„Unsere Soldaten wissen, dass die Migranten nach Deutschland wollen“

In der Flüchtlingskrise an der belarussisch-polnischen Grenze hat es erneut Zusammenstöße zwischen polnischen Grenzschützern und Migranten gegeben. Der belarussische Machthaber Lukaschenko äußerte sich in der BBC zu den Vorwürfen der EU.
Titelbild
Migrantenkrise in Polen.Foto: LEONID SHCHEGLOV/BELTA/AFP via Getty Images
Epoch Times20. November 2021

An der belarussisch-polnischen Grenze hat es erneut Zusammenstöße zwischen polnischen Grenzschützern und Migranten aus dem Nahen Osten gegeben. Wie der Grenzschutz am Freitag mitteilte, versuchten am Vorabend erneut hunderte Menschen, die Grenze zu Polen zu durchbrechen. Derweil verurteilte der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko in einem BBC-Interview die „Weigerung der EU“, in seinem Land gestrandete Migranten aufzunehmen.

Polens Grenzschutz warf den belarussischen Behörden vor, den Migranten Tränengas zur Verfügung zu stellen. Aus einer Gruppe von 500 Menschen seien am Donnerstagabend Steine geworfen und es sei Tränengas in Richtung der Grenzschützer gesprüht worden. 45 Menschen seien festgenommen worden.

Bei zunehmend eisigen Temperaturen im belarussisch-polnischen Grenzgebiet sitzen seit Wochen tausende Flüchtlinge und Migranten aus dem Nahen Osten fest, darunter viele Kurden aus dem Irak. Die EU wirft Lukaschenko vor, die Migranten absichtlich ins Grenzgebiet geschleust zu haben, um politischen Druck auszuüben.

Lukaschenko wies die Vorwürfe am Freitag erneut zurück. Der BBC sagte er: „Unsere Soldaten wissen, dass die Migranten nach Deutschland wollen.“ „Möglicherweise“ sei den Migranten geholfen worden. „Aber ich habe sie nicht hierher eingeladen.“

Tausende Soldaten an der Grenze

Die Lage an der Grenze hatte sich über Wochen hinweg zugespitzt. Polen hat einen Grenzzaun errichtet und mehr als 15.000 Sicherheitskräfte an der Grenze zusammengezogen. Wie Warschau am Freitag bekanntgab, wird nun auch Estland mit 100 Soldaten an der Grenze aushelfen.

Zugleich gab es zuletzt einige Zeichen einer Entspannung. Belarus meldete die Räumung eines provisorischen Flüchtlingslagers an der Grenze zu Polen und die Unterbringung von etwa 2000 Menschen in einer nahegelegenen Lagerhalle in der Nacht zum Freitag. Am Donnerstag war zudem ein erster Rückführungsflug der Airline Iraqi Airways mit 431 Menschen an Bord gestartet. Insgesamt will Belarus nach eigenen Angaben 5000 der rund 7000 im Land gestrandeten Migranten rückführen.

Das Schicksal der verbliebenen 2000 Migranten ist derzeit unklar. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wies Angaben aus Minsk zu einer angeblichen Bereitschaft Deutschlands zur Flüchtlingsaufnahme zurück. Er habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesprochen und „die klare Info erhalten, dass es hier um eine Falschmeldung geht“, sagte Seehofer in Warschau.

Die belarussische Führung hatte unter Verweis auf Merkel von einem „humanitären Korridor nach Deutschland“ gesprochen. Die Kanzlerin hatte am Mittwoch zum zweiten Mal mit Lukaschenko telefoniert.

Ein EU-Mitarbeiter bekräftigte am Freitag in Brüssel, es gebe „keine Einigung auf einen humanitären Korridor und die Aufnahme von Geflüchteten in die Europäische Union“. Ein solches Abkommen mit Belarus werde es auch nicht geben.

Migranten sollen rückgeführt werden

Eine „alarmierende“ humanitäre Lage prangerte indes die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, an. Sie habe von „extremem Leiden verzweifelter Menschen“ erfahren, sagte sie und forderte ein Ende der umstrittenen Pushback-Praxis der polnischen Behörden.

Derweil gehen die europäischen Bemühungen um eine Rückführung der Menschen weiter. Merkel telefonierte am Freitag zu diesem Zweck mit den Chefs des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM), wie ihr Sprecher Steffen Seibert sagte. Auch bei einem Treffen Merkels mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg stand die Krise an der EU-Außengrenze auf der Agenda.

In einem Telefonat mit Litauens Präsident Gitanas Nauseda sicherte Merkel dessen Land die „volle deutsche Solidarität“ zu, wie Seibert mitteilte. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) telefonierte nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Freitag mit seinem litauischen Kollegen Gabrielius Landsbergis.

Unterdessen telefonierte Lukaschenko mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. Beide hätten die Bedeutung von „Kooperation zwischen Minsk und der EU“ zur Lösung des Problems unterstrichen, teilte der Kreml mit.

Polen und andere EU-Länder sowie die Ukraine verdächtigen Russland, die Flüchtlingskrise mit zu steuern. Der ukrainische Innenminister Denys Monastyrsky äußerte am Freitag die Befürchtung, dass der Kreml versuchen könne, die Migrationsbewegung an die belarussisch-ukrainische Grenze zu verlagern. (afp/oz)



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