Polen fordert Überarbeitung des Green Deal

Die Proteste der Bauern in Polen haben sich in den vergangenen Tagen fortgesetzt. Auch in der kommenden Woche sind wieder Blockaden an Grenzen zu erwarten – vor allem zur Ukraine. Ministerpräsident Tusk will sich in Brüssel für eine Reform des Green Deal einsetzen.
Polnische Bauern protestieren am Grenzübergang zur Ukraine in Medyka.
Polnische Bauern protestieren am Grenzübergang zur Ukraine in Medyka.Foto: Darek Delmanowicz/PAP/dpa
Von 3. März 2024

In Polen gehen die Proteste gegen ukrainische Getreidelieferungen und den Green Deal weiter. Am Wochenende hat es wieder an mehreren Orten des Landes Proteste gegeben. Neben der ukrainischen Grenze gab es in den vergangenen Tagen auch Blockaden an der Grenze zu Litauen und in der Region Podlachien. In Warschau marschierten zehntausende Bauern am Dienstag, 27. Februar, durch die Innenstadt. Derweil hat Premierminister Donald Tusk erste direkte Gespräche mit Bauernvertretern abgehalten.

Protest in Warschau: Bauern fordern „Ende des grünen Wahnsinns“

Wie „Le Monde“ berichtet, marschierten Bauern, die ohne Traktoren angerückt waren, am Dienstag vom Kulturpalast in Richtung Parlament in Waschau. Am Ende gab es eine Kundgebung vor dem Amtssitz von Premierminister Donald Tusk, der zu diesem Zeitpunkt zu Besuch beim tschechischen Präsidenten Petr Fiala weilte.

Die Bauern forderten einen Austritt Polens aus dem sogenannten Green Deal der EU. Vor allem die darin enthaltenen Pläne zur Verringerung der Verwendung von Pestiziden seien finanziell nicht tragbar. Außerdem verlangten die Protestierenden eine Abriegelung der Grenze zur Ukraine, da Importe von dort und aus anderen Ländern die Marktpreise in Polen ruinierten.

Die Teilnehmer des Protestzuges trugen polnische Fahnen. Auf Transparenten hieß es unter anderem „Wir Bauern und freien Polen fordern ein Ende des grünen Wahnsinns“ oder „Unser Land – unsere Nahrung“.

Neben bereits seit Wochen anhaltenden Blockaden von polnischen Bauern an der Grenze zur Ukraine hatte es auch Aktionen gegeben, die sich unter anderem gegen Güterzüge richteten. Am vergangenen Wochenende hatten Landwirte einen davon angehalten, der Getreide aus der Ukraine geladen hatte. Die Bauern brachen anschließend Waggons auf und machten etwa 160 Tonnen an Ladung unbrauchbar.

Bauern wollen Aktionen fortsetzen – und mit Tusk im Gespräch bleiben

In Prag äußerte Tusk, er habe Verständnis für die Proteste. Polen und Tschechien wären entschlossen, der Ukraine zu helfen, während man die „negativen Effekte“ der dortigen Produktion auf die Länder zu minimieren versuche.

Am Donnerstag traf sich Tusk auch erstmals persönlich mit Vertretern der Bauern. Wie das Portal „farmer.pl“ berichtet, hatte das Treffen drei Stunden lang gedauert und sei in „normaler“ Atmosphäre vonstattengegangen. Der Premierminister sagte zu, an Lösungen arbeiten zu wollen. Einem Veranstaltungsteilnehmer zufolge werde es eine weitere Gesprächsrunde am kommenden Dienstag geben.

Ein anderer Teilnehmer erklärte, man werde weiterhin protestieren, aber die Proteste nicht eskalieren lassen:

Unsere Position ist, dass wir die Proteste fortsetzen, aber wir werden sie nicht verschärfen, weil wir den Willen sehen, unsere Probleme zu lösen.“

Tusk habe den Willen signalisiert, die Grenze zur Ukraine zu schließen. Sollte die EU auf polnische Vorschläge nicht eingehen, sicherzustellen, dass ukrainisches Getreide in ärmere Länder statt in die EU gehe, sei er zu einer Verschärfung des Embargos bereit. Bezüglich des Green Deal habe er gewarnt, dass ein einseitiger Rückzug Polens ein Ende die Subventionen aus Brüssel gefährden würde.

Green Deal: Tusk will Ende von „Bestimmungen, die nicht ganz rational sind“

Das Portal „Bloomberg“ schrieb, dass der polnische Premier entschlossen sei, eine Überarbeitung des Green Deal auf EU-Ebene einzufordern. Dies solle Belastungen von den Landwirten nehmen. Er sei sich mit den Landwirten einig, dass eine weitere Gewährung von Subventionen nicht von der Einhaltung von Green-Deal-Vorgaben abhängig gemacht werden dürfe.

Davon müsse man weg, so Tusk. Die Landwirte seien bereit, den Green Deal flexibel und evolutionär umzusetzen, wo immer es möglich ist, wo es für sie verständlich ist, auch sofort. Aber, so fügte er hinzu, sie seien

nicht einverstanden – und ich bin auf ihrer Seite – mit der erzwungenen Durchsetzung von Bestimmungen, die nicht ganz rational sind und aus Sicht der polnischen Landwirtschaft gelinde gesagt übertrieben sind.“

Tusk kündigte an, er wolle gemeinsam mit den Landwirten eine Liste mit „polnischen Forderungen“ erstellen. Er wolle auch deutlich machen, dass „die polnische Landwirtschaft nicht interessiert sein wird, dass sie die Bestimmungen nicht einhalten wird, wenn sie sich nicht ändern“.

Ukraine fordert Schadensersatz für vernichtete Getreidelieferungen

Während aus der Ukraine Forderungen nach Schadensersatz für das von den Bauern vernichtete Getreide laut werden, gehen die Blockaden ukrainischer Grenzkontrollpunkte durch polnische Bauern weiter.

Das Portal „Lega Artis“ berichtet von einer mehr als 28 Kilometer langen Schlange an Fahrzeugen am Samstag am Grenzübergang Rava-Ruska-Hrebenne. Tags zuvor hätten polnische Landwirte den Kontrollpunkt Sheliga vollständig und den Kontrollpunkt Yahr teilweise blockiert. Bauern sollen auch Getreide von ukrainischen Lkws in Dorohusk abgeworfen haben.

Am 15. September 2023 hatte die Europäische Kommission beschlossen, die Einfuhrbeschränkungen für vier ukrainische Agrarprodukte nicht auf mehrere EU-Grenzländer auszuweiten. Kiew sollte stattdessen. Die Slowakei, Ungarn und Polen kündigten daraufhin an, das Verbot einseitig zu verlängern. Die Ukraine hat diesbezüglich bereits eine Beschwerde bei der WTO eingereicht.
Im Gegenzug wollen die drei EU-Länder die Sitzungen der Koordinierungsplattform für ukrainisches Getreide bis auf Weiteres boykottieren.

Proteste der Bauern und Europawahl

Seit Wochen kommt es in mehreren Ländern Europas zu Bauernprotesten. Diese haben teilweise nationale Themen zum Inhalt – wie in Deutschland die Streichung von Agrardiesel-Vergünstigungen.

Einige Themen verbinden jedoch die Proteste in allen europäischen Ländern, in denen sie bislang aufgetreten sind. Dazu gehören Einfuhren von Getreide, Zucker oder Geflügel zu Dumpingpreisen aus der Ukraine. Auch befürchtete Billigimporte infolge geplanter Handelsabkommen gehören ebenso dazu wie Bürokratie und immer weitergehende Umweltauflagen.

Es ist zu erwarten, dass die Bauernproteste einen Einfluss auf die bevorstehenden EU-Wahlen vom 6. bis 9. Juni haben werden.



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