Folter nach Sowjet-Stil? Vater von eingesperrtem Regimekritiker besorgt: „Totaler Irrsinn, was hier passiert“

Klare Worte und ein nervös wirkender Roman Protasewitsch. In einer Videobotschaft, die im belarussischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, spricht der Journalist davon, dass alles nach „Recht und Gesetz“ geschieht. Nun meldet sich sein Vater zu Wort und äußert erhebliche Zweifel. Während sich die Emotionen in westlichen Medien hochschaukeln, wird im russischen Fernsehen ein ganz anderes Bild des Bloggers gezeichnet.
Von 25. Mai 2021

Der Schreck sitzt den Passagieren der Ryanair-Maschine von Flug FR4978 noch in den Gliedern. Ihre Maschine musste am 23. Mai in Minsk wegen einer „Bombendrohung“ zwischenlanden. Sprengstoff wurde jedoch nicht gefunden. Stattdessen wurde der belarussische Regierungskritiker Roman Protasewitsch mit seiner Freundin vom Flughafen abgeführt.

In einem im nationalen Fernsehen ausgestrahlten Video erklärte der seit 2019 im Exil lebende Protasewitsch am 24. Mai: „Hiermit erkläre ich, ich bin gesund, ich werde gut behandelt und es geschieht alles nach Recht und Gesetz. Ich arbeite mit den Behörden zusammen und sage aus über die Organisation der Massenunruhen in Minsk.“

Sein Vater Dsmitri hat Zweifel. Gegenüber der Nachrichtenagentur „Reuters“ erklärt er, dass sein Sohn anscheinend durch Gewaltanwendung gezwungen wurde, das zu sagen. „Mein Sohn kann nicht zugeben, die Massenunruhen verursacht zu haben, weil er so etwas einfach nicht getan hat“, erklärt er. Es seien nicht die Worte seines Sohnes und auch nicht die Art, wie er sonst spreche. Er wirke sehr reserviert und man könne sehen, dass Roman nervös ist.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass seine Nase gebrochen ist, denn ihre Form ist anders und es ist eine Menge Make-up Puder darauf. Die ganze linke Seite seines Gesichts ist abgepudert“, so Dsmitri Protasewitsch weiter. Die Zigarettenschachtel, die während des Videos auf dem Tisch zu sehen ist, kommentierte der Vater des Bloggers mit den Worten: „Die raucht er nicht.“

Dsmitri Protasewitsch geht von einem Akt der Vergeltung aus, der Regierungskritikern zeigen soll, wozu die weißrussische Regierung imstande ist. „Das ist totaler Irrsinn, was hier passiert“, zitiert „Welt“ den besorgten Vater.

Der Blogger Roman Protasewitsch, Gründer des Telegram-Kanals Nexta, ist ein bekannter belarussischer Regierungskritiker. Er wurde im Jahr 2020 vom Obersten Gericht in Minsk als extremistisch eingestuft. Die Ryanair-Maschine, in der der Journalist mit anderen rund 120 Passagieren von Griechenland nach Litauen unterwegs war, wurde in Weißrussland zur Landung gezwungen. Protasewitsch wurde, gemeinsam mit seiner Freundin, Sofya Sapega, verhaftet.

„Luftverkehrspiraterie“ erregt internationales Aufsehen

Ryanair wirft Belarus „Luftverkehrspiraterie“ vor. Die Besatzung sei von Weißrussland über „eine mögliche Sicherheitsbedrohung an Bord“ informiert und angewiesen worden, auf dem nächstgelegenen Flughafen Minsk zu landen.

Die Premierministerin Litauens, Ingrida Šimonytė, bezeichnete den Vorfall als einen „beispiellosen Angriff gegen die Internationale Gemeinschaft“ und einen „Akt des Staatsterrorismus, der sich gegen die Sicherheit der Bürger der Europäischen Union und anderer Länder richtet“. Ein Zivilflugzeug und seine Passagiere sind unter Einsatz des Militärs entführt worden. Das Leben und die Gesundheit eines belarussischen Staatsbürgers sind in Gefahr. „Der Luftraum von Belarus ist für alle unsicher“, so Šimonytė.

Die in Litauen im Exil lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja prangerte die Festnahme des Journalisten ebenfalls an. Auf Twitter schrieb sie: „Lukaschenko hat Nordkorea in Europa errichtet und wir müssen sofort reagieren.“ Sie fordert die sofortige Freilassung von Protasewitsch und allen politischen Gefangenen.

„Wenn Weißrussland damit durchkommt, werden autoritäre Diktatoren auf der ganzen Welt ein neues Instrument der Unterdrückung haben“, heißt es in einem Bericht in „The Atlantic“, auf den Tichanowskaja auf Twitter verweist. Er trägt den Titel „Andere Regime werden auch Flugzeuge entführen“.

„Piloten jeder Nationalität, selbst wenn sie nach Caracas, Havanna oder Pjöngjang fliegen, haben keinen Grund zu glauben, dass die Anweisungen, die sie vom Boden erhalten, politisch oder erlogen sind oder einen anderen Zweck als eine sichere Landung erfüllen sollen“, schreibt die Autorin des Berichts. Selbst wenn unsere grundlegendsten gesellschaftlichen Werte umstritten sind, gibt es einige Regeln und Vorschriften, die wir dennoch teilen können. Zum Beispiel die Seegesetze oder die Vorschriften für das Verhalten von Fluglotsen.

Jetzt habe jedoch der „belarussische Diktator“ Alexander Lukaschenko diese Grundannahme in einem beispiellosen Manöver zerstört. Der wahre Sinn der Landung habe sich erst offenbart, als Roman Protasewitsch mit seiner Freundin festgenommen wurde. Als der Blogger abgeführt wurde, sagte er zu einem der anderen Passagiere: „Mir droht die Todesstrafe“. Klar sei laut „The Atlantic“, dass eine Gefängnisstrafe in Weißrussland Verhöre, Isolation und Folter nach sowjetischem Stil drohe.

Unterschiedliche Berichterstattung in Ost und West

Der in St. Petersburg lebende deutsche Journalist Thomas Röper, Herausgeber des „Anti-Spiegel“, hat sich ebenfalls des Themas rund um Protasewitsch angenommen. In den westlichen Medien werde über den Vorfall anders berichtet als im russischen Fernsehen, erklärt er und stellte einen Fernsehbericht aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt auf seine Plattform.

Nach Aussage des Politikwissenschaftlers Alexej Dzermant ist  demnach Protasewitsch „ein Mann mit einem ernsthaft negativen Hintergrund, mit engen Kontakten zu Nationalisten in der Ukraine und in Weißrussland, der im Donbass im Nazi-Bataillon ‚Asow‘ gekämpft hat“. In letzter Zeit sei der Blogger für Sabotage im Informationsraum zuständig gewesen.

Laut Medienberichten ist Protasewitsch 2014 zum Maidan gegangen und habe vor dem zerbrochenen Lenin-Denkmal positioniert. Mit Hilfe des Rada-Abgeordneten Igor Guz, der Soldaten für die ukrainische Freikorps rekrutierte, ist der heutige Blogger in das „Neonazi Bataillon ‚Asow‘“ gekommen. Er wurde im Donbas verwundet und zum stellvertretenden Kommandeur der Zweiten Stoßtruppkompanie befördert.

Als Protasewitsch aktiv an den weißrussischen Unruhen beteiligt war, habe derselbe Nationalist Guz ein Video zur Unterstützung der Demonstranten aufgenommen, berichtet das russische Fernsehen. Protasewitsch sei für die Medien zuständig gewesen und Chefredakteur des Telegram-Kanals Nexta, einer koordinierenden Plattform der Kundgebungen, geworden und habe seinen Besitzern gute Einnahmen gebracht. Im Interview mit Dmitry Gordon sagte Protasewitsch: „Wir arbeiten nach dem Schema privater Medien, wir haben Werbung. Stellen Sie sich vor, dass jeder einzelne unserer Beiträge im Durchschnitt von etwa einer Million Menschen gelesen wird. Wir haben genug Geld, um davon zu leben.“

Laut Fernsehbericht wurde der Telegram-Kanal Nexta von Warschau gesponsert. Das hätten die Besitzer von Nexta erzählt. „Ihre Arbeit wurde in Weißrussland als extremistisch eingestuft, und sie selbst stehen auf der Terrorliste“, heißt es in Röpers Übersetzung weiter. Jetzt sitze Protasewtisch in Untersuchungshaft. Ihm drohen Verfahren wegen Aufstachelung zum Hass, Organisation von Unruhen und grober Verletzung der öffentlichen Ordnung. Der Bericht endet mit den Worten: „Entgegen den Aussagen der lokalen Opposition droht ihm nicht die Todesstrafe, sondern 15 Jahre Gefängnis.“

Auch der Leiter des belarussischen Journalistenverbandes, Andrei Kriwoschejew, teilte in einem „RT“-Interview mit, dass Protasewitsch keine Todesstrafe droht, die Höchststrafe betrage 15 Jahre Gefängnis.

Die Solidarität mit dem 26-jährigen Protasewitsch ist riesig. Journalistenverbände und Politiker aus aller Welt fordern seine sofortige Freilassung. Am Flughafen in Vilnius, wo die Ryanair-Maschine am Sonntag (23. Mai) mit mehreren Stunden Verspätung eintraf, warteten dutzende Unterstützer der belarussischen Opposition. Einige hielten Schilder in die Höhe: „Ich bin/Wir sind Protasewitsch“ stand auf ihnen, auf einem war auch zu lesen: „Ryanair, wo ist Roman?“

Der Vorfall rund um Prostasewitsch erregte internationales Aufsehen. In einem EU-Sondergipfel wurden inzwischen Sanktionen gegen Weißrussland beschlossen. Demnach sollen belarussische Fluggesellschaften nicht mehr den Luftraum und die Flughäfen der EU nutzen dürfen. Fluggesellschaften mit Sitz in der EU werden aufgefordert, den Luftraum über Belarus zu meiden. Zudem werde eine Untersuchung durch die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation eingeleitet.

(Mit Material von afp)



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