Steinmeier will an „vergessenes“ SS-Massaker von Korjukiwka erinnern

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lobte seine Kollegin Caputova unter anderem wegen ihres proeuropäischen Kurses.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa/dpa
Epoch Times5. Oktober 2021

Mit seinem Besuch in der Ukraine rückt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 80 Jahre nach den NS-Gräueltaten von Babyn Jar auch das weit weniger bekannte SS-Massaker von Korjukiwka ins Licht der Erinnerung.

Am Mittwochmorgen wird Steinmeier in der nordukrainischen Stadt erwartet, in der im März 1943 binnen zwei Tagen etwa 6700 Männer, Frauen und Kinder bei einer der größten SS-Strafaktionen gegen Zivilisten im Zweiten Weltkrieg ermordet wurden.

Bereits in einer Rede zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion im Juni erinnerte der Bundespräsident an die zahlreichen zivilen Opfer in Osteuropa. „Wer weiß von Korjukiwka in der Nordukraine?“, fragte Steinmeier.

„Wer in Deutschland kennt Malyj Trostenez bei Minsk (Belarus), wo zwischen 1942 und 1944 mindestens 60.000 Menschen ermordet worden sind?“ Dem vom Rassenwahn gegen slawische und asiatische Völker getriebenen Feldzug der Nazis fielen von 27 Millionen sowjetischen Toten 14 Millionen Zivilisten zum Opfer.

In Korjukiwka wird Steinmeier sich mit Schülern, Lehrenden sowie Vertretern der Zivilgesellschaft treffen und bei Gedenkveranstaltungen im Stadtzentrum und einem nahen Waldstück Blumen niederlegen.

Am Abend ist eine Zeremonie in der Holocaust-Gedenkstätte Babyn Jar geplant. Dabei wird Steinmeier auf Einladung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine Ansprache halten. Auch der israelische Präsident Isaac Herzog wird am Dienstag in der Ukraine erwartet.

Bei der Aufarbeitung gibt es „noch viel zu tun“

In Babyn Jar bei Kiew waren am 29. und 30. September 1941 mehr als 33.000 ukrainische Juden von SS-Kommandos erschossen worden. Bis 1943 wurden in dem Tal bis zu 100.000 Menschen getötet – Juden, Roma und sowjetische Kriegsgefangene.

Kurz vor der Abreise Steinmeiers in die Ukraine hatte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, betont, dass bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen in seinem Land noch viel zu tun sei.

„Dass der Bundespräsident mit seinem Besuch die Opfer von Babyn Jar in Kiew sowie die mindestens acht Millionen ukrainischen Kriegstoten in Korjukiwka würdigt, ist eine gute Geste. Sie ist allerdings nur ein erster Schritt auf dem sehr langen Weg zur historischen Aussöhnung zwischen der Ukraine und Deutschland“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Vergangenheit wirkt in der Gegenwart fort

Steinmeiers ukrainischer Kollege Selenskyj, der jüdischer Abstammung ist, hatte bei einer Gedenkzeremonie in Babyn Jar vergangene Woche betont, eine solche Tragödie dürfe sich nicht wiederholen, „nicht in der Ukraine, nicht irgendwo anders in Europa, nirgends in der Welt.“

Auch der Bundespräsident hatte im Juni gewarnt, die Orte der Kriegsverbrechen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: „Ja, dieser Krieg wirft einen langen Schatten, und in diesem Schatten stehen wir bis heute“, mahnte Steinmeier.

An die Verbrechen müsse erinnert werden, um zu verstehen, wie Vergangenheit in der Gegenwart fortwirke. „Doch tun wir Deutsche das? Schauen wir überhaupt dorthin, in den viel zu unbekannten Osten unseres Kontinents?“ Mit seinem Besuch in der Ukraine und dem Gedenken in Babyn Jar und Korjukiwka will Steinmeier dazu beitragen, dies zu tun. (afp/dl)



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