Ein linker türkischer Zyprer strebt ins EU-Parlament

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EU-Türkei FlaggenFoto: Friedemann Vogel/Getty Images
Epoch Times24. Mai 2019

Einen türkischen Zyprer im Europäischen Parlament gab es noch nie. Doch der Historiker Niyazi Kizilyürek hat gute Chancen, bei der Wahl am Sonntag ins Parlament in Straßburg gewählt zu werden. Seine Kandidatur für die linke griechisch-zyprische Partei Akel bricht auf der geteilten Mittelmeerinsel ein langjähriges Tabu. Als Abgeordneter will Kizilyürek „für alle Zyprer sprechen“ und hofft, dass er helfen kann, die Teilung der Insel zu überwinden.

„Dass die griechisch-zyprische Partei Akel einen türkisch-zyprischen Kandidaten aufstellt, ist einmalig in unserer Geschichte“, sagt der Professor, der bei Akel einen guten Listenplatz hat. Wie alle Bürger des türkischen Nordteils der Insel hat er bei den Europawahlen das aktive und passive Wahlrecht. Viele seiner Landsleute wissen von diesem Recht aber nichts. Auch müssen die türkischen Zyprer für die Stimmabgabe in den Süden gehen.

Seit 1974 ist die Insel zwischen dem griechischen Süden und dem türkischen Norden geteilt. Die Türkei war damals interveniert, um nach einem Putsch griechischer Zyprer zu verhindern, dass die Insel an Griechenland angeschlossen wird. Die Türkische Republik Nordzypern wird bis heute nur von Ankara anerkannt. Offiziell gehört der Nordteil zur Republik Zypern – und damit seit deren EU-Beitritt 2004 auch zur Europäischen Union.

Kizilyürek führt nun auf beiden Seiten Wahlkampf und setzt sich für die Wiedervereinigung der Insel ein. Der 59-Jährige will „so bald wie möglich“ die Wiederaufnahme der Verhandlungen, die seit 2017 in der Sackgasse stecken. Er tritt für die kommunistische Akel an, weil sie die einzige Partei sei, „die türkische Zyprer als gleich behandelt, und für eine föderale Lösung in Zypern eintritt, in der beide Gemeinschaften zusammenleben“.

Die konservative Regierungspartei Disy sieht seine Kandidatur als Versuch von Akel, Stimmen im Norden zu gewinnen. Der Politologe Hubert Faustmann von der Universität Nikosia wertet sie aber als Chance, „den türkischen Zyprern in den öffentlichen Angelegenheiten eine Stimme zu geben“. Es sei das erste Mal seit den tödlichen interkommunalen Unruhen 1963, dass ein türkischer Zyprer in der Republik Zypern gewählt werden könnte.

Auch die Politikanalystin Mete Hatay vom Forschungszentrum Prio begrüßt Kizilyüreks Kandidatur, die „den Status quo in Frage stellt“. Die türkischen Zyprer wollten „nicht mehr unsichtbar sein“, sondern als EU-Bürger Gehör finden. „Erstmals in der Geschichte Zyperns könnte jemand von beiden Gemeinschaften gewählt werden“, sagt Hatay. „Das bricht Tabus in einem Land, in dem sonst jede Gemeinschaft für die eigenen Leute stimmt.“ (afp)



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