Ungarn will „europäischen Abschiebemechanismus“ – Die Abschiebung abgelehnter Migranten ist „meistens nicht möglich“

"Man müsste Frontex dafür mit neuen Kompetenzen und entsprechenden finanziellen Mitteln ausstatten, um Flüge zu organisieren und jene Migranten, die nicht schutzwürdig sind, in deren Herkunftsländer zurückzubringen", fordert der ungarische Justizminister László Trócsányi.
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Flüchtlinge und Migranten protestieren gegen Abschiebung in Deutschland. 23. Januar 2017, Frankfurt am Main. Symbolbild.Foto: SUSANN PRAUTSCH/AFP/Getty Images
Epoch Times10. Mai 2017

Ungarn bezeichnet die Abschiebepraxis in Europa als eines der größten Probleme der Flüchtlingspolitik. Wenn Asylbewerber abgelehnt werden und abgeschoben werden sollen, sei „das meistens nicht möglich“, kritisierte Justizminister László Trócsányi im Gespräch mit der „Welt“: Er schlägt daher einen europäischen Abschiebungsmechanismus vor. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex solle sich darum kümmern.

„Man müsste Frontex dafür mit neuen Kompetenzen und entsprechenden finanziellen Mitteln ausstatten, um Flüge zu organisieren und jene Migranten, die nicht schutzwürdig sind, in deren Herkunftsländer zurückzubringen“, sagte der Minister.

Speziell für kleinere Länder wäre es „effektiver, wenn Frontex als Organisation der EU mit den Herkunftsländern über die Rücknahme verhandelt, als wenn etwa Ungarn mit den Afghanen die Verbindung aufnehmen muss“. Ungarn tritt für konsequenten Grenzschutz und eine sehr restriktive Flüchtlingspolitik ein. Die Regierung hat in diesem Sinne – zusammen mit der Slowakei – vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage eingereicht gegen eine Mehrheitsentscheidung im Rat der EU-Innenminister vom September 2015, wonach alle EU-Mitglieder nach festgelegten Quoten insgesamt mehr als 100.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien übernehmen müssen.

Das Verfahren beginnt am 10. Mai. „Wir haben in zehn Punkten zusammengefasst, warum wir die Entscheidung für rechtswidrig halten“, erklärt Trócsányi Ungarns Klage vor dem EuGH. „Und zwar auf zwei Ebenen: Eine primäre, wo es um das Prinzip der Umverteilung selbst geht, und eine sekundäre, wo es um die spezielle Lage Ungarns geht.“ Ein Einwand sei, dass die Quotenregelung nur zwei Sorten von Ländern vorsehe, solche die „entlastet“ werden müssen, denen also Flüchtlinge abgenommen werden, und solche die „belastet“ werden, also welche aufnehmen sollen.

„Es fehlen konzeptuell C-Länder, die zwar keine Entlastung wollen, aber sowieso so belastet sind von der Flüchtlingskrise, dass man ihnen nicht noch zusätzliche Lasten aufbürden sollte“, argumentiert Trócsányi. Ein Urteil erwartet er „vielleicht im Sommer oder im Herbst“. Trócsányi wiederholte die Budapester Grundsatzkritik am Quotenkonzept: „Erstens sendet es ein falsches Signal aus: Kommt ruhig nach Europa, wir kümmern uns dann um die Verteilung. Zweitens ist es nicht effektiv. Diese Menschen wollen in ganz bestimmte Länder gelangen, nicht in Länder wie Rumänien, Bulgarien oder Ungarn. Jene, die nach Litauen geschickt wurden, waren schon nach zwei Tagen in Deutschland. Drittens ist da die Frage der Souveränität. Wie die Gesellschaft zusammengesetzt sein soll, diese Entscheidung muss in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten verbleiben.“

Sollte Ungarn das Verfahren vor dem EuGH verlieren, so wird es Trócsányi zufolge das Urteil akzeptieren. „Dann ist das rechtlich bindend“, sagte er. „Ungarn achtet auf das Gemeinschaftsrecht und kommt seinen Verpflichtungen nach.“ (dts)



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