Biden zu Grundsatzeinigung: „Nicht jeder bekommt, was er will“

Eine Grundsatzeinigung im US-Schuldenstreit ist erzielt. Zuvor hat der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, US-Präsident Biden vorgeworfen, er habe „Angst“ zu verhandeln. Der endgültige Gesetzestext soll am Sonntag fertiggestellt sein.
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Präsident Joe Biden und der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy.Foto: Archivbilder/getty images
Von 28. Mai 2023

Das Weiße Haus und die Republikaner im Repräsentantenhaus haben eine „grundsätzliche“ Einigung erzielt, teilte der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, am Samstagabend mit.

„Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns. Aber ich glaube, dass wir uns prinzipiell auf etwas geeinigt haben, das dem amerikanischen Volk zugutekommt“, sagte McCarthy vor Reportern auf dem Capitol Hill.

„Die Vereinbarung beinhaltet historische Ausgabenkürzungen, konsequente Reformen, die die Menschen aus der Armut in die Arbeitswelt führen und die Auswüchse der Regierung eindämmen werden. Es gibt keine neuen Steuern, keine neuen Regierungsprogramme.“ McCarthy erkärte, dass der Gesetzentwurf zudem noch eine Menge anderer wichtiger Punkte beinhalte.

Einigung stellt laut Biden einen Kompromiss dar

Präsident Joe Biden bezeichnete die Einigung als „gute Nachricht“, da sie „die Ausgaben senkt und gleichzeitig Programme für die arbeitende Bevölkerung schützt und die Wirtschaft für alle ankurbelt“.

 Die Einigung stellt einen Kompromiss dar, was bedeutet, dass nicht jeder bekommt, was er will“,

sagte er in einer Erklärung. „Das gehört zur Verantwortung der Regierungsarbeit.“ Biden forderte das Repräsentantenhaus und den Senat auf, „das Abkommen sofort zu verabschieden“.

Die Ankündigung erfolgt nach zweiwöchigen Gesprächen zwischen den Verhandlungsführern beider Seiten. Das Ziel der Verhandlungen lag darin, sich über die Voraussetzungen für die Anhebung der 31,4 Billionen Dollar schweren Schuldenobergrenze zu einigen und einen möglichen Zahlungsausfall der US-Regierung zu vermeiden.

Nach Angaben des Sprechers des Repräsentantenhauses soll der endgültige Text des Gesetzentwurfs am Sonntag fertig sein. Die Abstimmung dazu sei für kommenden Mittwoch geplant. „Ich rechne mit der Fertigstellung des Gesetzesentwurfs, einer Rücksprache mit dem Weißen Haus und einem weiteren Gespräch mit dem Präsidenten bis morgen Nachmittag“, sagte er.

Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, spricht zu Pressevertretern, als er am 25. Mai 2023 im US-Kapitol in Washington ankommt. Foto: Alex Wong/Getty Images

McCarthy weigerte sich, Einzelheiten zu der Kompromisslösung zu nennen. Aus einigen Medienberichten, die sich auf anonyme Quellen beriefen, geht jedoch hervor, dass sich beide Parteien auf Folgendes geeinigt hätten: das Schuldenlimit für zwei Jahre anzuheben, die Ausgaben in diesem Zeitraum zu begrenzen und die Arbeitsanforderungen für die Lebensmittelhilfe zu erhöhen.

Zuvor hatte er die Einigung bereits auf Twitter angekündigt: „Ich habe soeben mit dem Präsidenten telefoniert. Nachdem er monatelang Zeit verschwendet und sich geweigert hat zu verhandeln, haben wir eine grundsätzliche Einigung erzielt, die dem amerikanischen Volk zugutekommt.“ In dem Twitter-Beitrag kündigt Kevin McCarthy an, um 21:10 Uhr (EST) eine Erklärung per Livestream abzugeben.

Das Weiße Haus bestätigte das Telefonat zwischen Präsident Biden und dem Sprecher. Ferner habe es weitere Telefonate mit dem Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, und dem Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, gegeben.

Einige konservative und progressive Abgeordnete haben hinsichtlich der Verhandlungen Bedenken geäußert. Ihrer Meinung nach sei es schwierig, das Gesetz durch den Kongress zu bringen.

Am Freitag hatte Finanzministerin Janet Yellen die voraussichtliche Frist für die Anhebung der Schuldenobergrenze auf den 5. Juni verlängert. Zuvor hatte Yellen wiederholt den 1. Juni als möglichen „Tag X“ genannt. Damit verschob sie die drohende Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten um vier Tage.

Die Einigung kam zu einem Zeitpunkt zustande, als der Kassenbestand des Finanzministeriums in alarmierendem Maße schrumpfte. Am 24. Mai fiel er schließlich unter 50 Milliarden US-Dollar, während er zu Beginn des Monats noch 316,381 Milliarden US-Dollar betragen hatte.

Warum die Verhandlungen so lange dauerten

Seit die US-Regierung die vom Kongress im Januar beschlossene Schuldengrenze von 31,4 Billionen Dollar überschritten hat, hat das Weiße Haus darauf bestanden, dass der Präsident keine Verhandlungen dulden würde, die einen Zahlungsausfall zur Folge hätten.

„Ich werde nicht darüber verhandeln, ob Amerika seine Schulden bezahlt“, sagte er in einem Tweet vom Februar 2023. „Ich werde nicht zulassen, dass diese Nation in Verzug gerät.“

Während der Briefings erklärte die Pressesprecherin Karine Jean-Pierre den Reportern wiederholt, dass die Schuldenobergrenze unbedingt ohne Vorbedingungen angehoben werden müsse, „so wie sie es in demokratischen und republikanischen Regierungen schon mehrmals getan haben“.

Anfang des Monats traf Biden mit vier führenden Kongressabgeordneten zusammen, nachdem Finanzministerin Janet Yellen davor gewarnt hatte, dass der Regierung bereits am 1. Juni die Mittel zur Deckung ihrer Verpflichtungen ausgehen könnten. Jean-Pierre bestätigte damals jedoch, dass Biden nicht über die Schuldenobergrenze sprach, sondern über „ein separates Gespräch über ihre Ausgaben und darüber, was sie mit dem Haushalt machen wollen“.

Finanzministerin Janet Yellen am 12. April 2023 während der jährlichen Frühjahrstagung der Weltbankgruppe und des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Hauptsitz des IWF in Washington. Foto: Alex Wong/Getty Images

Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy (Kalifornien), warf Biden vor, er habe „Angst“ zu verhandeln. Die Regierung warf den Republikanern dagegen vor, das Land wegen des Schuldenlimits in Geiselhaft genommen zu haben.

McCarthy reagierte auf diese Behauptungen, indem er darauf hinwies, dass die Republikanische Partei einen „verantwortungsvollen Plan“ zur Anhebung der Schuldenobergrenze ausgearbeitet habe, um mit den laufenden Rechnungen Schritt zu halten und gleichzeitig Aspekte der Staatsausgaben in Angriff zu nehmen und einzudämmen.

Der von ihm eingebrachte Gesetzentwurf – der Limit, Save, Grow Act – würde die Schuldenobergrenze um 1,5 Billionen US-Dollar anheben, die Bundesausgaben auf das Niveau von 2022 zurückführen und das Ausgabenwachstum auf ein Prozent pro Jahr begrenzen. Das Gesetz wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit von 217 zu 215 Stimmen verabschiedet.

Seiner Meinung nach sei es die derzeitige Regierung, die „das Land in Verzug bringt“, sagte er. McCarthy hatte bereits im April gegenüber Reportern geäußert: „Wir sind die einzigen, die in dieser Sache verantwortungsbewusst und vernünftig handeln.“

Der demokratische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries (New York), wehrte sich später gegen den Vorschlag der Republikaner, den Empfängern staatlicher Leistungen eine Arbeitspflicht aufzuerlegen. Er nannte dies einen „untauglichen Ansatz“.

Seiner Meinung nach sei es ein Unding, dass „diese Art sogenannter Arbeitsanforderungen dem amerikanischen Volk auferlegt werden können, wenn es bereits erhebliche Arbeitsanforderungen gibt, die nach dem Gesetz bestehen“, sagte er in einem Interview mit CNBC am 17. Mai. Die Auseinandersetzung um die Schuldengrenze bezeichnete er als „inszeniert“.

McCarthy begrüßt Bidens Signal zu einem „besseren Prozess“

Nach einem einstündigen Treffen am 16. Mai einigten sich Präsident Biden und McCarthy auf tägliche und direkte Beratungen. Als der Präsident zum G7-Gipfel nach Japan reiste, der von der Gefahr eines Zahlungsausfalls in Washington überschattet wurde, wählten beide Seiten Vertreter für die Verhandlungen aus.

McCarthy beglückwünschte den Präsidenten, weil er „den Rahmen“ der Gespräche verändert und damit „einen besseren Prozess“ signalisiert habe.

„Bei dem heutigen Treffen mit den führenden Vertretern des Kongresses herrschte, so glaube ich, ein überwältigender Konsens darüber, dass ein Schuldenschnitt einfach keine Option ist“, sagte Biden.

Biden unterbrach seine Reise nach Übersee, um sich mit McCarthy zu treffen. Nach seiner Rückkehr nach Washington führten die beiden ein „produktives“ Gespräch. Biden räumte ein, dass die Bundesregierung ihre Ausgaben kürzen müsse, wies aber auch darauf hin, dass die Abgeordneten Steuerschlupflöcher beseitigen und dafür sorgen müssen, dass die Wohlhabenden ihren gerechten Anteil zahlen.

„Wir haben immer noch einige Meinungsverschiedenheiten, aber ich denke, dass wir in der Lage sein werden, das Ziel zu erreichen, das wir erreichen müssen. Wir wissen beide, dass wir eine große Verantwortung tragen“, sagte Biden am 22. Mai vor Reportern.

Kontroversen zwischen Demokraten und Republikanern

Der republikanische Abgeordnete Chip Roy (Texas) war ein lautstarker Befürworter von Steuerreformen inmitten der Erhöhung der Schuldengrenze.

In einem Memo an seine republikanischen Kollegen im Unterhaus forderte Roy alle auf, in den Verhandlungen „die Linie zu halten“, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen des Gesetzes über die Schuldenobergrenze vom April umgesetzt werden – einschließlich einer Defizitreduzierung in Höhe von 4,8 Billionen US-Dollar über ein Jahrzehnt.

„Jeder einzelne Punkt ist von entscheidender Bedeutung, und keiner sollte allein für die Suche nach einem ‚Deal‘ aufgegeben werden“, schrieb Roy.

„Während die Republikaner im Repräsentantenhaus für hart arbeitende amerikanische Familien kämpfen, die sich einer woken, von der Waffenindustrie beherrschten Regierung gegenübersehen, die unserer Lebensweise zuwiderläuft, haben Präsident Biden und die Demokraten wochenlang für reiche liberale Eliten gekämpft, die mehr Ausgaben, mehr staatliche Maßnahmen, mehr Unternehmenssubventionen und noch weniger Freiheiten wollen.“

Der Demokrat Jamaal Bowman (New York) bezeichnete die Republikaner als „Wirtschaftsterroristen“ und sagte gegenüber CNN, Biden solle sich auf den 14. Verfassungszusatz berufen, eine Münze prägen und nicht mehr mit „Geiselnehmern“ verhandeln.

Die demokratische Pramila Jayapal (Washington) befürchtet einen „massiven Protest auf der Straße“, wenn das Weiße Haus den Ausgabenkürzungen zustimme, wie sie gegenüber Reportern mitteilte.

Und die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez (New York) sagte, es sei ein „Problem“, wenn Biden Ausgabenbegrenzungen oder -kürzungen im Rahmen der Schuldengrenze zustimmen würde.

Auswirkungen auf den Finanzmärkten

Im Vorfeld der Einigung über die Schuldenobergrenze waren die US-Finanzmärkte weitgehend ruhig, da die Anleger zuversichtlich waren, dass die beiden Seiten wie in der Vergangenheit eine Einigung erzielen würden. Aber es gab auch einige unterschwellige Ängste.

Die Aufschläge auf einjährige Kreditausfallversicherungen (CDS) – eine Messgröße für das Ausfallrisiko – hatten ein Rekordhoch erreicht. Auch die 6-Monats- und 5-Jahres-CDS erreichten den höchsten Stand seit etwa einem Jahrzehnt. Als Beamte am 26. Mai ankündigten, dass die Gespräche fortgeschritten seien, verringerten sich die Kosten für die Versicherung von US-Staatsschulden.

Marktbeobachter stellten fest, dass der Abstand zwischen den Renditen kurzfristiger Staatsanleihen und anderen Zinssätzen darauf hindeutete, dass die Anleger das Ausfallrisiko ernst nahmen. Der breitere Aktienmarkt hielt sich jedoch stabil.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „White House, Republican Leaders Reach Debt Ceiling Agreement ‘In Principle’“ (redaktionelle Bearbeitung il)



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