Chaos bei Massenevakuierung in Gaza – Hamas stoppt Flüchtlinge auf dem Weg nach Süden

Nach dem Hamas-Terrorangriff steht eine Bodenoffensive der israelischen Armee wohl bevor. Mehr als eine Million Palästinenser wurden aufgefordert, den nördlichen Gazastreifen zu verlassen. Die Hamas fordert die Bevölkerung hingegen zum Bleiben auf. Es herrsche Chaos und Verwirrung, so die Hilfsorganisation UNRA.
Titelbild
Palästinenser verlassen am 11. Oktober 2023 ihre Wohnviertel in Gaza-Stadt angesichts der massiven Luftangriffe der israelischen Armee.Foto: Mohammed Abed/AFP via Getty Images
Epoch Times13. Oktober 2023

Israels Militär hat mehr als eine Million Palästinenser im nördlichen Gazastreifen zu einer Massenevakuierung aufgefordert. „Das Militär ruft alle Zivilisten von Gaza auf, ihre Häuser zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz nach Süden zu verlassen“, teilte die Armee am Freitag mit. Demnach sollen sich die Menschen in ein Gebiet südlich vom Fluss Gaza und Wadi Gaza begeben.

Wie AFP-Reporter berichteten, warf die Armee mit Drohnen Flugblätter über Gaza ab, um die Menschen zur Evakuierung aufzurufen. „Verlassen Sie sofort Ihre Häuser und begeben Sie sich südlich des Wadi Gaza“ war in arabischer Sprache darauf zu lesen. Zudem war eine Karte des Gazastreifens abgebildet, auf der ein Pfeil in Richtung Süden zeigt.

Angaben von UN-Mitarbeitern, denen zufolge rund 1,1 Millionen Palästinenser innerhalb von 24 Stunden in den südlichen Gazastreifen gebracht werden soll, bestätigte die israelische Armee nicht. Dabei handele es sich nicht um eine exakte Zeitangabe, erklärte ein Armeesprecher vor Journalisten. Zugleich sagte er, dass die Evakuierung Zeit brauche und die Armee versuche, „Zeit zur Verfügung zu stellen“. Der Aufruf zur Evakuierung wird als Hinweis auf eine bevorstehende Bodenoffensive in den Gazastreifen gewertet.

„Die Terrororganisation Hamas führt einen Krieg gegen den Staat Israel, und Gaza ist ein Gebiet, in dem militärische Operationen stattfinden“, begründete das Militär den Aufruf. „Sie werden erst dann nach Gaza zurückkehren können, wenn eine weitere Ankündigung erfolgt, die dies erlaubt“, hieß es weiter. Niemand solle sich dem Bereich des Sicherheitszauns zum Staat Israel nähern.

Hamas fordert Palästinenser zum Bleiben auf

Die radikalislamische Hamas hat die Aufforderung Israels zurückgewiesen. Das palästinensische Volk „weist die Drohung und die Aufforderung der Besatzungsanführer zurück“, erklärte Hamas in einer Stellungnahme am Freitag. „Wir bleiben standhaft auf unserem Land, in unseren Häusern und unseren Städten. Es wird keine Vertreibung geben“, hieß es weiter.

Aus Sicherheitskreisen aus dem Gazastreifen hieß es, dass Bewohner am Verlassen des Nordens gehindert werden sollten. Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, mehrere Bewohner seien bereits von der Hamas gestoppt und zur Rückkehr in den Norden aufgefordert worden.

Die israelische Armee hatte die Palästinenser zuvor aufgefordert, sich von der Hamas zu distanzieren. „Hamas-Terroristen verstecken sich in Tunneln unter Häusern in Gaza-Stadt, und in vielen Gebäuden leben unschuldige Zivilisten. Distanzieren Sie sich von den Hamas-Terroristen, die Sie als menschlichen Schutzschild benutzen“, so ein Sprecher der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte.“

„Es ist Chaos“

Generell herrsche große Panik und Chaos in dem Gebiet, es gebe keine klaren Anweisungen. Unklar blieb etwa auch, was mit Patienten in Krankenhäusern und ihren Betreuern geschehen sollte. „Niemand versteht, was zu tun ist. Es ist Chaos“, beschrieb die Nothilfeorganisation UNRA die Situation vor Ort.

Nibal Farsah, Sprecherin des Roten Kreuzes in Gaza, sagte, es sei unmöglich, eine Million Menschen so schnell in den Süden des Gazastreifens umzusiedeln. „Vergessen Sie Essen, Strom oder Treibstoff. Wir haben Verletzte, Alte und Kinder in den Krankenhäusern“, sagte sie. Laut Farsah weigern sich einige Gesundheitsmitarbeiter, die Kliniken und Krankenhäuser zu verlassen. Sie hätten sich bei ihren Angehörigen gemeldet, um sich zu verabschieden.

Die Vereinten Nationen kritisieren Massenevakuierung

Die Vereinten Nationen üben scharfe Kritik an dem Aufruf zur Massenevakuierung. „Die Vereinten Nationen halten es für unmöglich, dass ein solcher Schritt ohne verheerende humanitäre Folgen stattfinden kann“, sagte UN-Sprecher Rolando Gomez in Genf. „Die Vereinten Nationen rufen nachdrücklich dazu auf, einen solchen Befehl aufzuheben, um zu vermeiden, dass sich eine ohnehin schon tragische Situation in eine Katastrophe verwandeln könnte“, sagte er.

Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan bezeichnete die Reaktion der UNO auf den israelischen Evakuierungsaufruf als „beschämend“. Er warf der UNO, vor, jahrelang ihre Augen vor dem Agieren der Hamas verschlossen zu haben.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas wird von der EU, von den USA und Israel als Terrororganisation eingestuft. Die Vereinten Nationen sprechen dagegen von „bewaffneten Gruppen“.

Zahl der in Gaza getöteten Palästinenser steigt auf über 1500

Die Zahl der bei den israelischen Luftangriffen getöteten Palästinenser stieg unterdessen auf mindestens 1537. Mindestens 6612 weitere Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium in Gaza gestern Abend mitteilte. Nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch setzte Israels Militär im Gazastreifen sowie im Libanon auch weißen Phosphor ein. Das zeigten verifizierte Videos und Zeugenaussagen. Der Einsatz in den dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens verstoße gegen das humanitäre Völkerrecht, beklagte die Menschenrechtsorganisation. (dpa/afp/dl)



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