Gericht in Italien lässt Anklagen gegen Seenotretter fallen

Ein Gericht in Italien hat die Anklagen gegen Besatzungsmitglieder von Rettungsschiffen fallenlassen, denen eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleusern vorgeworfen worden war.
Migranten sitzen in einem Holzboot im Mittelmeer nahe der Insel Lampedusa: Die kleine Insel gehört seit Jahren zu den Brennpunkten illegaler Migration (Archivfoto).
Migranten sitzen in einem Holzboot im Mittelmeer nahe der Insel Lampedusa: Die kleine Insel gehört seit Jahren zu den Brennpunkten illegaler Migration (Archivfoto).Foto: Francisco Seco/AP/dpa
Epoch Times19. April 2024

Ende eines umstrittenen Justizverfahrens gegen Seenotretter im Mittelmeer: Ein italienisches Gericht hat die Anklagen gegen Besatzungsmitglieder von Rettungsschiffen aufgehoben, denen bei der Rettung von Bootsflüchtlingen eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleusern vorgeworfen worden war.

„Nach sieben Jahren Odyssee“ habe ein Gericht in Trapani auf Sizilien am Freitag „verkündet, das Verfahren gegen alle Angeklagten einzustellen“, teilten Besatzungsmitglieder des Rettungsschiffes Iuventa im Onlinedienst X mit.

Schiff von deutscher NGO betrieben

Die deutsche Nichtregierungsorganisation Jugend rettet, die das Rettungsschiff Iuventa betrieb, erklärte auf X, die Gerichtsentscheidung sei das „längst überfällige Eingeständnis der italienischen Justiz, dass der Iuventa-Case von Anfang an eine politische Farce war“. „Die Vorwürfe erwiesen sich als haltlos. Es gibt keine Beweise, die Anklage wurde fallengelassen“, erklärte Jugend rettet.

Das Gericht in Trapani folgte mit seiner Entscheidung der Empfehlung der Staatsanwaltschaft vom Februar, in dem langjährigen Verfahren alle Vorwürfe fallenzulassen. Menschenrechtsgruppen hatten den Fall als politisch motiviert kritisiert.

„Das Verfahren stellt das längste, teuerste und umfangreichste Verfahren gegen Seenotrettungsorganisationen dar, einschließlich zwei Jahre dauernder Vorverhandlung mit über 40 Anhörungen“, erklärte die Iuventa-Crew.

2016 kamen 181.000 Migranten nach Italien

Die damalige Mitte-links-Regierung in Rom hatte die Seenotretter ab dem Jahr 2016 ins Visier genommen, als die Zahl der Flüchtlinge, die an den Küsten Italiens ankamen, um einen zweistelligen Prozentsatz anstieg. Damals trafen rund 181.000 Migranten in Italien ein, in die gesamte EU kamen mehr als zwei Millionen Asylsuchende, viele von ihnen aus den von Krieg gezeichneten Ländern Syrien und Afghanistan.

Im Zuge der Ermittlungen wurden humanitäre Helfer, Anwälte und Journalisten abgehört und ein Undercover-Agent an Bord eines Rettungsschiffes eingesetzt.

2021 wurden Anklagen gegen 21 Einzelpersonen erhoben, die auf der Iuventa und zwei Schiffen der NGOs Save the Children und Ärzte ohne Grenzen arbeiteten. Im vergangenen Jahr wurde das Verfahren aufgeteilt, acht Besatzungsmitglieder und zwei Schiffskapitäne standen am Freitag als Einzelbeschuldigte vor Gericht in Trapani. Angeklagt waren auch Save the Children, Ärzte ohne Grenzen und der Eigentümer von zwei gecharterten Schiffen.

Es drohten 20 Jahre Haft

Allen Angeklagten drohten bis zu 20 Jahre Haft. Ihnen wurde vorgeworfen, die illegale Einwanderung in den Jahren 2016 und 2017 begünstigt und ihre Rettungsaktionen mit Schleppern in Libyen koordiniert zu haben.

Demnach sollen sie Boote zur weiteren Verwendung nach Libyen zurückgeschickt und Migranten aufgenommen haben, deren Leben auf dem Mittelmeer gar nicht in Gefahr gewesen sei.

„Die umfangreiche Anklageschrift stützte sich unter anderem auf Abhörmaßnahmen, falsche Aussagen und eine bewusst verzerrte Interpretation von Rettungsmechanismen, um sie als kriminelle Handlungen darzustellen“, erklärte Ärzte ohne Grenzen am Freitag.

Der Prozess galt als extremes Beispiel für die Versuche europäischer Regierungen, die Bemühungen von Nichtregierungsorganisationen um Hilfe für Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer zu durchkreuzen.

Die Iuventa-Crew erklärte am Freitag, sie begrüße zwar die Einstellung des Verfahrens, es bleibe aber festzustellen, „dass durch die Ermittlungen und das Verfahren bereits unermessliche Schäden verursacht wurden“. Der Fall markiere „den Beginn einer öffentlichen Diffamierungskampagne gegen die zivile Seenotrettung, die darauf abzielte, das harte Vorgehen gegen Rettungsaktivitäten zu legitimieren“. (afp)



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