Proteste zeigen Wirkung: EU kommt Bauern bei Brachflächen entgegen

Unter dem Eindruck der Bauernproteste hat die EU-Kommission den Bauern Erleichterungen bei Umweltauflagen in Aussicht gestellt. Vor allem bei der Umsetzung der Vier-Prozent-Regelung bezüglich Brachflächen wird den Landwirten mehr Selbstbestimmung eingeräumt.
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Bauernproteste (Archivbild).Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 16. März 2024

Drei Monate vor der EU-Wahl dauern die Bauernproteste in mehreren Mitgliedstaaten an. In der Bevölkerung ist das Verständnis für die Landwirte trotz damit verbundener Einschränkungen groß. Die Kommission in Brüssel befürchtet, dass die Proteststimmung das Wahlergebnis beeinflussen wird – und hat den Bauern nun Erleichterungen zugesagt. Diese betreffen vor allem Umweltauflagen, speziell jene im Kontext von Brachflächen.

GLÖZ-System umfasst derzeit neun Bereiche

Wie die EU-Kommission am Freitag, 15. März, mitteilte, wird es Veränderungen bei den sogenannten GLÖZ-Standards geben. Die Abkürzung steht für „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ von Flächen. Gemäß der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müssen Bauern diese erfüllen, um vollen Anspruch auf Agrarsubventionen zu haben.

Wie „agrarheute“ erläutert, umfasst das GLÖZ-System neun Standards, die eine umweltverträgliche Nutzung von Agrarflächen gewährleisten sollen. Ziele seien die Verminderung von Bodenerosion, der Erhalt von Landschaftselementen wie Sträuchern und Bäumen, die Begrünung nicht genutzter Flächen und der Gewässerschutz.

Bis dato sind fast 90 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in der EU von diesen Standards betroffen. Nun soll es insbesondere im Bereich der GLÖZ-8-Standards Erleichterungen geben. Diese beziehen sich auf die Erhaltung von Brachflächen.

Bauern sollen Brachflächen nicht mehr zwingend ungenutzt lassen

Grundsätzlich sind Bauern bislang verpflichtet, vier Prozent ihrer Ackerflächen stillzulegen. Dies soll unter anderem dem Landschaftsschutz, dem Artenschutz oder der Gewässerschonung dienen. Kritik an einer Aufweichung dieser Verpflichtung kommt nicht nur von Umwelt- oder Klimagruppierungen. Auch Jagdverbände warnen vor einem „fortschreitenden Verlust an Biodiversität“.

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges hat die EU die Regelung ausgesetzt, um Versorgungsengpässe zu verhindern. Sie wird indessen auch nicht mehr in der vorherigen Form zurückkehren – dies hat Brüssel nun explizit zugesagt.

Für Deutschland hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die Entwicklung bereits vorweggenommen. Das Kabinett hat am 6. März einen Entwurf zu einer „2. GAP-Ausnahmen-Verordnung“ beschlossen. Der Bundesrat soll am 22. März über die Vorlage abstimmen. Sie entspricht nach Angaben Özdemirs 1:1 der ins Auge gefassten EU-Durchführungsverordnung.

Mitgliedstaaten sollen eigene Ökoprogramme zum „Nudging“ für Stilllegungen auflegen

Künftig werden Bauern nicht mehr verpflichtet, die ursprünglich vorgesehenen vier Prozent ihrer Flächen brach zu legen oder unproduktiv zu nutzen. Künftig wird es mehr Selbstbestimmung geben und Landwirte können die Flächen auch subventionsunschädlich bewirtschaften, solange dies in einem vorgegebenen Rahmen geschieht.

Um GLÖZ-8 zu erfüllen, können die Bauern wie gehabt die Flächen nichtproduktiv nutzen und dafür einen entsprechenden Ausgleich erhalten. Es ist ihnen künftig aber auch erlaubt, sogenannte Leguminosen anzubauen, die Stickstoff binden, oder Zwischenfrüchte. Auch eine Kombination der drei Optionen ist möglich. Es dürfen lediglich keine Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen.

Die Mitgliedstaaten sollen derweil durch eigene Förderprogramme dafür sorgen, dass die Landwirte bei Bedarf finanzielle Vorteile durch die nichtproduktive Nutzung von Brachflächen erhalten. Es soll ein Anreizsystem entstehen, das „Landwirte ermutigt, Flächen stillzulegen, aber ohne Einkommensverluste“, berichtet die „Zeit“.

Kleine Höfe unter zehn Hektar sollen zudem sowohl von Kontrollen als auch von Strafen ausgenommen werden. Diese erhalten 65 Prozent der Agrarsubventionen, bewirtschaften jedoch nur 9,6 Prozent der Fläche.

Lockerung bei Brachflächen beseitigt nur einen Teil der Sorgen der Bauern

Ob die Maßnahmen dazu beitragen werden, die Bauernproteste abebben zu lassen, ist ungewiss. Einer Umfrage von „top agrar“ zufolge wollen etwas über 30 Prozent Brachen nicht produktiv bewirtschaften. Eine relative Mehrheit von etwas mehr als einem Drittel will Zwischenfrüchte anbauen. Als solche gelten beispielsweise Lupine, Sonnenblumen, Sommer- und Winterraps oder Süßgräser. Häufig werden auch Futterpflanzen als solche angebaut.

Im Vorfeld der Agrarministerkonferenz in Erfurt, die am Freitag stattfand, hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gefordert, bis zum 22. März den Bauern ein akzeptables Gesamtpaket zu unterbreiten.

In Polen dürfte die angekündigte Maßnahme nur einen Teil der Forderungen der Bauern befriedigen. Dort protestieren weiter Tausende Landwirte gegen Getreideeinfuhren aus der Ukraine und den Green Deal der EU insgesamt.



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