Le Pen vs. Macron – schon wieder?

Wahlkampf in Frankreich: Die konservative Le Pen will es wieder wissen und versucht zum vierten Mal den höchsten politischen Posten in Frankreich zu bekommen. Probleme bekommt sie von anderen Oppositionellen, die ihr Wähler und Unterstützer ausspannen. Der amtierende Präsident Macron hebt derweil als Führungspersönlichkeit in der Ukraine-Krise ab – betreibt dafür jedoch keinen „echten“ Wahlkampf. Braucht er vielleicht auch nicht, seine Chancen stehen gut.
Titelbild
Emmanuel Macron (L) und Marine Le Pen.Foto: PHILIPPE WOJAZER/AFP via Getty Images
Von 20. März 2022

Die Prognosen deuten darauf hin, dass es erneut zu einem Duell von Marine Le Pen und Emmanuel Macron bei den französischen Präsidentschaftswahlen kommen wird. 

Am 9. März hat „Economist“ dem amtierenden Präsidenten eine 99-prozentige Wahrscheinlichkeit prognostiziert, die zweite Runde zu erreichen. Der erste Wahlgang findet am 10. April 2022 statt. Sollte kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten, ist am 24. April ein zweiter Wahlgang vorgesehen.

Vier Kandidaten hätten nach den Hochrechnungen derzeit die Chance, Macron aufzuholen. Die Republikanerin Valérie Pécresse, der konservative Éric Zemmour und der Linksradikale Jean-Luc Mélenchon. Die wahrscheinlichste Kandidatin ist jedoch derzeit weiterhin Le Pen – mit etwa 20 Prozent.

Laut dem derzeitigen Stand würde Macron zwar Le Pen in einer Stichwahl immer noch schlagen, der Vorsprung wäre aber geringer als 2017. 

Zemmour wirbt Le Pens Wähler und Unterstützer ab

Le Pens Problem ist im Moment jedoch nicht Macron, sondern der konservative Zemmour. Ihre Wähler laufen zu ihm über, weil er verspricht, eine „Union der Rechten“ durch eine Vereinigung mit dem rechten Flügel der Republikaner anführen zu können. 

Nach Informationen vom „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sollten sich die Überläufer bereits Gedanken um die Zeit nach der Wahl machen. Sie wollen an der Seite von Zemmour aufsteigen und sehen dazu mehr Chancen bei ihm als bei Le Pen. In Zemmours Hände spielt, dass Le Pen bereits drei gescheiterte Kandidaturen hinter sich hat. 

Auch bekannte Politiker wechseln ins Lager von Zemmour. Am 1. Februar sagte die EU-Abgeordnete Maxette Pirbakas in der Zeitung „Le Figaro“, dass sie sich dem Journalisten anschließt: „Er ist nicht wie ein Politiker. Ich finde mich in ihm wieder, er hört zu.“

Ein weiterer Schlag traf Le Pen Anfang März, wo ihre Nichte, Marion Maréchal, ihre Unterstützung Zemmour zugesagt hatte. „Ja, ich habe entschieden, Éric Zemmour bei der Präsidentschaftswahl zu unterstützen“, sagte sie der Zeitschrift „Valeurs Actuelles“. „Ich schließe mich dem Kandidaten an, den ich heute am besten positioniert sehe, die Ideen, die ich immer verteidigt habe, zum Erfolg zu führen.“

Maréchal ist zwar schon vor fünf Jahren aus Le Pens Partei Rassemblement National (RN) ausgetreten, ihr Wechsel wird dennoch als Schwächung von Le Pen angesehen.

Ungarische Bank leiht Le Pen 10 Millionen Euro für Wahlkampf

Unterstützung soll Le Pen durch eine ungarische Bank erhalten haben. Die MKB, deren größter Anteilseigner ein Verbündeter des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sein soll, hat Le Pen ein Darlehen in Höhe von rund 10,7 Millionen Euro gewährt.

Bekannt wurde die Kreditvergabe am 10. März, wo die Präsidentschaftskandidaten den Aufsichtsbehörden ihr persönliches Vermögen und ihre Schulden vorlegen mussten.

Im Gegensatz zu anderen französischen Parteien hat Le Pens Nationale Rallye seit Langem Schwierigkeiten, Kampagnen zu finanzieren. Französische Banken wollen ihr aus Sorge um das Ansehen der Partei keine Kredite gewähren. Laut „Financial Times“ soll die Partei im vergangenen Jahr mit dem staatlichen Kreditvermittler zusammengearbeitet haben, um Abhilfe zu schaffen, aber es ist ihr nicht gelungen, einen Kredit in Frankreich zu erhalten.

„Es ist ein Skandal, dass uns keine französische Bank Geld leihen will“, sagte der Europaabgeordnete Thierry Mariani. „Wir mussten uns an das Ausland wenden, um uns dort Geld zu leihen“, zitiert ihn „Financial Times“.

Die Entscheidung über die Kreditvergabe soll aus dem inneren Kreis von Orbán kommen. Die Bank befindet sich zu mehr als 90 Prozent im Besitz von zwei bekannten ungarischen Geschäftsleuten, Lőrinc Mészáros und László Szíjj. Ersterer ist zudem Orbáns Kindheitsfreund.

Mészáros hält mit fast zwei Dritteln den größten Anteil an dem Finanzinstitut. Da beide Geschäftsleute ausgezeichnete Beziehungen zur ungarischen Regierung unterhalten, lassen die jüngsten Entwicklungen den Schluss zu, dass der Bankkredit von der ungarischen Regierung gewährt wurde, um dem französischen Oppositionsabgeordneten zu helfen, schreiben ungarische Medien. 

Eine solche Entwicklung wäre auch nicht unrealistisch, zumal Le Pen in Frankreich eine Verbündete von Orbán ist.

Auf die Frage nach politischem Einfluss auf die Entscheidung sagte Orbáns Sprecher Bertalan Havasi zur „Financial Times“, dass es „Falschinformationen“ seien. Ein Sprecher der Bank lehnte es ab, sich zu den Gründen für die Kreditvergabe zu äußern.

Macron betreibt „Phantom-Wahlkampf“

Wie schneidet derweil der amtierende Präsident ab? Macron hat in den letzten Wochen in der Ukraine-Krise Führungsqualitäten auf europäischer Ebene bewiesen, schreiben deutsche Medien.

Anfang März bestätigte er in einem Brief an die Bürger, dass er wieder zur Wahl antritt: „Ich bin Kandidat, um unsere Werte zu verteidigen, die von den Wirren der Welt bedroht sind.“ 

Kurz zuvor wandte er sich in einer Fernsehansprache an die Franzosen, um sie auf die drohenden geopolitischen und wirtschaftlichen Verwerfungen durch den Krieg in der Ukraine vorzubereiten.

Der Ukraine-Krieg beeinflusst offenkundig auch den Wahlkampf in Frankreich. Macron hat bisher keine großen Wahlveranstaltungen gemacht. Auch ein echter Wahlkampf finde wegen des Kriegs nicht statt, wie Straßburgs Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian gegenüber der „Badischen Zeitung“ sagte. Dafür gebe es „keinen Raum in den Köpfen der Franzosen“.

Er ist der westliche Staatschef, mit dem Russlands Präsident Wladimir Putin zuletzt am häufigsten telefonierte. „Natürlich werde ich wegen der Umstände nicht so Wahlkampf machen können, wie ich es mir gewünscht hätte“, schreibt Macron in seinem Brief an die Franzosen.

Auch „Le Monde“ bezeichnete das Präsidentschaftsrennen als einen „Phantom-Wahlkampf“ – vorbei, bevor er überhaupt begonnen hatte. 

Das Rennen wurde bereits durch die Corona-Krise „überschattet und scheint nun vom Krieg in der Ukraine und seinen Auswirkungen auf Europa völlig erdrückt worden zu sein“, schreibt „Le Monde“. Während Macron öfter in den Nachrichten zu sehen ist, seien die anderen Kandidaten in den Hintergrund gedrängt worden. „Sie haben zudem auch große Schwierigkeiten, ihre Agenda durchzusetzen.“

„Präsident in Kriegszeiten“

Laut einer aktuellen Elabe-Umfrage stieg Macrons Beliebtheit innerhalb einer Woche um 8,5 Punkte auf 33,5 Prozent. In den jüngsten Umfragen liegt Macron mindestens 12 Punkte vor Le Pen.

„Um fair zu sein, die Wahrscheinlichkeit, dass Emmanuel Macron wiedergewählt wird, war schon vor dem Krieg in der Ukraine gegeben … Jetzt wird es sogar noch einfacher, weil er ein Präsident in Kriegszeiten ist“, sagte Thomas Guénolé, ein französischer politischer Analyst, gegenüber dem „Observer“.

Auch Le Pens Wahlkampfsprecher, Laurent Jacobelli, gab zu, dass der Krieg in der Ukraine den Wahlkampf zu einer Herausforderung gemacht habe. „Natürlich ist es nicht unsere Aufgabe, in einer internationalen Krise die Rolle des französischen Präsidenten bei Verhandlungen und in der Diplomatie zu untergraben“, sagte er. 

Aber es sei nicht normal, dass der Präsident dies zum einzigen Thema macht und alles andere in den Schatten stellt.



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