Slowenien zahlt 5,7 Millionen Euro Corona-Strafen zurück

Wegen Verstößen gegen Corona-Bestimmungen wurden in Slowenien Geldstrafen über insgesamt 5,7 Millionen Euro verhängt. Diese Beträge sollen jetzt zurückgezahlt werden, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herzustellen. Wie sieht es mit der Corona-Aufarbeitung in Deutschland aus?
Titelbild
Slowenien kommt für Strafbescheide auf: Tränengas auf Demonstranten bei der Kundgebung gegen die Coronavirus-Beschränkungen der Regierung in Ljubljana am 5. November 2020. (Photo by Jure Makovec / AFP) (Photo by JURE MAKOVEC/AFP via Getty Images)
Von 15. Mai 2023

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In Slowenien sollen alle Geldstrafen wegen Verstößen gegen Corona-Bestimmungen erlassen oder zurückgezahlt werden. Außerdem sollen die Daten über die „Straftaten“ automatisch aus den öffentlichen Registern gelöscht werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Regierung in Ljubljana letzte Woche beschlossen. Jetzt steht noch die Verabschiedung im Parlament aus, die in Kürze erwartet wird.

Wahlversprechen eingelöst

Die neue Regierung Sloweniens unter Ministerpräsident Robert Golob, seit der Wahl vor einem Jahr im Amt, hatte im Wahlkampf versprochen, alle Bußgeldverfahren einzustellen und ebenso alle bisher ausgezahlten Strafgelder rückzuerstatten. Laut der neuen Justizministerin Dominika Švarc Pipan erfülle die Regierung mit dem neuen Gesetz eines der wichtigsten Wahlkampf-Versprechen.

Nach einer klaren Mehrheit von Mitte-links-Parteien sind die Amtsgeschäfte vom Nationalkonservativen Janez Janša vor einem Jahr an Golob übergegangen. Die konservative Vorgängerregierung hatte, so kritisiert die aktuelle Justizministerin Švarc Pipan, „exzessive und verfassungswidrige Repressionen“ umgesetzt. Die slowenische Justizministerin betonte, dass das neue Gesetz ein wichtiger Schritt sei, das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen. Dieses habe in der Pandemiezeit massiven Schaden erlitten. Das slowenische Verfassungsgericht hatte zuvor einen Teil der Corona-Gesetze für verfassungswidrig erklärt.

Slowenien: 62.000 Ordnungswidrigkeiten auf 2 Millionen Einwohner

Versammlungsverbot, Ausgangssperren, Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas bei Demonstrationen: Zeitungsberichten zufolge war zeitweise nicht einmal mehr Tanken möglich ohne 3G-Nachweis. Das kleine Land in Südeuropa mit den nur 2 Millionen Einwohnern galt während der Corona-Zeit als einer der europäischen Maßnahmen-Hardliner.

Wegen Verstoßes gegen die Corona-Maßnahmen sind in Slowenien zwischen März 2020 und Mai 2022 mehr als 62.000 Ordnungswidrigkeitsverfahren mit Geldstrafen über insgesamt 5,7 Millionen Euro verhängt worden. Nur circa 30 Prozent der Bußgelder sind bislang bezahlt worden.

Mit Gültigkeit des neuen Gesetzes sollen die Vollstreckung aller ausstehenden Bußen eingestellt und das bereits entrichtete Geld unbürokratisch zurückgezahlt werden. Darüber hinaus werden die Daten über die Straftaten automatisch aus den öffentlichen Registern gelöscht. Das Gesetz verfolge das Ziel, so heißt es in der Verlautbarung der slowenischen Regierung, dass „Bußgelder, Prozesskosten, Zwangsvollstreckungsverfahren und verfallene Vermögensvorteile möglichst automatisch und mit möglichst geringer Belastung für die Anspruchsberechtigten ausbezahlt werden…. die Finanzmittel werden im Haushalt der Republik Slowenien bereitgestellt.“

Slowenien als gutes Beispiel voran?

Nach seiner Wahl zum neuen slowenischen Ministerpräsidenten im Frühsommer 2022 hatte Robert Golob angekündigt, sich anders als sein nationalkonservativer Vorgänger Janez Janša mehr in Richtung Westen und Europa zu orientieren. Vielleicht gibt Golobs Regierung jetzt mit diesem neuen Gesetz ein Signal, dass es für viele europäische Staaten in Sachen Corona-Aufarbeitung lohnenswert sein könnte, ihren Blick nach Slowenien zu wenden?

Oder sind die betroffenen, mit Bußgeldern Bestraften mit der neuen Regelung in Slowenien einfach nur glückliche Nutznießer davon, dass zufälligerweise ein Regierungswechsel in die Coronazeit gefallen ist und die neue slowenische Regierung bereit ist, ihre Versprechen aus der Wahlkampfzeit einzulösen?

Immerhin muss diese durch den Regierungswechsel nicht ihre eigenen Fehler einräumen und daraus folgend in den eigenen Reihen aufräumen, sondern kann den Schwarzen „Corona“ Peter zu ihren Vorgängern schieben.

 Corona-Aufarbeitung in Deutschland: Quo vadis?

In Deutschland stehen die Signale derweil anders: Aufarbeitung der Coronazeit von offizieller Seite scheint nicht geplant zu sein. Das spiegelt anschaulich die gemeinschaftliche Entscheidung des Bundestags am 19. April wider, dass eine Corona-Untersuchungskommission nicht vonnöten ist. Der Antrag der AfD-Fraktion, die im Rahmen der Pandemie getroffenen Maßnahmen auf ihre Notwendigkeit und Angemessenheit hin zu untersuchen, wurde vom Parlament gemeinschaftlich abgeschmettert:

Die Abstimmung ergab, dass 577 von 736 Abgeordneten im Parlament dagegen waren. Zugestimmt haben neben der gesamten AfD-Fraktion lediglich noch vier weitere Abgeordnete (von CSU/CDU-Fraktion und Parteilose).

Damit scheint für viele Deutschland weiter entfernt denn je von einer – nicht nur offiziellen – Aufarbeitung der Vorkommnisse inklusive Konsequenzen für die Verantwortlichen der Coronazeit.

Hierzulande Corona-Bußgelder Geldsegen für Kommunen

Vielleicht spielt dem auch zu, dass sich die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Ummünzung der Corona-Schutzverordnungen in Bußgelder als wahrer Geldsegen für die Kommunen entpuppt hat.

Beispiel Nordrhein-Westfalen: Das größte deutsche Bundesland hat mit 18 Millionen Einwohnern neunmal so viel Einwohner wie Slowenien. Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung von 2020 bis Anfang 2023 haben fast 23 Millionen an Bußgeldern in die Kassen der nordrhein-westfälischen Kommunen gespült. Das geht aus einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der AfD-Fraktion hervor, wie die „Zeit“ berichtete.

Landesweit wurden rund 225.000 Verstöße gegen die Corona-Auflagen registriert. Mehr als 214.000 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten und 309 Strafverfahren wurden eingeleitet. Es geht um Delikte wie das Nichttragen von Masken oder das Betreten von Kinderspielplätzen, aber auch um Subventionsbetrug.

Beispiel NRW: 2.000 Euro Strafe für laxe Impfnachweis-Kontrollen

Für das Nichttragen einer Maske im öffentlichen Personenverkehr wurden teilweise 150 Euro fällig und für gefälschte Corona-Tests Bußgelder bis zu 5.000 Euro. Ganze 2.000 Euro konnte es in NRW kosten, wurden Corona-Tests oder Impfnachweise bei Veranstaltungen oder in Restaurants nicht ordentlich kontrolliert. Insgesamt laufen in NRW bei den Gerichten noch gut 2.700 Verfahren in Zusammenhang mit Corona-Verstößen.

Im Vergleich zur Einwohnerzahl NRWs hat Slowenien prozentual fast dreimal soviel Vergehen und Delikte im Rahmen der Coronamaßnahmen.

In Deutschland hat das Gesundheitsministerium die Kontrolle und Ahndung von Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung damit gerechtfertigt, dass die „wirksame Umsetzung der Schutzmaßnahmen essenziell [war], um eine Verbreitung des Coronavirus bzw. eine Eindämmung der Verbreitung zu erreichen“.

Kein Grund, in der Krise verfassungsmäßige Ordnung zu untergraben

Die slowenische Justizministerin Švarc Pipan hingegen begründet das neue Gesetz, welches die Corona-Maßnahmen der  Vorgängerregierung für illegal erklärt, damit, dass, auch wenn Unsicherheit und Zeitdruck herrschten, Maßnahmen sich stets im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung bewegen müssen:

„Eine Krise kann und darf kein Vorwand sein, um sie zu untergraben.”



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