Neuschwanstein-Mord: Trauerfeier und Beerdigung in den USA

Zwei Wochen ist er her, der Mord beim Märchenschloss Neuschwanstein. Eine 21-Jährige starb, eine 22-Jährige überlebte verletzt, der Täter wurde gefasst. Nun soll das Opfer in seiner Heimat, den USA, beerdigt werden.
Bayern hat die Namensrechte an «Neuschwanstein» - unterliegt aber vor Gericht.
Zwei junge Amerikanerinnen wurden am 14. Juni von einem 30-jährigen US-Touristen in der Nähe der Marienbrücke bei Schloss Neuschwanstein angegriffen.Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Von 28. Juni 2023

Am 1. Juli sollen die sterblichen Überreste von Eva zu Grabe getragen werden. Die junge Amerikanerin wurde am 14. Juni im Alter von 21 Jahren von einem 30-jährigen US-Touristen in der Nähe der Marienbrücke bei Schloss Neuschwanstein im Allgäu in den Tod gestürzt. Auch die mit ihr zusammen reisende 22-jährige Kelsey wurde von dem Täter den Steilhang 50 Meter in die Tiefe gestoßen. Sie überlebte. Sie konnte später von der Polizei befragt werden.

Die Tat im Zusammenhang mit dem bayerischen Märchenschloss von König Ludwig II. – einer der bedeutendsten deutschen Sehenswürdigkeiten – erregte international große Aufmerksamkeit. Noch immer sitzt der Täter in deutscher Untersuchungshaft. Auf Nachfrage der Epoch Times bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Kempten hieß es, dass erst in einigen Monaten mit einer Anklageerhebung zu rechnen sei, erklärte Oberstaatsanwalt Thomas Hörmann.

Während in Deutschland wieder Stille einkehrt, läuten in Naperville, Illinois, nun die Kirchenglocken.

Das Schloss Neuschwanstein nahe Füssen (Bayern). Foto: iStock

Ein totes Mädchen kehrt heim

Alice Liu, Evas eineiige Zwillingsschwester, startete am 20. Juni eine Spendenkampagne auf GoFundMe unter dem Motto „Bringen Sie Gerechtigkeit für Eva und helfen Sie, sie nach Hause zu holen“. Die Kampagne unterstützten innerhalb von sieben Tagen mehr als 2.200 Menschen oder Organisationen mit insgesamt 134.059 US-Dollar.

Wie der Lokalsender „Naperville Community Television“ berichtet, soll das Geld zur Deckung der Kosten für den Heimtransport, die Beerdigung, Gedenkfeiern sowie Anwaltskosten verwendet werden. Das Mordopfer war in der Stadt im Bundesstaat Illinois aufgewachsen.

Am 25. Juni schrieb Alice auf der Seite: „Die Familie Liu möchte sich herzlich bei allen für ihre freundlichen Worte und die anhaltende Unterstützung bedanken, während Eva an diesem Wochenende nach Hause gebracht wurde.“ Die Schwester der Ermordeten informiert auch darüber, dass am 1. Juli ein Gedenkgottesdienst in der Living Water Evangelical Church stattfinden soll. Die Beerdigung soll anschließend auf dem Friedhof von Naperville stattfinden.

„Sie hätte noch so vieles tun können“

Ein Lehrer für Computer Science an der University of Illinois Urbana-Champaign (UIUC) schrieb auf der Spendenseite: „Ich war Evas TA für CS 196 in ihrem ersten Jahr an der UIUC. Sie war fürsorglich, freundlich und fleißig – sie hat sich immer über das Projekt ihrer Gruppe hinaus engagiert, ist nach dem Unterricht geblieben, um zu plaudern, usw. Sie hätte noch so viele andere erstaunliche Dinge tun können. Möge sie in Frieden ruhen.“

Wie die „Washington Times“ schreibt, hatten die beiden jungen Frauen im Mai gerade ihren Bachelor-Abschluss an der Universität von Illinois gemacht. Eva in Informatik und Kelsey in Computertechnik. Für Eva sollte es im Juli bei Microsoft in Seattle weitergehen, als Software-Ingenieurin. Zuvor wollten die beiden aber noch eine Europareise machen, unter anderem lag das Schloss Neuschwanstein auf ihrer Route. Doch dann geschah das Verbrechen, zu dem Robin Kaler, stellvertretende Kanzler der UIUC sagte: „Unsere Familie der University of Illinois trauert um den sinnlosen Tod von Frau Liu und den Angriff auf (ihre Freundin).“

Vater von Kelsey (22): „Es ist lebensverändernd“

Bei einer Stadtratssitzung in Naperville am 20. Juni sagte dem Medium nach Amanda Wang, ebenfalls Absolventin der University of Illinois, nach einer durch Bürgermeister Scott Wehrli einberufenen Schweigeminute: „Sie hat so viel mehr verdient.“ Sie habe viele Menschen berührt und sich dafür eingesetzt, „diesen Ort zu einem besseren Ort zu machen“.

Laut „Washington Times“ erklärte Herr Weihan Chang aus Normal, Illinois, dass seine Tochter Kelsey, das zweite Opfer, am 18. Juni aus dem Krankenhaus in Deutschland entlassen worden sei und am 20. Juni nach Hause geflogen war. „Sie ist durch den Vorfall ziemlich geschädigt“, sagte Herr Chang gegenüber „The Associated Press“. „Es ist lebensverändernd.“

Pfarrer: „Wir leiden gemeinsam“

Die Washingtoner Zeitung schreibt auch, dass aufgrund der deutschen Datenschutzbestimmungen die Behörden die Namen der an dem Vorfall am 14. Juni beteiligten Personen nicht veröffentlicht hätten. Pfarrer Mark Zhang von der Living Water Evangelical Church in Naperville habe am 18. Juni gesagt, dass er an diesem Tag vom Tod der 21-Jährigen erfahren habe, die auch Mitglied in der Jugendgruppe der Kirche war.

Ihre Eltern seien in die Kirche gekommen und hätten ihm gesagt, dass Eva getötet worden sei. „Es ist eine sehr schwierige Situation“, so der Pfarrer. „Unsere Worte sind machtlos. Wir trauern einfach gemeinsam mit ihnen und beten für sie. […] Wenn eine Familie leidet, leidet unsere ganze Kirche.“

Täter lockte Frauen vom Weg

Die beiden Freundinnen, die ihren Uni-Abschluss mit einer Reise nach Europa feierten, hatten den späteren Täter zuvor nicht gekannt. Die einzige Gemeinsamkeit, vielleicht der Schlüssel zur Arglosigkeit der beiden jungen Frauen, bestand darin, dass alle drei als Touristen aus den USA in Deutschland weilten.

An jenem Nachmittag des 14. Juni hatte der 30-Jährige Eva und Kelsey auf einen Pfad nahe der Marienbrücke bei Schloss Neuschwanstein gelockt – angeblich zu einem Aussichtspunkt mit besonderem Blick auf das Schloss.

Ein Weg in der Nähe der Marienbrücke bei Schloss Neuschwanstein. Foto: Leonhard Simon/Getty Images

Plötzlich hatte der Mann jedoch die 21-jährige Eva angegriffen. Als Kelsey ihrer Freundin zu Hilfe eilte, ließ der Täter von seinem ersten Opfer ab, würgte die 22-Jährige und stieß sie einen Steilhang hinab in die Tiefe. Ein umgestürzter Baum bremste den lebensgefährlichen Sturz in den Abgrund. Anschließend soll er Eva sexuell attackiert haben, bevor er auch die 21-Jährige in die Schlucht stieß.

Beide Frauen stürzten rund 50 Meter hinab. Der Mann wurde wenig später in Tatortnähe von der Polizei festgenommen. Ein Video zeigt, wie er abgeführt wird. Während Eva Liu ihren schweren Verletzungen noch am selben Abend im Krankenhaus erlag, überlebte ihre Freundin Kelsey mit leichten Verletzungen.

Menschenscheu und unfreundlich

Laut „Bild“ lebte der Mann mit seinem Bruder gemeinsam in einem Haus, sei aber laut einer Nachbarin nicht freundlich gewesen: „Kein Augenkontakt, kein Wort zum Gruß“, schreibt das Blatt. Der Bruder hingegen sei sehr höflich gewesen, so die Frau. Dieser habe einmal gesagt, dass sie auf Ölfeldern arbeiten würden. Wochenlang seien sie manchmal weg gewesen, so die Nachbarin. Eine flüchtige Bekannte erzählte, dass er sich in der Bibliothek seines Heimatortes ausgiebig mit dem Rollenspiel „Dungeons and Dragons“ die Zeit vertrieben habe, so die Zeitung.

Die „Chicago Tribune“ berichtet von einer Chat-Bekanntschaft des als Troy B. aus Lincoln Park, Michigan, identifizierten Täters. Der Mann hatte die thailändische Frau Monate zuvor beim Online-Gaming kennengelernt. Sie hatten sich angefreundet und sich täglich geschrieben.

Der Thailänderin nach habe der 30-Jährige „nicht viel Kontakt mit Menschen im wirklichen Leben“. Allerdings habe er ihr in den vielen Gesprächen gesagt, dass asiatische Frauen sein Typ seien. Ob er die beiden Touristinnen auf dem Waldpfad deswegen angegriffen hatte, ist nun vermutlich Teil der Ermittlungen.

Chats, Fotos  – und plötzlich ein Mord

Noch eine Stunde vor der Tat bei Neuschwanstein hatte Troy seiner Online-Bekanntschaft mehrere Selfies aus der Umgebung des späteren Tatorts in einem Online-Chat geschickt. Er trug zu dieser Zeit dieselbe Kleidung wie bei seiner Festnahme, so die Zeitung. Noch gegen 13:53 Uhr schickte er Bilder und schrieb: „Ich habe es bestiegen“, schrieb er. „Es ging etwa 100 Meter hoch, nur Baumwurzeln und Äste als Stufen und zum Greifen.“ Gegen 14:40 Uhr ereignete sich dann das Verbrechen.

Shelby, eine ehemalige Mitschülerin von der Middle- und Highschool meinte: „Er war nie übermäßig gruselig, aber auch nie wirklich freundlich.“ Sie bezeichnete ihn als seltsam, aber nie mit gewalttätigen Tendenzen. Auch Alexi, die ehemalige Highschool-Freundin (2007-2010) des Täters, wunderte sich: „Nach dem, was ich von allen gehört habe, ist es, als hätten sich sein Verhalten und seine gesamte Persönlichkeit aus einer Laune heraus geändert“, sagte die junge Frau der „NY Post“.

Vor drei Jahren habe sie wieder Kontakt zu ihm aufgenommen: „Er lud mich zum Abendessen ein und er schien immer noch derselbe Troy zu sein, den ich in der Highschool kannte.“ Bis zum 14. Juni 2023.

Die Newsseite „Sportskeeda“ schreibt, dass nach Behördenangaben Troy B. bis zu seiner Verhandlung in Deutschland bleiben und erst nach seinem Prozess an die USA ausgeliefert werde.

 



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