Schock-Kunst in österreichischer Kurstadt: Helnwein-Bilder sorgen für heftige Kontroversen

Seit knapp zwei Wochen erregen drei überdimensionale Bilder des Schock-Künstlers Gottfried Helnwein die Gemüter in der österreichischen Kurstadt Gmunden. Kritiker sehen darin Gewalt, Pädophilie oder den Nazismus verherrlicht. Der Künstler erklärt, das Gegenteil zu bezwecken.
Titelbild
Rathaus in Gmunden.Foto: Textbüro Freital
Von 10. Februar 2024

Für heftige Reaktionen sorgen derzeit im oberösterreichischen Gmunden drei überdimensionale Bilder des hyperrealistischen Shock-Art-Künstlers Gottfried Helnwein. Der in Wien geborene und seit Jahrzehnten in Irland lebende Künstler gilt traditionell als Exzentriker. Dauerbrenner der gegen ihn gerichteten Kritik sind unter anderem eine dokumentierte Nähe zur „Church of Scientology“ oder die Tatsache, dass er zu den Erstunterzeichnern des „Manifests für den Frieden“ von Sahra Wagenknecht gehörte.

Gegen Helnwein richten sich Vorwürfe von Nazi-Verharmlosung und pädophiler Ästhetik

Im beschaulichen Gmunden sind hingegen drei Bilder Stein des Anstoßes, die derzeit den öffentlichen Raum zieren. Am Stadttheater sind die Werke „The Smile (Das Lächeln)“ und „The Disasters of War (Die Schrecken des Krieges)“ zu finden. Eines davon zeigt ein blutverschmiertes Kind, das andere eines, das in eine SS-Uniform gehüllt ist.

Dazu kommt das Bild „Memory (Erinnerung)“, das zwei einander küssende Kinder zeigt. Alle Installationen stehen im Zusammenhang mit den „Festwochen Gmunden“ beziehungsweise damit verbundenen „Salzkammergut Festwochen“.

Schon bald war die Rede von „XXL-Gewaltdarstellungen“. In sozialen Medien war von „Verschandelung“ der Stadt die Rede. Die küssenden Mädchen erregten in den Augen von Nutzern „pädophile Fantasien“. Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) fragte sich, ob die Darstellung mit der Uniform „in Kauf [nimmt], die Symbolik eines Regimes von Massenmördern zu bagatellisieren“.

Helnwein selbst äußerte: „Meine Kunst fragt nicht, sie erklärt auch nicht. Meine Kunst ist ein Dialog.“ Wer sich mit seinem Werk befasst, weiß allerdings, dass eines seiner Leitthemen die Kindheit als unberührter Ort von Kreativität und Imagination ist. Deren Zerstörung durch Erziehungssysteme, die Kinder zu „gefügigen Staatsbürgern“ machen wollen, prangert er an. Nicht alle scheinen dieses Narrativ allerdings aus seinen Werken nachvollziehen zu können – weshalb die beschauliche Kleinstadt, ob der Bilder, tief gespalten ist.

Bürgermeister sieht große Chance für Gmunden

Der seit 2014 regierende Bürgermeister Stefan Krapf steht bezüglich der Installationen vor einer heiklen Gratwanderung. Wäre ein Wahljahr in Sicht, könnte die Aufregung in der Stadt, in der Katholiken mit Kirchenbindung der ÖVP traditionell ihre Mehrheiten sichern, ihn politisch den Kopf kosten.

Diese stehen jedoch erst 2027 wieder an, und bis dahin dürfte diese vergessen sein. Krapf hat für die Stadt jedoch große Ambitionen. Unter anderem will er im Viertel um den wenig ausgelasteten Seebahnhof nicht nur einen großen Hotelkomplex, sondern ein komplettes neues Stadtviertel entwickeln.

Der aus einer Fernsehserie der 1990er-Jahre herrührende Mythos vom „Schlosshotel Orth“ – tatsächlich hat es dort noch nie einen Hotelbetrieb gegeben – ist am Verblassen. Einen weltbekannten Künstler, wie Gottfried Helnwein in die Stadt zu bekommen, ist dabei ohne Zweifel ein potenzieller Schritt, um sie weit über die Landesgrenzen hinweg in Erinnerung zu rufen.

Eigenwillige Allianzen im Gemeinderat von Gmunden

Im Gemeinderat hingegen bilden sich ungewöhnliche Bündnisse. Die FPÖ hatte jüngst gefordert, die Installation von „Memory“ am Rathaus entfernen zu lassen. Als Begründung gab sie an, dass das Rathaus denkmalgeschützt sei und es deshalb einer Bewilligung für eine „temporäre Veränderung des Erscheinungsbildes“ bedürfe. Bürgermeister Krapf bestritt eine solche Notwendigkeit. Die beiden anderen Installationen am Stadttheater sind an Gerüsten angebracht, da dieses zurzeit saniert wird.

Für die FPÖ stellen die Werke eine „öffentlichen Zwangsbeglückung der Bevölkerung – finanziert mit Steuergeld“ dar. Rückendeckung bekam sie von der SPÖ und sogar der linksliberalen Partei NEOS. Der sozialdemokratische Stadtrat Dominik Gessert sah zwar eine Notwendigkeit, sich mit den auf den Bildern illustrierten Themen auseinanderzusetzen. Andererseits sollten „Kinder nicht mit solchen Bildern konfrontiert werden, da ich befürchte, dass sie Angst haben könnten“.

Der NEOS-Vertreter Philipp Wiatschka bemängelte, dass Helnwein die Stadt nicht im Vorfeld darüber informiert habe, welche Motive er zur Verfügung stellen würde. Es sei „nicht richtig, über die Provokation hier Medieninteresse zu schaffen“. ÖVP und Grüne erklärten jedoch, es sei wichtig, Themen, wie Helnwein sie in seinen Werken verarbeite, in die öffentliche Diskussion zu bringen.

Insgesamt soll die Gemeinde 14.000 Euro für Produktion und Montage bezahlt haben – das wäre etwa ein Euro pro Einwohner. Am Ende gab es keine Mehrheit für die Entfernung. Allerdings soll es künftig möglich sein, sich über einen dort angebrachten QR-Code über die Bedeutung der Werke zu informieren. Bis Ende April sollen sie noch zu sehen sein.

Helnwein in offenem Brief: „Don’t shoot the messenger”

Gottfried Helnwein selbst meldete sich mittels eines offenen Briefs in der Debatte zu Wort. Darin beklagt er ein Bündnis von „Cancel Culture“ und „Reichskulturkammer“. Linke Kritiker wie eine Wiener Journalistin würden ihm aus dem Kontext heraus vorwerfen, mit der Darstellung des Kindes in SS-Uniform die Nazi-Verbrechen zu bagatellisieren. Dabei würden sie sich mit den „rechten Bilderstürmern“ der FPÖ verbünden.

An diese richtete Helnwein die Aufforderung, sich – sollte es der Partei tatsächlich um sexuelle Gewalt gegen Kinder gehen – um Kinderpornos im Internet oder Missbrauch in Heimen und psychiatrischen Anstalten zu kümmern:

„Kunstwerke zu attackieren und versuchen, sie zu verbieten, mag zwar reizvoll sein, weil man sich dabei wichtig vorkommen kann, und vielleicht in die Medien kommt, aber helfen tut das wirklich niemandem. Just, don’t shoot the messenger.”

Bezüglich des Vorwurfs der Nazi-Verharmlosung verwies Helnwein auf die positive Beurteilung seiner Werke durch jüdische Journalisten und den 2005 verstorbenen Historiker und Rechercheur Simon Wiesenthal persönlich. Am Ende seines Schreibens äußert der Künstler:

„Bisher hat mich jedenfalls noch nie jemand der Nazi- oder Pädo-Propaganda bezichtigt, dazu mussten erst oberösterreichische FPÖler und eine Spinnerin aus Wien kommen, um das aufzudecken.“

Nackter „Pudertanz“ in Bad Ischl ließ die Nerven blank liegen

Es ist gut möglich, dass die Aufregung über die Helnwein-Installationen etwas weniger heftig ausgefallen wäre, hätte das Salzkammergut nicht unmittelbar zuvor schon einen Kunst-Skandal erlebt. Bei der Eröffnung der „Kulturhauptstadt Europas 2024“ am 20. Januar hatte ein Ensemble in Bad Ischl den sogenannten Pudertanz aufgeführt.

Dabei tanzten nackte Darsteller zu einer Zeit, da sich auch noch Kinder auf den Straßen befanden, zu Musik von Vivaldi – und bestreuten einander mit weißem Puder. Detail am Rande: Im lokalen Dialekt weist der Begriff „Pudern“ eine eindeutig anzügliche Bedeutung auf.

Die am Attersee geborene Choreografin Doris Uhlich bestritt jedwede sexuelle Konnotation der Aufführung. Ihr zufolge gehe es bei dem Tanz darum, sogenannte Body Positivity zu vermitteln, also die Akzeptanz des Körpers unabhängig davon, ob er einem Schönheitsideal genüge.

Viele Festivalbesucher zeigten sich jedoch empört und sprachen von einer Blamage für die Region. Nach der Aufregung um den „Pudertanz“ dürfte bei vielen auch im 33 Kilometer entfernten Gmunden der Bedarf an künstlerischer Provokation gedeckt gewesen sein.

 



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