Orbáns Jahrespressekonferenz: „Öffentlich anerkannte Tatsache“, dass Ungarn in Brüssel erpresst werde

Viktor Orbán sprach über die Unterstützung für die Ukraine und dessen EU-Mitgliedschaft, den Migrationspakt, den Beitritt Schwedens zur NATO und die Europawahl 2024.
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Ministerpräsident Viktor Orbán bei der Pressekonferenz am 21. Dezember 2023 in Budapest.Foto: MTI/Pressebüro des Ministerpräsidenten/Vivien Cher Benko
Von 22. Dezember 2023

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Mit Blick auf das aktuelle Jahr betonte der ungarische Ministerpräsident: „Es war ein Jahr der großen Kämpfe, und das nächste Jahr kann ein Jahr der großen Pläne werden.“

Zum letzten Mal in diesem Jahr hielt Viktor Orbán eine Pressekonferenz. Mehr als zwei Stunden lang beantwortete er am Donnerstag, 21. Dezember, in Budapest die Fragen von Journalisten.

Es ist „richtig“, die Ukraine zu unterstützen

Zur Unterstützung der Ukraine sagte Orbán, dass er es für eine „gute Idee“ halte. Allerdings sei der Vorschlag der 26 EU-Mitgliedstaaten, dem Land 50 Milliarden Euro über vier Jahre bereitzustellen, inakzeptabel, da diese Mittel aus einer gemeinsamen Kreditaufnahme kommen.

Ungarn möchte sich mit niemandem gemeinsam verschulden“, so Orbán.

Der ungarische Standpunkt lautet: Wenn man Geld geben will, dann sollte man es nicht für vier Jahre planen. Außerdem sollte über die Finanzhilfe erst dann entschieden werden, wenn die USA klargestellt haben, wie viel sie geben werden. Drittens sollten die Gelder nicht über den EU-Haushalt gewährt werden. Laut Orbán gibt es nichts, das dafür spreche. Vielmehr sollte jedes EU-Mitglied so viel zahlen, wie es will, und zwar im Verhältnis zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt.

Ungarn werde in Brüssel erpresst

Auf dem EU-Gipfel Mitte Dezember stand Orbán aus zwei Gründen im Rampenlicht. Er schien darauf zu bestehen, nicht nur die 50 Milliarden Hilfsgelder, sondern auch den EU-Beitritt der Ukraine zu blockieren. Schließlich verließ er den Raum, als über den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Kiew abgestimmt wurde.

Der Vorwurf einer Erpressung wurde laut, auch da die EU-Kommission kurz vor dem Treffen zehn Milliarden Euro an für Budapest zurückgehaltenen EU-Geldern freigab.

Orbán sagte, Ungarn wäre allerdings nicht der Erpresser. Stattdessen sitzen die Erpresser im Europäischen Parlament, die damit drohen, Ursula von der Leyen abzusetzen, wenn die Kommission Ungarn Geld gebe. Dies werde auch in Brüssel zugegeben und sei eine „öffentlich anerkannte Tatsache“. Die Frage sei, was man dagegen tun könne.

„Es gibt nicht viel, was wir unternehmen können. Denn das Herzstück des europäischen institutionellen Systems ist die Kommission, und die Kommission wird vom Europäischen Parlament mit der Drohung erpresst, dass die Präsidentin sonst gestürzt wird“, sagte Orbán.

Der Europäische Rat „schaut einfach nur zu“. Daher könne man Orbán nicht vorwerfen, dass er „alles tut, um die Interessen Ungarns zu verteidigen“.

Viktor Orbáns Jahrespressekonferenz am 21. Dezember 2023 in Budapest. Foto: MTI/Pressebüro des Ministerpräsidenten/Vivien Cher Benko

Orbán zum Ukraine-Krieg

Die Frage, welche Art von Friedensabkommen nach dem Krieg in der Ukraine geschlossen werden soll, könne Orbán nicht beantworten. Allerdings halte er das auch nicht für die vorrangige Frage.

Die richtige Reihenfolge ist: erst ein Waffenstillstand, dann Verhandlungen“, betonte er.

Es liege im Interesse von Budapest, dass es zwischen Russland und Ungarn eine geregelte Staatsform gebe. „Für uns ist es wichtig, dass wir keine gemeinsame Grenze mit Russland haben“, erklärte der Regierungschef.

Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine würde Ungarn aber eindeutig in einen Krieg mit Russland führen. Und diese Situation müsse vermieden werden, so Orbán. Ebenso hält er es für einen Fehler, Verhandlungen über einen Beitritt der Ukraine zur EU aufzunehmen.

Heikle Themen: Israel, Schweden, EU-Migrationspakt

Ungarn und die Türkei blockieren weiterhin einen Beitritt Schwedens zur NATO. Orbán wies darauf hin, dass es keine türkisch-ungarische Vereinbarung zu dem Thema gebe und die beiden Länder unabhängig voneinander entscheiden werden. Nur das ungarische Parlament könne über diese Frage abstimmen.

„Es gibt keinen großen Enthusiasmus dafür“, sagte er. Er verwies darauf, dass in Schweden eine organisierte Verleumdungskampagne gegen Orbáns rechtsgerichtete Regierung geführt werde.

Zum Thema Israel sagte er, dass Israel das Recht habe, sich zu verteidigen. Die Stabilität Israels, so der Politiker, sei „ein elementares europäisches Interesse, auch wenn das viele bislang nicht wahrhaben wollen“. Aber es gebe eine große Debatte darüber unter den Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten.

Diese Woche einigten sich die EU-Staaten und das Parlament auf einen Migrationspakt, der die Mitglieder zu mehr Solidarität verpflichtet – entweder durch Aufnahme von Migranten oder finanzielle Unterstützung anderer Staaten.

Laut Orbán sei der Ausgangspunkt des Pakts fehlerhaft gewesen. Er habe viele Stunden damit verbracht, die Regierungschefs zu überzeugen, allerdings ohne Erfolg. Er sagte, es gebe nur einen Weg, die Migration zu stoppen: „Jeder, der in das Gebiet der EU einreisen will, muss außerhalb der EU gehalten werden“, bis man ihn einreisen lässt.

Europawahl 2024 und eine neue Allianz der Rechten

Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni nächsten Jahres plane Orbán nicht, dass seine Fidesz-Partei ihren unabhängigen Status aufgebe. Er verriet jedoch, dass Gespräche mit der „Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer“ im Gange seien.

Laut Orbán stimmen die linken Fraktionen immer in einem „Block“ mit den Mitte-Rechts-Fraktionen. Das Ziel sei es deshalb, den „einseitigen Kurs“ des Parlaments aus dem Gleichgewicht zu bringen, indem eine erstarkende Rechte Druck auf die Mitte-Rechts-Fraktionen auszuüben kann. So würden sie nicht „bei jeder Entscheidung auf die Linke schauen“.

Für den Ministerpräsidenten sei neben einem rechten Durchbruch bei der Europawahl auch die Vertretung der nationalen Souveränität in Brüssel höchste Priorität.

Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr jedoch sei eine ganz andere Situation. Dies sei eher eine organisatorische, „vermittelnde“ Funktion, bei der es nicht darum gehe, nationale Interessen zu vertreten.



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