Todeszahl steigt auf 21.000: Suche nach Verschütteten geht weiter – Erste UN-Konvois erreichen Syrien

In der Türkei und in Syrien schwinden die Chancen, nach dem Erdbeben noch Überlebende zu finden. Die Einsatzkräfte geben die Hoffnung trotzdem nicht auf.
Titelbild
Erdbeben in der Türkei am 06.02.2023.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 10. Februar 2023

Vier Tage nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien schwindet die Hoffnung, unter den Trümmern noch Überlebende zu finden. Zusätzlich erschwert Kälte die Arbeiten. Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben der Stärke 7,7 das Grenzgebiet erschüttert. Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in der Region.

Die Einsatzkräfte denken aber immer noch nicht ans Aufgeben. Ein Sprecher machte am Freitagmorgen (10. Februar) gegenüber „TRT World“ deutlich:

Wir machen weiter, bis wir sicher sind, dass es keine Überlebenden mehr gibt.“

Historische Ressentiments zwischen Griechenland und Türkei treten in den Hintergrund

Einige „unglaubliche Überlebensgeschichten“, über die türkische Medien berichten, machen ihnen Mut. So gelang es in der Provinz Kahramanmaraş, die fünfjährige Mina nach 89 Stunden aus den Trümmern zu bergen. In der Provinz Hatay holten Retter die zweijährige Fatma nach 88 Stunden lebend ins Freie. In Gaziantep fanden Helfer den 17-jährigen Adnan nach 94 Stunden lebend.

Im Zeichen der Katastrophen treten auch regionale Rivalitäten in den Hintergrund. Türkische Medien und Nutzer von Social Media feierten den griechischen EMAK-Freiwilligen Konstantinos Nikas, der in İskenderun die siebenjährige Fatma aus den Trümmern holte. Bereits sein Vater sei Katastrophenhelfer gewesen, schrieb die „Hürriyet“. Er habe 1995 nach dem großen Erdbeben in Griechenland Menschen gerettet.

Griechische Medien und auch der Premierminister Kyriakos Mitsotakis zeigten Anteilnahme am Schicksal der Nachbarn. Mitsotakis äußerte in einer Erklärung, Griechenland und die Türkei seien „Nachbarn, die einander in schweren Zeiten helfen müssen“.

Parlament billigt Ausnahmezustand für drei Monate

Die Türkei mobilisiert unterdessen alle Ressourcen für den Transport der Überlebenden. Unter anderem wurden 16 verletzte und unbegleitete Babys, die Helfer in Kahramanmaraş gefunden hatten, mit einer Präsidentenmaschine zur Behandlung nach Ankara gebracht. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte zuvor angeordnet, Katastrophenhelfern Maschinen aus der eigenen Flotte zur Verfügung zu stellen.

Mittlerweile stehen in den zehn am stärksten betroffenen Provinzen des Landes 77 Feldlazarette zur Behandlung von Verletzten zur Verfügung. Zugleich hat das Parlament Anfang der Woche den vom Präsidenten ausgerufenen Ausnahmezustand gebilligt. Dieser soll für die nächsten drei Monate in den zehn Provinzen aufrecht bleiben. Auf diese Weise soll Plünderungen oder sonstigen Versuchen gegengesteuert werden, die Katastrophe zur Verbreitung von Chaos zu nutzen.

Bis zum frühen Freitagmorgen ist die Zahl der bestätigten Todesfälle in beiden betroffenen Ländern auf insgesamt 21.000 Opfer gestiegen. Allein in der Türkei lag die von Vizepräsident Fuat Oktay bestätigte Zahl der Toten bei 17.664. Die Zahl der Verletzten gab er mit 72.879 an. Mehr als 8.000 Verschüttete konnten Helfer bisher retten. Oktay dankte diesen und den Teams, die aus 75 Ländern weltweit zur Unterstützung angereist waren. Experten befürchten, dass noch Zehntausende Menschen unter den Trümmern begraben sein könnten.

Türkei will weitere Korridore nach Syrien eröffnen

In Syrien sind bislang mehr als 3.300 Tote dokumentiert. Die Zahl dürfte tatsächlich noch deutlich höher sein. Es ist schwierig, verlässliche Zahlen aus dem Bürgerkriegsland zu erhalten, da die Regierung nicht mehr die Kontrolle über das gesamte Staatsgebiet hat.

Die Aufteilung in Gebiete unter Kontrolle der Regierung und jenen, die von Rebellen oder der terroristischen PKK nahestehenden Milizen gehalten werden, erschwert auch die internationalen Hilfsbemühungen.

Es gibt einen Mechanismus für die Lieferung von Hilfsgütern aus der Türkei über den Grenzübergang Bab al-Hawa. Er ist die einzige Möglichkeit, UN-Hilfe an die Zivilbevölkerung zu übermitteln, ohne die von den syrischen Regierungstruppen kontrollierten Gebiete zu durchqueren. Dort müssten die Helfer damit rechnen, dass diese Hilfslieferungen konfiszieren. Die Türkei will nun zwei weitere Hilfskorridore in Richtung Syrien eröffnen, kündigte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu an.

Faeser ordnet Trauerbeflaggung an

Wegen der Katastrophe sollen die Flaggen an den obersten Bundesbehörden in Berlin und Bonn heute auf halbmast hängen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ordnete die Trauerbeflaggung an.

Die Weltbank kündigte an, der Türkei Unterstützung in Höhe von 1,78 Milliarden US-Dollar (1,65 Milliarden Euro) zur Verfügung zu stellen. Damit sollen die Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen vorangetrieben werden, wie die Weltbank in Washington erklärte. Es sei zudem eine rasche Schadensbewertung eingeleitet worden, um das Ausmaß der Katastrophe abzuschätzen und vorrangige Bereiche für die Unterstützung des Wiederaufbaus zu ermitteln.

(Mit Material der dpa)



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