Alkohol am Steuer und andere Delikte: Künftig droht EU-weites Fahrverbot

In einem EU-Land mit Alkohol am Steuer oder mit zu hohem Tempo erwischt – das soll nach dem EU-Parlament zu einem EU-weiten Fahrverbot führen.
Fahrverbot
Die EU plant ein EU-weites Fahrverbot innerhalb von 15 Arbeitstagen.Foto: iStock
Von 19. Februar 2024

Wenn ein EU-Land ein Fahrverbot für einen Verkehrssünder verhängt, gilt es derzeit nur in dem Land, in dem der Verstoß stattfand. In anderen Ländern kann jener Autofahrer bisher ungebremst weiterfahren. Das will das Europaparlament nun ändern.

Künftig sollen Autofahrer, die in einem Mitgliedsland ein schweres Verkehrsdelikt begangen haben, ihre Fahrerlaubnis EU-weit verlieren. Das teilte das EU-Parlament am 6. Februar 2024 in Straßburg mit. Die Regelung ist Teil des von der Kommission im vergangenen Jahr vorgelegten Pakets zur Straßenverkehrssicherheit. Das von der EU erklärte Ziel lautet „Vision Zero“ – bis 2050 soll es keine Verkehrstoten in der EU mehr geben.

Der Entwurf wurde mit 372 Stimmen angenommen. Es gab 220 Gegenstimmen und 43 Enthaltungen. Das Parlament hat damit nur die erste Lesung abgeschlossen. Endgültig beschlossen ist die Reform bis jetzt nicht. Da der EU-Rat seinen Standpunkt noch nicht festgelegt hat, wird das im Juni neu gewählte Parlament weiter an dem Gesetz arbeiten.

Was gilt als schweres Delikt?

Schwere Verkehrsdelikte sind laut EU etwa das Verursachen eines tödlichen Verkehrsunfalls, Alkohol oder Drogen am Steuer oder massive Geschwindigkeitsüberschreitungen von mindestens 50 Kilometer pro Stunde. Für Wohngebiete fordern die Abgeordneten, eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 Kilometer pro Stunde als schweres Delikt zu definieren.

Ebenso einigten sich die Abgeordneten darauf, Fahren ohne gültigen Führerschein in die Liste der schwerwiegenden Verkehrsverstöße aufzunehmen. So soll der EU-Staat, der den Führerschein ausgestellt hat, die Informationen zum Führerscheinentzug und Fahrverbot automatisch erhalten.

Laut der EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean bleiben derzeit mehr als 40 Prozent der Verkehrsstraftaten durch Personen aus einem anderen EU-Land ungeahndet, wie die „Tagesschau“ berichtet. „Dies liegt entweder daran, dass der Täter nicht identifiziert werden konnte, oder daran, dass die Zahlung nicht durchgesetzt wurde“, erklärte sie.

Welche Fristen bestehen?

Kommt es zu einem schweren Verkehrsdelikt, müssen sich die 27 EU-Länder gegenseitig über die Entscheidung zum Entzug der Fahrerlaubnis informieren. Das EU-Parlament hat hierfür eine Frist von zehn Arbeitstagen festgelegt.

In einer weiteren Frist von 15 Arbeitstagen soll entschieden werden, ob das Fahrverbot dann EU-weit gelten soll. Anschließend muss der betroffene Fahrer innerhalb von sieben Arbeitstagen über eine endgültige Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden.

ADAC: „Eine verkehrserzieherische Wirkung“

Thomas Rudner, der verkehrspolitische Sprecher der SPD, begrüßte den Vorstoß. „Früher konnte man einfach den Führerschein neu beantragen, wenn er im Ausland entzogen wurde – das ist jetzt vorbei“, sagte er.

Rudner äußerte zudem, dass weitere Verstöße erfasst und zum Fahrverbot führen sollten. Hierbei schlug er laut mdr gefährliches Parken, gefährliches Überholen, Überfahren einer durchgezogenen Linie sowie Fahrerflucht vor.

Auch aus Sicht des ADACs ist die Entscheidung ein richtiger Ansatz. „Eine EU-weite Wirkung von Führerscheinmaßnahmen trägt zur Steigerung der Verkehrssicherheit bei“, so Bernd Gstatter, Auslandsrechtsexperte in der Juristischen Zentrale des Vereins.

Weiter sagte er: „Dass ein gravierendes Fehlverhalten im Ausland auch im Wohnsitzstaat nicht mehr länger folgenlos bleiben soll, kann eine verkehrserzieherische Wirkung entfalten.“ Dann gebe es jedoch ausreichend Diskussions- und Klarstellungsbedarf, so etwa bei der Frage der Halterhaftung und der Art der Bestrafung bei entsprechenden Verstößen.

FDP: Verstöße müssten einheitlich und klar definiert sein

Das Vorhaben fand fraktionsübergreifend Zustimmung. Der EU-Abgeordnete und Mitglied im Verkehrsausschuss, Petar Vitanov von der Fraktion der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien, ist davon überzeugt, dass die Richtlinie die Zahl der Verkehrsunfälle verringern werde, wie der „Spiegel“ berichtet. Ebenfalls werde so „das Bewusstsein der Bürger für eine verantwortungsvollere Fahrweise und die Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten“, gestärkt, „ganz gleich, wo in der EU wir fahren“.

Auch der EU-Parlamentsvizepräsident Jan-Christoph Oetjen (FDP) äußerte sich laut der „Zeit“ zum Entwurf. Er mahnte, dass die Verstöße einheitlich und klar definiert sein müssten. „Wer in einem Land einen schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung begeht, hat sein Recht auf Fahren in der EU verwirkt.“

Allerdings hat sich Oetjen gegen ein EU-weites Punktesystem ausgesprochen, wie es bereits in Deutschland existiert. Das befürwortet jedoch etwa die EU-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne).



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