EU vermasselt starkes Signal an Peking: Keine Allianz zustande gekommen

Beim EU-Indopazifik-Treffen in Stockholm kam es zu keiner Allianz gegen das nach globaler Macht greifende China. Viele Außenminister der EU-Staaten fehlten bei dem inoffiziellen Treffen.
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Am 13. Mai 2023 fand das 2. EU-Ministerforum für den indopazifischen Raum in Marsta nördlich von Stockholm statt.Foto: Christine Olsson/TT / TT NEWS AGENCY / AFP via Getty Images
Von 17. Mai 2023

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Das Treffen der EU-Außenminister am vergangenen Freitag in Stockholm war nicht das einzige internationale Treffen, bei dem es unter anderem auch um China ging. Während es am Freitag um die sekundären EU-Sanktionspläne im Ukraine-Krieg ging, die vor allem auch China betreffen könnten, ging es am Samstag, 13. Mai, in Stockholm weiter – und wesentlich direkter um den kommunistischen Staat. Eine Anti-China-Allianz sollte geschmiedet werden.

Dazu hatte die EU auf heimischem Terrain zu einem breit aufgestellten Treffen zur Zusammenarbeit aufgerufen. Nicht mit eingeladen war China, obwohl sich der Außenminister des Regimes, Qin Gang, am Vortag noch in relativer Nähe, in Norwegen, aufhielt. Dort beendete Qin seine Europareise, die ihn von Berlin über Paris nach Oslo führte.

Wichtige EU-Strategie für den Indopazifik

Offiziell ging es nach EU-Angaben beim EU Indo-Pacific Forum um die Prüfung der „Möglichkeiten für eine weitere Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen zwischen zwei der dynamischsten Wirtschaftsräume der Welt“. Immerhin würden auf die indopazifische Region und die Europäische Union zusammen zwei Drittel des globalen Wachstums und 70 Prozent des Welthandels entfallen. „Im Jahr 2021 verabschiedete die EU die Strategie für die Zusammenarbeit im Indopazifik.

Ziel der EU ist es, „das Engagement zu verstärken und Partnerschaften aufzubauen, die auf die Stärkung der regelbasierten Weltordnung abzielen“, heißt es auf der Website der Europäischen Union. Es gehe zudem um globale Herausforderungen und den Grundstein für langfristiges, gerechtes und nachhaltiges Wachstum und Wohlstand. Man wolle bei dem Treffen gemeinsame Herausforderungen erörtern, die sich in den Bereichen Sicherheit, Handel, globale Wertschöpfungsketten, Digitalisierung, der grüne Wandel und Energiesicherheit ergeben.

Für viele Teilnehmer überraschend hatte der Vizepräsident der EU-Kommission und Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borell, den Angaben nach den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba kurzfristig eingeladen und damit dem Ukraine-Krieg große Aufmerksamkeit zugeordnet.

Viele EU-Minister brüskierten mit Abwesenheit

Im Eigentlichen ging es der EU jedoch darum, Verbündete für eine Anti-China-Allianz zu finden. Obwohl dieses Ziel der EU im Umgang mit dem chinesischen Regime ein immens wichtiges war, maßen zahlreiche Außenminister der EU-Mitgliedstaaten dem Treffen nicht genügend Gewichtung bei.

Von den 27 EU-Außenministern ließen sich fast die Hälfte vertreten. Nur 14 der Minister kamen persönlich zu diesem wichtigen Treffen, zu dem man die Außenminister von 30 Anrainerstaaten des Indischen und des Pazifischen Ozeans eingeladen hatte. Sie kamen von weit her angereist, unter anderem aus Indien, Pakistan, Japan, Singapur und von den Komoren. Auch Annalena Baerbock fehlte. Die deutsche Außenministerin ließ sich durch Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt, vertreten.

Wie das ZDF berichtet, sollte es „ein starkes Signal werden: Die EU schmiedet eine Anti-China-Allianz. Doch es wurde, stattdessen, eine Farce“, heißt es. Die Gäste aus dem Indopazifik seien jedoch zu höflich gewesen, um diesen Umstand zu kritisieren. „Das müssen Sie die EU-Minister fragen“, sei Hina Rabbani Khar, die Außenministerin Pakistans, ausgewichen. Und „der sehr freundliche“ Außenminister der Komoren, Dhoiir Dhoulkamal, habe gesagt: „Es passieren ja auch viele andere wichtige Sachen in der Welt.“

Keine neue China-Politik

Dem Bericht von „German Foreign Policy“ nach sei der „EU-Versuch, mit den Staaten Asiens und der Pazifik-Region eine Allianz gegen China zu bilden“, auf offenen Widerspruch gestoßen, hieß es. Auch bei den Bemühungen, die Anrainer des Indischen und des Pazifischen Ozeans gegen Russland in Stellung zu bringen, habe die EU in Stockholm keine Fortschritte erzielen können.

Bei dem Treffen habe beispielsweise Indonesiens Außenministerin Retno Marsudi erklärt, die Staaten Südostasiens seien „nicht daran interessiert, Teil eines neuen Kalten Kriegs“ zu sein. Pakistans Außenministerin Hina Rabbani Khar habe sich demnach gegen Bestrebungen gewehrt, die Welt „in Blöcke“ zu teilen, und Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar habe auf „Multipolarität“ bestanden anstatt auf eine vom Westen dominierte unilaterale Welt, so die Infoseite.

Eröffnungsrede des Außenministers von Singapur

Vivian Balakrishnan, der Außenminister von Singapur, veröffentlichte einen Tag später eine Mitschrift seiner Eröffnungsrede  beim 2. Indo-Pazifischen Ministerforum (IPMF) in Stockholm auf der Seite des indonesischen Außenministeriums. Diese sei hier auszugsweise und beispielhaft wiedergegeben.

Balakrishnan machte darauf aufmerksam, dass man die Hoffnung auf Wohlstand nicht erreichen werde, „wenn wir erstens keinen Frieden haben, zweitens unser Organisationsprinzip für den asiatisch-pazifischen Raum falsch verstehen und drittens das globale multilaterale, regelbasierte Handelssystem demontieren“.

Der Außenminister von Singapur verwies auf den Krieg in Europa, der in den vergangenen drei Jahrzehnten für viele undenkbar gewesen sei. Er erklärte, dass man den Frieden sichern müsse und nicht als selbstverständlich hinnehmen dürfe. „Das Organisationsprinzip für unsere Region besteht darin, sie offen, integrativ und regelbasiert zu halten. Insbesondere muss unsere Region für China, die USA, die EU und alle anderen Mächte, die investieren, Handel treiben und sich mit uns verbinden wollen, offen bleiben“, so Balakrishnan.

Es sei nicht die Vision Singapurs, Grenzen zu ziehen, sondern „überlappende Kreise von Freunden, Partnern und Investoren zu haben“. Man wolle alle Groß- und Mittelmächte am gemeinsamen Wohlstand, der Entwicklung und Stabilität teilhaben lassen „und so ein stabiles Gleichgewicht der Kräfte schaffen“. Das sei eine andere Situation als in der EU, so der Minister.

Die Fragmentierung der Weltwirtschaft

Das globale, multilaterale und auf Regeln basierende Handelssystem stehe unter Beschuss. Länder auf der ganzen Welt räumten ihren innenpolitischen Anliegen, ihren nationalen Sicherheitsinteressen und dem Wiederaufleben der Industriepolitik Vorrang ein. Das habe zu einem Wettlauf – um Subventionen, Steuervergünstigungen und offenen Protektionismus – nach unten geführt. „Diese Abkehr von dem Konsens, der die Globalisierung in den letzten sieben Jahrzehnten unterstützt hat, hat schwerwiegende Folgen, insbesondere für kleine, offene Volkswirtschaften wie Singapur.“ Der Internationale Währungsfonds (IWF) habe geschätzt, dass die Zersplitterung der Weltwirtschaft – „manche sprechen von einer Bifurkation“ (Gabelung) – zunehme.

Singapur befürchtet aufgrund dieser Fragmentierung nicht nur ein Verlust an Gütern und Dienstleistungen, sondern auch von verlorenen Möglichkeiten. Diese würden sich aus fehlenden Optionen des Austauschs von „Ideen, Innovationen, technologischer Entwicklung, Kapitalflüssen und grenzüberschreitender Finanzierung“ ergeben. Es werde die Formel infrage stellen, „die bisher in Europa für Frieden, Sicherheit und Wohlstand gesorgt hat und im asiatisch-pazifischen Raum immer noch gute Fortschritte macht“.

Ein Appell an die EU

„Wir appellieren daher an die EU, die sich für Multilateralismus, ein regelbasiertes Handelssystem und wirtschaftliche Integration eingesetzt hat, eine führende politische, intellektuelle und philosophische Rolle zu spielen und sich gemeinsam für die Aufrechterhaltung dieses offenen, regelbasierten globalen Handelssystems einzusetzen“, so Balakrishnan. Dieses beruhe darauf, sich effizient zu organisieren, gemeinsam an einer gemeinsamen technologischen Basis zu arbeiten, die Früchte von Forschung und Entwicklung zu verbreiten und so Wohlstand für uns alle zu erreichen.

„Wenn wir erfolgreich sind, werden unsere beiden Regionen hervorragend positioniert sein, um die neuen Chancen zu nutzen, die sich vor uns auftun – künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Biotechnologie und erneuerbare Energien“, so der Außenminister von Singapur, der seine Rede damit beendete, zu erklären, dass er sich freue, mit der EU als gleichgesinntem Partner zusammenzuarbeiten. Man glaube, dass „die EU eine Kraft für Stabilität, Integration und in diesem Sinne für nachhaltigen Wohlstand für unsere beiden Regionen“ sein werde.



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