Explosive Forderungen: EU setzt auf Südkorea für direkte Waffenlieferungen an Ukraine

In die Reise von Kommissionspräsidentin von der Leyen und EU-Ratspräsident Michel zum EU-Südkorea-Gipfeltreffen werden hohe Erwartungen gelegt. Laut einem Korea-Strategen hat Südkorea die Kapazität, kurzfristig Munition zu liefern.
Titelbild
Militärische Ausrüstung auf dem Freigelände der koreanischen Kriegsgedenkstätte in Seoul im Jahr 2017.Foto: iStock
Von 18. Mai 2023

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel planen, am 22. Mai zum EU-Südkorea-Gipfeltreffen nach Seoul zu reisen. Wie die Zeitung „Euractiv“ erfahren hat, werden die Erwartungen aus EU-Beamtenkreisen immer höher, das ostasiatische Südkorea für Waffen- und Munitionslieferungen in die Ukraine zu gewinnen.

Derzeit fordert die Ukraine den Westen unermüdlich auf, Waffen und Munition zu liefern, um das Land gegen Russland zu verteidigen. Doch langsam gehen die Waffenbestände der Länder zur Neige, während die von vielen erwartete ukrainische Gegenoffensive bisher ausblieb.

Noch vor einem Jahr hat Südkorea völlig ausgeschlossen, tödliche Munition zu liefern. Da Südkorea sich aus einem Konflikt mit Russland heraushalten wollte, hat sich die Unterstützung bislang auf rein humanitäre und wirtschaftliche Hilfe beschränkt.

Doch nun scheint der Widerstand langsam aufzubrechen. Als enger Verbündeter der USA und wichtiger Hersteller von Artilleriemunition ist der Druck auf den ostasiatischen Staat immens gewachsen.

Waffenlieferungen nicht mehr völlig ausgeschlossen

Im vergangenen Monat hatte der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol laut Medienberichten erwähnt, in bestimmten Situationen eine Waffenlieferung in Erwägung zu ziehen.

„Wenn es eine Situation gibt, die die internationale Gemeinschaft nicht dulden kann, wie zum Beispiel einen groß angelegten Angriff auf Zivilisten, ein Massaker oder eine schwerwiegende Verletzung der Kriegsgesetze, könnte es für uns schwierig sein, nur auf humanitärer oder finanzieller Unterstützung zu bestehen“, hatte Yoon im April gegenüber „Reuters“ angedeutet.

Zudem hat Seoul im März zum ersten Mal die Exportlizenz für Waffenlieferungen an die Ukraine erteilt, wie der „Deutschlandfunk“ damals berichtete. Im konkreten Fall hatte Südkorea genehmigt, dass in Polen hergestellte Krab-Haubitzen aus südkoreanischen Komponenten an die Ukraine geliefert werden dürfen.

Was den bevorstehenden Südkorea-Besuch betrifft, hoffen laut „Euractiv“ deshalb einige EU-Beamte, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen mit „positiven“ Nachrichten zurückkehrt.

Koreas Munition mit NATO-Standards kompatibel

In der derzeitigen Lage würden die Munitionsfabriken der EU mehrere Monate benötigen, um die Produktion hochzufahren, so „Euractiv“ weiter. Dies sei auch durch den Mangel an großen Mengen Sprengstoff auf dem Markt verschärft worden.

Südkorea hat die Kapazität, die Munition kurzfristig zu liefern“,

sagte Ramon Pacheco Pardo, Korea-Lehrstuhlinhaber des Zentrums für Sicherheit, Diplomatie und Strategie der Freien Universität Brüssel (VUB), gegenüber dem europäischen Newsportal.

Laut Pardo sei der große Vorteil, dass die in Korea hergestellte Munition „mit den NATO-Standards kompatibel“ sei – und deshalb auch mit einem großen Teil der von den ukrainischen Streitkräften verwendeten Ausrüstung.

Für den Diplomaten sei es naheliegend, dass die EU mit einer Anfrage nach Munitionslieferungen nicht nur die eigenen Bestände auffüllen möchte, sondern auch erwarte, dass Südkorea direkt an die Ukraine liefert. Obwohl es laut Pardo dem Land „rechtlich nicht möglich sei, [Munition] an ein Land zu liefern, das sich im Krieg befindet“.

Südkorea will „nicht-tödliche“ Hilfe an Kiew ausweiten

Wie „Euractiv“ außerdem von Insiderquellen aus EU-Beamtenkreisen berichtete, habe der Vorstoß der EU damit zu tun, dass Südkorea an seiner Entscheidung immer noch zögere, Munition an die Ukraine zu liefern.

Auch auf einem Treffen des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol mit der ukrainischen First Lady Olena Selenska am 16. Mai in Seoul seien Waffen- oder Munitionslieferungen nicht einmal zur Sprache gekommen. Dies ging aus einem Bericht des Onlinemagazins „The Diplomat“ hervor. Stattdessen habe der Präsident Frau Selenska versprochen, die „nicht-tödliche“ Hilfe des Landes für Kiew auszuweiten.

Olena Selenska hat Südkorea als Sondergesandte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj besucht. Dabei habe sie den südkoreanischen Staatschef um Ausrüstung zum Aufspüren und Entfernen von Minen und Ambulanzfahrzeuge gebeten, wie das Büro von Yoon mitteilte.

Yoon habe geantwortet, dass seine Regierung sich eng mit der NATO und anderen internationalen Partnern abstimmen werde, um „das ukrainische Volk aktiv zu unterstützen“, so sein Sprecher während eines Briefings.

Jüngste Drohungen aus Russland

Welchen Einfluss EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel auf dem EU-Südkorea-Gipfel kommenden Montag ausüben werden, wird sich zeigen. Fakt ist, die EU ist Südkoreas größter ausländischer Direktinvestor. Sollte Südkorea auf mögliche Forderungen von Kriegsmaterial eingehen, könnte dies große Auswirkungen nach sich ziehen.

So hat der ehemalige russische Präsident und derzeitige stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, im vergangenen Monat damit gedroht, dass der Kreml Nordkorea fortschrittliche Waffen zur Verfügung stellen könnte, wenn Südkorea militärische Hilfe an die Ukraine schickt.

Die Drohungen erfolgten im Vorfeld eines im April stattgefundenen USA-Besuches des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol. Dieser hatte mit der Reise nach Amerika einen drastischen Kurswechsel angedeutet.

Im Zusammenhang dazu lautete Medwedews Reaktion: „Bis vor Kurzem hatten die Südkoreaner noch vehement versichert, dass jede Möglichkeit, tödliche Waffen an Kiew zu liefern, völlig ausgeschlossen sei“, erinnert er auf Telegram.

„Ich frage mich, was die Menschen in diesem Land sagen werden, wenn sie Russlands neueste Waffen in den Händen ihrer engsten Nachbarn […] sehen?“, so Dmitri Medwedew, indem er auf den Konflikt zwischen Nordkorea und Südkorea anspielte. Schließlich ergänzte er: „Wie man so schön sagt: quid pro quo.“



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