kann – sprich, Emissionen und Absorptionen im Gleichgewicht sind. Dieses reguliert sich von allein, auch bei unveränderten Emissionen. Ein Kommentar.
„Netto Null“ heißt, dass Emissionen und Absorption gleich groß sind. Dafür sorgt die Natur selbst.
„Netto Null“ heißt, dass Emissionen und Absorptionen gleich groß sind. Dafür sorgt die Natur selbst.Foto: iStock
Von 27. Juni 2023

Was ist eigentlich „Netto Null“? Im Originaltext des Pariser Klimaabkommens ist zu lesen: „Die Länder müssen das Emissionsmaximum so bald wie möglich erreichen, um ein Gleichgewicht zwischen vom Menschen verursachten Emissionen durch Quellen und Absorptionen durch Senken von Treibhausgasen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu erreichen (bei einer Temperaturerhöhung um maximal 1.5 Grad Celsius).“

Im Klartext heißt es also, die Länder müssen schnellstmöglich ihre Emissionen senken. So weit, so gut. Weiterhin besagt der Text aber auch, dass sich die Quellen von Emissionen mit den Absorptions-Senken die Waage halten müssen. Es heißt nicht, dass die Emissionen null sein müssen. „Netto Null“ heißt nur, dass es gleich viele Absorptionen wie Emissionen gibt, dass es ein Gleichgewicht gibt.

„Wie viel CO₂ verbleibt [nicht] in der Atmosphäre?“

Die Klimawissenschaft befasst sich in der Regel mit der Frage „Wie viel CO₂ verbleibt in der Atmosphäre?“ Wer dies beantworten will, bezieht sich allzu oft auf anthropogenen Emissionen und die begrenzten Fähigkeiten der Ozeane und der Biosphäre, das überschüssige CO₂ aufzunehmen.

Die Analyse der einzelnen Mechanismen hat zusammen mit der mittlerweile nachweislich falschen Annahme exponentiell wachsender Emissionen zu Schlussfolgerungen der Art geführt, dass ein bestimmter zunehmender Anteil der anthropogenen Emissionen für immer in der Atmosphäre verbleibt.

Zu einer anderen Schlussfolgerung kommen wir jedoch, wenn wir die logisch gleichwertige Frage stellen: „Wie viel CO₂ verbleibt nicht in der Atmosphäre?“

Die Menge an CO₂, die nicht in der Atmosphäre verbleibt, kann anhand der direkten Messungen von Emissionen und Konzentrationsänderungen berechnet werden, ohne dass wir die Absorptionsmechanismen im Einzelnen untersuchen müssen. Denn auch für CO₂ gilt die Massenbilanzgleichung, die besagt, dass nichts verloren geht: Konzentrationsänderung = Emissionen – Absorptionen.

Aus dem Gleichgewicht gebracht

Dass bereits heute mehr als die Hälfte der menschengemachten Emissionen von den Ozeanen und der Photosynthese der Pflanzen und in der Folge auch von Tieren wieder geschluckt werden, ist allgemein bekannt und unstrittig. Dennoch befürchten viele Menschen, dass ein Rest für immer in der Atmosphäre verbliebe.

Das trifft so nicht zu.

Eine Studie im Fachjournal „Atmosphere“ sowie ein leicht verständlicher Blogbeitrag bezieht sich auf die Messdaten der letzten 70 Jahre. Anhand dessen weisen die Autoren nach, dass jedes Jahr etwa zwei Prozent der über 280 ppm (Teilchen pro Million) hinausgehenden CO₂-Konzentration der Atmosphäre von Ozeanen und Pflanzen wieder entzogen werden.

Die Konzentration von 280 ppm ergibt sich dabei als Gleichgewicht aus natürlichen Emissionen und Absorptionen ohne anthropogene Emissionen. Nach Berücksichtigung der menschlichen Emissionen beträgt der CO₂-Anteil in der Atmosphäre derzeit knapp unter 420 ppm. Tendenz steigend.

Letzteres sehen viele Klimaexperten kritisch. Mathematik, Biologie und Chemie deuten indes darauf hin, dass diese Entwicklung weder unumkehrbar noch von Dauer ist. Denn die Natur ist stets bestrebt, in ein Gleichgewicht zu kommen.

Wie entwickelt sich das Klima-Konto?

Die Messdaten, insbesondere die der CO₂-Konzentration, sind seit den 50er-Jahren sehr genau. Mit den Messwerten von 1950 bis 2000 konnten die tatsächlichen CO₂-Konzentrationen seit der Jahrtausendwende sehr exakt vorhergesagt werden. Um zu verstehen, wie der Mechanismus der Emission (die Quellen) und Absorption (das Senken) funktioniert, schauen wir uns einen Vergleich aus der vertrauteren Welt eines Geldkontos an:

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Klima-Konto mit einem Guthaben von 413 EUR zu Beginn des Jahres 2020. Auf dieses Konto zahlen Sie jedes Jahr 4,50 EUR ein.

Dazu hat sich der Staat eine eigenartige Vermögenssteuer einfallen lassen und einen Freibetrag von 280 EUR festgelegt. Alles, was darüber geht, wird am Jahresende mit zwei Prozent besteuert.

Im Laufe des Jahres steigt der Kontostand um 4,50 EUR, sodass Ende des Jahres 417,50 EUR auf dem Konto sind. Zum Jahreswechsel wird die Steuer erhoben: Das Guthaben übersteigt den Freibetrag um (417,50 EUR – 280 EUR =) 137,50 EUR, die folglich nun mit zwei Prozent besteuert werden. Somit müssen Sie 2,75 EUR abführen und es verbleiben 414,75 EUR auf Ihrem Konto.

Im nächsten Jahr zahlen Sie wieder 4,50 EUR ein und haben nun (414,75 EUR + 4,50 EUR =) 419,25 EUR. Da Sie den Freibetrag jetzt mit (419,25 EUR – 280 EUR =) 139,25 EUR um eine noch größere Summe übersteigen, müssen Sie auch mehr Steuern zahlen, nämlich (0,02 × 139,25 EUR =) 2,785 EUR. Somit wächst zwar der Kontostand, aber auch die Abzüge erhöhen sich jedes Jahr.

Entwicklung von „CO₂-Kontostand“ und abzuführendem „Steuerbetrag“. Foto: ts/Epoch Times

Wenn die Steuern die Einnahmen übersteigen

Man kann nun leicht ausrechnen, wann Einzahlungen und Steuern gleich hoch sind: Wenn das zu besteuernde Guthaben 50-mal so groß wie die Steuerlast ist (4,50 EUR / 2 Prozent = 225 EUR), muss der gesamte Einzahlungsbetrag von 4,50 EUR wieder abgeführt werden.

Das heißt, übersteigt das Guthaben den Freibetrag um 225 EUR – bei einem Kontostand von 505 EUR –, ist die berühmte „Netto Null“-Situation erreicht. Weiter kann das Guthaben bei konstanten Einzahlungen in Höhe von 4,50 EUR nicht mehr wachsen. Dieser Kontostand ist jedoch praktisch unerreichbar.

Im Jahr 2070 ist der Kontostand um insgesamt nur 50 EUR auf 470 EUR gestiegen. In den folgenden 50 Jahren beträgt der Zuwachs nur noch 20 EUR. Selbst in 200 Jahren kann der Kontostand unter diesen Bedingungen nicht über 500 EUR steigen.

Unveränderte Emissionen (Einzahlungen) lassen den Kontostand (die atmosphärische CO₂-Konzentration) immer langsamer steigen. Foto: ts/Epoch Times

Dieses Konto-Gleichnis beschreibt ziemlich genau den CO₂-Haushalt der Atmosphäre. Der Kontostand entspricht der Konzentration des CO₂ in der Atmosphäre. Zu Beginn des Jahres 2020 waren das etwa 413 ppm. Die US-amerikanische Organisation für Atmosphäre und Ozean (NOAA) spricht von 412,44 ppm.

Die Einzahlungen entsprechen den jährlichen weltweiten Emissionen, also das, was wir in die Atmosphäre hineingeben. Das sind aktuell etwa 4,5 ppm weltweit, was einem Gewicht von etwa 36 Milliarden Tonnen CO₂ entspricht.

Mehr CO₂ lässt die Erde ergrünen und beschleunigt „Netto Null“

Nun hat die Internationale Energieagentur (IEA) mit ihrer weltweiten Statistik seit 1850 geschätzt, wie viel CO₂ in Zukunft ausgestoßen werden wird. Dabei gibt es ein Szenario, bei dem angenommen wird, dass die jetzt gerade geltenden Gesetze und Regelungen in allen Ländern der Erde unverändert weiter fortgesetzt werden, das sogenannte „Szenario der ergriffenen Maßnahmen“.

Dieses Szenario besagt, dass die weltweiten Emissionen über die nächsten zehn Jahre etwa gleich bleiben und dann ganz leicht mit etwa 0,3 Prozent pro Jahr sinken. Das bedeutet, dass es weltweit im Jahre 2100 wieder genauso viele Emissionen geben wird wie im Jahr 2005. Darin berücksichtigt ist außerdem, dass die Emissionen einzelner Länder stärker sinken können, während andere ihre Emissionen zunächst weiter steigern. Aber es wird nirgendwo dramatische Auswirkungen geben, die den Wohlstand infrage stellen.

Diese Zahlen der IEA besagen: Der CO₂-„Kontostand“ beträgt im Jahr 2100 etwa 483 ppm. Darüber hinaus wird der Wert nicht mehr wesentlich ansteigen. Im Gegenteil.

Da mehr CO₂ die Erde ergrünen lässt, beschleunigt dies die Absorption von CO₂ aus der Atmosphäre. Gleichzeitig sorgt die technische Entwicklung für immer weniger Emissionen. Oder um beim Kontomodell zu bleiben: Ersteres führt dazu, dass der Steuersatz steigt, Letzteres dazu, dass die Einzahlungen sinken, sodass beides die Erreichung von „Netto Null“ beschleunigt.

Und was heißt das für das Klima?

An dieser Stelle soll bewusst auf die Diskussion, ob CO₂ einen Einfluss auf die globale Mitteltemperatur und in der Folge auf das Klima hat, verzichtet werden. Unbestritten ist, dass seit dem Beginn der Industrialisierung die CO₂-Konzentration von 280 ppm auf 413 ppm angewachsen ist – also um 133 ppm. Ebenfalls unbestritten ist, dass die globale Durchschnittstemperatur in diesem Zeitraum um etwa nur ein Grad Celsius gestiegen ist.

Der künftige Anstieg der CO₂-Konzentration bis zum Jahr 2100 beträgt 483 ppm – 413 ppm = 70 ppm. Das ist etwa die Hälfte des bisherigen Anstiegs von 133 ppm. Basierend auf dem weitverbreiteten Glauben, dass die Temperatur der CO₂-Kurve folgt, geht damit konsequenterweise einher, dass auch die Temperatur allenfalls noch um ein halbes Grad Celsius ansteigen wird. Das entspricht also insgesamt 1,5 Grad Celsius seit Beginn der Industrialisierung.

Die gute Nachricht: Mit den heutigen CO₂-Emissionen und deren Senkung von drei Prozent pro Jahrzehnt durch Effizienzsteigerung wird das optimistische Pariser Klimaziel von 1,5 Grad Celsius bei „Netto Null“ erfüllt – ganz ohne wohlstandsschädigende Maßnahmen ergreifen zu müssen.

Es gibt jedoch auch eine schlechte Nachricht: Während die Natur für einen natürlichen Ausgleich der CO₂-Emissionen sorgt, trifft dies weder auf die Zerstörung von Lebensräumen noch auf die Umweltverschmutzung zu. In diesen Bereichen muss der Mensch selbst tätig werden.

Über den Autor

Dr. Joachim Dengler promovierte 1985 an der Universität Heidelberg in Physik, gefolgt von einem Forschungsaufenthalt am MIT (Cambridge, USA) und Habilitation an der Universität Heidelberg. Seit dem offiziellen Ruhestand beschäftigt er sich mit der Physik des Klimas und betreibt den Blog klima-fakten.net. Seit Beginn seiner akademischen Karriere verfasste Dr. Dengler über 40 wissenschaftliche Beiträge.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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