EU-Unterhändler hält Abkommen mit Großbritannien für unsicher

In den Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Großbritannien nach dem Brexit ist weiter kein Durchbruch in Sicht. EU-Chefunterhändler Michel Barnier teilte den Mitgliedstaaten am Mittwoch mit, dass er nicht sagen könne, ob ein Abkommen möglich sei.
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Großbritanniens Chefunterhändler David Frost (L) und der Verhandlungsführer der EU in Brexit, Michel Barnier.Foto: YVES HERMAN/POOL/AFP über Getty Images
Epoch Times2. Dezember 2020

In den Verhandlungen nach dem Brexit über ein Handelsabkommen mit Großbritannien ist ein Durchbruch weiter fraglich. EU-Chefunterhändler Michel Barnier teilte den Mitgliedstaaten nach Angaben eines Diplomaten am Mittwoch mit, er könne nicht sagen, ob ein Abkommen noch möglich sei. Nach Angaben eines weiteren Diplomaten nähern sich die Gespräche nun aber „rasch einem Moment der Entscheidung“. Der britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich hingegen „optimistisch“ hinsichtlich des Zustandekommens einer Vereinbarung.

Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Die Gespräche kommen aber seit Monaten kaum voran. Inzwischen ist die Zeit für die Ratifizierung eines möglichen Abkommens durch das Europaparlament schon äußerst knapp.

EU-Verhandlungsführer Barnier führt seit dem Wochenende intensive Gespräche mit der britischen Seite in London. Er informierte am Mittwoch die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten per Video-Schalte. Er sprach dabei laut Diplomaten von kleineren Fortschritten, eine Einigung sei aber weiter „unsicher“, hieß es. Die EU-Länder hätten Barnier aufgefordert, weiter zu verhandeln.

Die EU wolle aber kein Abkommen um jeden Preis, sagte ein EU-Diplomat. „Schade, wenn Großbritannien ohne Abkommen aussteigt.“ Dann gebe es für die EU „nach dem großen Schock des Brexit noch einen kleinen Schock“. Wichtiger sei aber, dass die EU „langfristige negative Folgen“ durch zu weitgehende Zugeständnisse in den Handelsgesprächen vermeide.

Der britische Premierminister Boris Johnson hält laut seiner Sprecherin weiterhin eine Einigung mit der EU für möglich. „Er ist optimistisch, aber er hat auch immer gesagt, dass er zuversichtlich ist, dass wir auch ohne ein Abkommen zurechtkommen würden“, sagte Johnsons Pressesprecherin Allegra Stratton vor Journalisten am Mittwoch.

Ein weiterer Sprecher Johnsons betonte erneut, die EU müsse „die britische Souveränität voll respektieren“. „Das ist nicht nur so dahingesagt. Es hat praktische Konsequenzen“, sagte er. Großbritannien wolle die volle Kontrolle über seine Grenzen, seine staatlichen Beihilfen und seine Fischereigewässer erhalten.

Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen sind nach wie vor faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern. Einigen Ländern wie Frankreich ist das Thema Fischerei besonders wichtig.

Paris hat bereits klargemacht, es werde nicht zulassen, dass seine Interessen in den Verhandlungen geopfert würden. Einige Länder haben insbesondere Deutschland im Verdacht, einen Deal mit dem wichtigen Wirtschaftspartner Großbritannien auf jeden Fall zu wollen.

„Während wir uns dem Endspiel der Brexit-Verhandlungen nähern, werden einige Mitgliedstaaten etwas nervös“, sagte ein EU-Diplomat. Das Gespräch mit Barnier sei deshalb „hauptsächlich eine Übung gewesen, um die Nerven in Paris und anderswo zu beruhigen“. Der Verhandlungsführer habe versichert, dass er „weiterhin die Kerninteressen der EU verteidigen wird, auch bei der Fischerei“.

Neue Fristen setzte die EU nicht. Ein Diplomat sprach zwar von Donnerstagabend, aus einem anderen Land hieß es aber, es scheine nicht so, dass es „wirklich harte Fristen“ gebe. „Wir hatten den Eindruck, dass die Verhandlungen auch noch danach fortgesetzt werden könnten.“ (afp)



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