Polen will Einfuhr von Getreide aus der Ukraine vorerst stoppen – Kiew weiß von nichts

Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat von Gesprächen mit der Ukraine berichtet, die zu einem temporären Stopp von Getreideimporten ins Nachbarland führen sollen. In Kiew will man nichts darüber wissen. Seit Wochen finden Bauernproteste an den Grenzen statt.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 29. Februar 2024

Die Regierung in Polen erwägt offenbar eine zeitweilige Schließung der Grenze zur Ukraine. Wie Premierminister Donald Tusk am Mittwoch, 28. Februar, mitteilte, befinde man sich mit der Führung in Kiew in Gesprächen darüber.

Wie Tusk dem Nachrichtensender „RMF24“ zufolge äußerte, spreche man mit der ukrainischen Seite über „die zeitweilige Schließung der Grenze und den Austausch von Waren“. An der Grenze zwischen beiden Ländern kommt es bereits seit Wochen regelmäßig zu Bauernprotesten.

EU-Staaten wollen Ukraine weiterhin Zollfrei-Privilegien gewähren

Die Landwirte hatten zuletzt am Wochenende einen Güterzug angehalten, der Getreide aus der Ukraine geladen hatte. Die Bauern brachen anschließend Waggons auf und machten etwa 160 Tonnen an Ladung unbrauchbar.

Offiziell gilt in Polen ein Importstopp von ukrainischem Getreide. Die EU-Mitgliedsländer hatten jedoch erst in der Vorwoche einen Grundsatzbeschluss gefasst. Diesem zufolge sollen zollfreie Einfuhren von Waren aus der Ukraine und Moldawien für die Dauer eines weiteren Jahres möglich bleiben.

Ausgenommen bleiben sollten sensible Produkte, für die es Obergrenzen geben könne. Das EU-Parlament muss der Einigung noch zustimmen. Tusk signalisierte nun den polnischen Bauern, dass Getreide ein solches Produkt darstellen würde – und man derzeit die Details kläre.

Tusk kündigt Schutz des polnischen Bauernstandes an

Das Magazin „Politico“ zitiert Tusk, der sich am Donnerstag mit Bauernvertretern treffen will, dahingehend, dass man der Ukraine helfen wolle. Allerdings könne man „nicht zulassen, dass diese Hilfe sehr negative Effekte für unsere eigenen Bürger“ nach sich ziehe.

„Wir suchen weiterhin nach einer Lösung, die den polnischen Markt davor schützt, von deutlich billigeren landwirtschaftlichen Produkten überflutet zu werden.“

Deshalb werde es zu einer Grenzschließung als eine für beide Seiten „zeitliche und schmerzhafte“ Maßnahme kommen.

In Kiew will man von solchen Gesprächen jedoch nichts wissen. Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow äußerte auf Facebook, dass „niemand auf ukrainischer Seite Verhandlungen mit Polen über eine Grenzschließung führt“.

Ukraine sieht sich zu Unrecht ins Visier genommen

In seinem Beitrag betont er, wie wichtig eine „stabil funktionierende Grenze“ für das Land im Krieg mit dem „russischen Aggressor“ sei. Man habe „großen Respekt für unsere polnischen Freunde“ und sowohl konstruktive Vorschläge gemacht als auch Schritte unternommen, um Spannungen an der Grenze entgegenzuwirken.

„Wir erwarten jetzt angemessene Entscheidungen vonseiten der polnischen Regierung, damit die Entwicklung nicht in eine Sackgasse gerät. Eine solche Entscheidung [zur Grenzschließung] wird niemandem außer unserem gemeinsamen Feind nützen.“

Bereits in Anbetracht der Vernichtung von 160 Tonnen Getreide aus der Ukraine durch aufgebrachte Bauern hatte Kubrakow Unverständnis geäußert. Die Lieferung sei für den Danziger Hafen bestimmt gewesen. Von dort aus solle sie in afrikanische und asiatische Empfängerländer verschifft werden. Von den ukrainischen Getreideexporten verliefen 90 Prozent durch das Schwarze Meer.

Tusk will „ernsthafte Debatte“ über Einfuhrbeschränkungen führen

Seit Wochen kommt es in mehreren Ländern Europas zu Bauernprotesten. Diese haben teilweise nationale Themen zum Inhalt – wie in Deutschland die Streichung von Agrardiesel-Vergünstigungen.

Einige Themen verbinden jedoch die Proteste in allen europäischen Ländern, in denen sie bislang aufgetreten sind. Dazu gehören Einfuhren von Getreide, Zucker oder Geflügel zu Dumpingpreisen aus der Ukraine. Auch befürchtete Billigimporte infolge geplanter Handelsabkommen gehören ebenso dazu wie Bürokratie und immer weitergehende Umweltauflagen.

Der sogenannte Green Deal, der die EU bis 2050 „klimaneutral“ machen soll, wird von den Landwirten als utopisches Reißbrettprojekt wahrgenommen, das ihnen eine wirtschaftliche Betriebsführung unmöglich mache.

In Polen hat Premierminister Tusk erklärt, er sei bereit, eine „ernsthafte Debatte“ über die Begrenzung von Importen aus der Ukraine zu führen: „Die Begrenzungen, die Brüssel und Kiew uns vorschlagen, sind für uns nicht akzeptabel. Wir werden unsere Märkte und unsere Bauern vor unfairem Wettbewerb schützen.“



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