Hoffnungsschimmer für Ukraine: Moskau will Militäraktionen im Norden verringern

Erste Signale einer möglichen Entspannung im Ukraine-Krieg: Russland hat angekündigt, seine „militärischen Aktivitäten“ in der Ukraine bei Kiew und Tschernihiw deutlich zu reduzieren. Die russischen Unterhändler nannten die jüngsten Verhandlungen mit Kiew "bedeutsam".
Ob ein Ergebnis erzielt wird? Die russischen (l) und ukrainischen Delegationen treffen sich heute für Verhandlungen in Istanbul. Der türkische Präsident Erdogan (M) hält eine Rede zur Begrüßung.
Ob ein Ergebnis erzielt wird? Die russischen (l) und ukrainischen Delegationen treffen sich heute für Verhandlungen in Istanbul. Der türkische Präsident Erdogan (M) hält eine Rede zur Begrüßung.Foto: Uncredited/Turkish Presidency/AP/dpa
Epoch Times29. März 2022

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Als Zeichen des Entgegenkommens gegenüber der Ukraine will Russland seine militärischen Aktivitäten in der Region Kiew und bei Tschernihiw nach eigenen Angaben „radikal“ verringern. Die jüngsten russisch-ukrainischen Verhandlungen am Dienstag in Istanbul seien „bedeutsam“ gewesen, gaben die Unterhändler aus Moskau bekannt. Auch die ukrainische Seite äußerte sich zuversichtlich und sprach davon, dass nach den Verhandlungen von Istanbul nun ein Treffen der Staatschefs beider Seiten möglich erscheine.

Russlands Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin sagte nach den Gesprächen in Istanbul, „um das Vertrauen zu stärken“, sei die „radikale“ Reduzierung der militärischen Aktivitäten Russlands bei Kiew und Tschernihiw beschlossen worden. Zum Hintergrund der Entscheidung sagte er, dass die Gespräche zur Vorbereitung eines Abkommens über einen neutralen und nicht-atomaren Status der Ukraine inzwischen bei praktischen Schritten angelangt seien.

Treffen zwischen Putin und Selenskyj möglich

Auch der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski sprach von einer „bedeutsamen Diskussion“ in Istanbul. Die ukrainischen Vorschläge würden nun Russlands Präsident Wladimir Putin vorgelegt. Auch er hielt ein Treffen von Putin mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für möglich, „wenn es zu einem Abkommen kommt“. Weitere Staaten könnten daran teilnehmen. Er sprach von der Aussicht eines „Friedensschlusses“.

Die strategisch wichtige Stadt Tschernihiw liegt rund 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kiew an der Grenze zu Belarus und war ebenso wie Vororte von Kiew in den vergangenen Wochen von der russischen Armee heftig beschossen worden.

Separatisten-Gebiete nicht Teil der Vereinbarung

Die ukrainische Seite forderte ihrerseits in Istanbul ein „internationales Abkommen“, um die Sicherheit der Ukraine zu garantieren. Mehrere Länder sollten als Unterzeichnerstaaten die Garanten sein, erklärte der ukrainische Chefunterhändler David Arachamia nach den mehrstündigen Gesprächen in Istanbul.

„Wir wollen einen internationalen Mechanismus zu Sicherheitsgarantien, bei dem die Garanten-Staaten sich entsprechend dem Artikel 5 der Nato und sogar in einer noch härteren Form verhalten würden.“

Als Garantie-Staaten kommen demnach für Kiew unter anderen die USA, China, Frankreich und Großbritannien als ständige UN-Sicherheitsratsmitglieder sowie die Türkei, Deutschland, Polen und Israel infrage.

Die von Russland annektierte Krim und die von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten wären erst einmal nicht Teil einer solchen Vereinbarung; über diese soll getrennt beraten werden.

Arachamia machte zugleich auch deutlich, dass aus seiner Sicht die Ergebnisse von Istanbul „ausreichend“ seien für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Kreml-Chef Putin.

Der Bündnisfall-Artikel des Nato-Vertrages sieht vor, dass ein bewaffneter Angriff auf ein Land des Verteidigungsbündnisses als ein Angriff auf alle Bündnisstaaten gewertet wird. Demnach müssen alle Partner einem angegriffenen Nato-Mitglied beispringen.

EU-Beitritt der Ukraine?

Nach Angaben des russischen Chefunterhändlers würde die Ukraine auch akzeptieren, dass es keine ausländischen Militärbasen auf ihrem Gebiet gibt und dass sie einen nicht-atomaren Status einnimmt. Umgekehrt fordert Kiew laut Medinski, dass Moskau einem EU-Beitritt der Ukraine nicht im Wege steht. Medinski nannte den ukrainischen Ansatz „konstruktiv“. Ein mögliches Abkommen könnte demnach von den Außenministern der beiden Länder im Beisein von Putin und Selenskyj unterzeichnet werden.

Die Ukraine hat in den vergangenen Wochen bereits deutlich gemacht, dass sie zum Verzicht auf einen Nato-Beitritt und zur Neutralität bereit wäre, wenn sie im Gegenzug umfassende Sicherheitsgarantien erhält. Russland hatte als zentrale Ziele die Neutralität, die „Demilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine ausgegeben.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sprach von den bedeutendsten Fortschritten seit dem Beginn der Verhandlungen. Nun müssten die Außenminister beider Länder „die schwierigsten Fragen klären“.

Die eigentlich bis Mittwoch angesetzten Verhandlungen in Istanbul wurden beendet. Russischen Angaben zufolge sollen die Gespräche per Video fortgesetzt werden.

Signale der Entspannung im Ukraine-Krieg treiben Börsen an

An den Finanzmärkten sind die russisch-ukrainischen Verhandlungen positiv aufgenommen worden. Der deutsche Aktienindex (Dax) in Frankfurt am Main und der französische Leitindex CAC 40 legten am Nachmittag um mehr als drei Prozent zu, in Mailand ging es um knapp drei Prozent aufwärts und in London notierte der FTSE 100 1,35 Prozent im Plus.

Der Ölpreis gab unterdessen deutlich nach: Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent wurde am Dienstag in London für 105,79 Dollar (rund 95 Euro) gehandelt – das waren 5,95 Prozent weniger als zuvor. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI sank um 6,14 Prozent auf 99,45 Dollar. (afp/dts/dpa/red)



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