Warnung vor „Mehrfrontenkrieg“ – USA gründen multinationale Allianz zum Schutz von Schiffen

Der Gaza-Krieg zieht immer größere Kreise. Eine neue Militärallianz soll Angriffe von Huthi-Rebellen auf Schiffe abwehren. Derweil spitzt sich die Lage an Israels Grenze zum Libanon zu. Der Überblick.
Titelbild
Mitglieder der jemenitischen Küstenwache beobachten am 12. Dezember ein Patrouillenboot im Roten Meer.Foto: KHALED ZIAD/AFP über Getty Images
Epoch Times19. Dezember 2023

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Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges und zunehmender Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer beschloss US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die Bildung der „Operation Prosperity Guardian“. Austin erklärte, durch den Einsatz sollten die „Freiheit der Seefahrt für alle Länder“ gesichert und „regionale Sicherheit und regionaler Wohlstand“ gestärkt werden. Der Pentagon-Chef hatte zuvor bei einem Besuch in Israel gewarnt:

Die Unterstützung der Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe durch den Iran muss aufhören.“

Die militärische Sicherheitsallianz  soll Handelsschiffe besser vor Angriffen der von Israels Erzfeind Iran unterstützten Huthi-Rebellen schützen, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Vor Ort sind bisher unter anderem die Flugzeugträgergruppen USS Carney und die HMS Diamond, britische und französische Kriegsschiffe.

Deutschland prüft nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Anfrage zur Beteiligung. An der neuen Sicherheitsinitiative beteiligen sich laut dem US-Verteidigungsministerium in Washington mehrere Länder, darunter das Vereinigte Königreich, Bahrain, Kanada, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, die Seychellen und Spanien.

Derweil setzt Israel den Krieg gegen die Hamas in Gaza fort, während sich zugleich auch die Lage an seiner Grenze zum Libanon verschärft.

Container-Reedereien stellten Fahrten ein

Die Huthi-Rebellen im Jemen greifen Israel seit Ausbruch des Gaza-Kriegs mit Drohnen und Raketen an und attackieren Schiffe im Roten Meer, um sie an einer Durchfahrt in Richtung Israel zu hindern. Für die Angriffe wurden bisher Drohnen und ballistische Anti-Schiffs-Raketen mit einer Reichweite bis zu 800 Kilometern verwendet.

Vier der fünf größten Containerschiff-Reedereien der Welt – CMA CGM, Hapag-Lloyd, Maersk und MSC –, die für 53 Prozent des weltweiten Containerhandels stehen, stellten ihre Fahrten im Roten Meer ein. Schüttgutfrachter und Tanker dürften folgen. Am 18.12. kündigte der britische Ölkonzern BP an, aufgrund der wiederholten Angriffe alle Fahrten durch das Rote Meer einzustellen.

Betroffen ist die Meerenge Bab al-Mandab zwischen Afrika und der Arabischen Halbinsel, die in den Suezkanal führt. Normalerweise schippern hier rund 12 Prozent des Welthandel, 30 Prozent des globalen Containerverkehrs und ein Drittel des verschifften Erdöls.

Neue Angriffe auf Frachter und ein Tankschiff

Nach Angaben des US-Militärs kam es gestern erneut zu Angriffen der Huthi-Rebellen auf zwei Schiffe im südlichen Roten Meer. Das Tankschiff „Swan Atlantic“ sei am Montag von einer Drohne und einer Rakete angegriffen worden, die aus einem von den Huthis kontrollierten Gebiet im Jemen abgeschossen worden sei. Der Frachter „M/V Clara“ habe von einer Explosion im Wasser in seiner Nähe berichtet. Bei keinem der Vorfälle gab es Meldungen zu Verletzten.

Auch ein Containerfrachter der deutschen Reederei Hapag-Lloyd wurde attackiert. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der sich derzeit in der Region aufhält, teilte mit, es handle sich um eine internationale Herausforderung, die gemeinsames Vorgehen erfordere.

Alle Länder, die die freie Schifffahrt aufrecht erhalten wollten, müssten sich zusammentun. Die „jüngste Eskalation der rücksichtlosen Huthi-Angriffe“ bedrohe den freien Handel, die Sicherheit der Seeleute und verstoße gegen das Völkerrecht. Das Rote Meer sei für den internationalen Handel von entscheidender Bedeutung.

Israel: Kampf gegen iranische Achse des Terrors

Israels Ministerpräsident Netanjahu sagte, er glaube, der Gaza-Krieg sei auch ein Krieg der USA, weil diese die zivilisierte Welt anführten. Außerdem sei es auch ein Kampf gegen die iranische Achse des Terrors, die nun damit drohe, die Meerenge von Bab al-Mandeb zu schließen. Dies bedrohe die Freiheit der Schifffahrt. Netanjahu bekräftigte zugleich die Entschlossenheit seines Landes, einen „vollständigen Sieg gegen die Hamas“ in Gaza zu erringen.

Israel kämpft jedoch nicht nur im Gazastreifen, auch an seinen nördlichen Grenzen kommt es immer wieder zu Konfrontationen. So spitzt sich die Lage im Grenzgebiet zum Libanon zu.

Israels Militär warnte die dortige Hisbollah-Miliz vor einer Verschärfung der Kämpfe. „Wir sind heute näher an einem Krieg als gestern“, sagte Militärsprecher Jonathan Conricus am Montag und warf der Hisbollah eine „stetige, systematische Eskalation entlang der Grenze“ vor.

Die Schiitenmiliz, die eng mit dem Iran verbunden ist, verwickele „den Libanon in einen gefährlichen Krieg“. Eine diplomatische Lösung werde angestrebt. Sollte diese nicht erreicht werden, sei das israelische Militär bereit, „seine Fähigkeiten zu nutzen, damit israelische Zivilisten im Grenzgebiet in ihre Häuser zurückkehren können“.

Den Angaben nach wurden in den vergangenen Monaten rund 80.000 israelische Zivilisten aufgrund der Kämpfe im Norden evakuiert. Auch aus Syrien gab laut dem Militär erneut Raketenangriffe auf Israel. In Reaktion darauf griff Israel Stellungen in Syrien an.

Warnung vor „Mehrfrontenkrieg“

Auch der israelische Oppositionschef Jair Lapid warnte vor einer möglichen Ausweitung des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas auf weitere Regionen. Es gebe „mehrere Kräfte“, die Israel in einen „Mehrfrontenkrieg“ hineinziehen wollten, sagte Lapid am Montag bei einem Besuch in Berlin. Die „sensibilisierten“ Teile der israelischen Gesellschaft bemühten sich „zusammen mit den USA und europäischen Ländern, dies zu verhindern“. Insbesondere Deutschland nehme dabei „eine wichtige Rolle“ ein.

„Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir sicherstellen, dass der Krieg auf den Gazastreifen beschränkt bleibt“, sagte der ehemalige israelische Regierungschef bei einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Israel setze alles daran, den Konflikt zu begrenzen, er könne aber „jeden Augenblick explodieren“, sagte Lapid mit Blick auf den Norden Israels sowie das besetzte Westjordanland.

Neben täglichem Beschuss der pro-iranischen Hisbollah im Libanon gebe es „massive Spannungen im Westjordanland, die sowohl von der Hamas als auch von extremistischen jüdischen Siedlern angeheizt“ würden. Der Hamas sei „sehr daran gelegen, das Westjordanland in den Konflikt hineinzuziehen“, warnte Lapid.

Angesichts der zunehmenden Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen als Reaktion auf den brutalen Überfall der Hamas am 7. Oktober sagte Lapid, Teil der deutsch-israelischen Freundschaft sei ein „offener Dialog“. Mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) habe er bei seinem Besuch offen mögliche Zukunftsszenarien gesprochen. Er selbst kritisiere die israelische Regierung dafür, „keine klare Strategie für den Tag ‚danach‘ zu haben“.

Politische Lösungen gesucht

Lapid, der selbst nicht Teil der israelischen Notstandsregierung ist, betonte: „Wir brauchen keine Erlaubnis, uns selbst zu verteidigen. Dies ist der Grund, weshalb Israel gegründet wurde.“ Der Krieg seines Landes gegen die islamistische Hamas werde „so lange geführt werden, bis die Hamas zerstört ist und alle Geiseln zurück bei ihren Familien sind“, führte Lapid aus. „Solange sie nicht zu Hause sind, werden wir ein verwundetes Land sein.“

Am Montag hätten sich der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, David Barnea, und Katars Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Warschau getroffen, um einen möglichen neuen Deal auszuhandeln. Deutschlands fortgesetzte Unterstützung bei den Vermittlungsbemühungen wisse Israel „sehr zu schätzen“.

Langfristig müssten jedoch politische Lösungen auf den Tisch. Die jahrzehntelange Idee der israelischen Linken, „ein Stück Papier zu unterschreiben und dann haben wir Frieden mit den Palästinensern“, werde so „nicht funktionieren“. Denn die palästinensische Unabhängigkeitsbewegung habe sich „nie an die Präsenz von Juden in Israel angepasst“, sagte Lapid. „Was bedeutet ‚From the river to the sea‘ anderes als ethnische Säuberung von Juden aus dem israelischen Staat?“

Die israelische Rechte hingegen habe ihrerseits darauf gesetzt, den Konflikt „für immer zu bewältigen“. Diese Sicht sei jedoch am 7. Oktober „auf brutale Weise zunichte gemacht“ worden. Langfristig müsse Israel daher „einen intelligenten Weg finden, uns von den Palästinensern zu trennen“.

Dabei seien auch die internationale Gemeinschaft und gemäßigte arabische Staaten gefordert. Mit einer „gewissen Beteiligung der Palästinensischen Autonomiebehörde“ könne in dieser Zusammensetzung in Gaza „wieder eine Art von Regierungsführung möglich“ sein.

Vor dem Hintergrund einer „neuen geopolitischen Achse der Macht“ forderte Lapid zum Umdenken auf. Mit Russland und dem Iran sei die Welt mit „einer Gruppe von Ländern“ konfrontiert, „die aus sehr unterschiedlichen Gründen ein gemeinsames Ziel verfolgen – die Destabilisierung des Nahen Ostens“. Die Annahme, „den Tiger zu zähmen, also einen Dialog mit Staaten zu führen, die sich dem Bösen verschrieben“ hätten, habe sich „nicht bewährt“.

USA: Arbeiten an Geiselfreilassung

Unterdessen arbeitet die US-Regierung an einer neuen Vereinbarung zur Freilassung der Geiseln in den Händen der Hamas im Gazastreifen.

„Aber ich kann nicht sagen, dass wir an einem Punkt sind, an dem eine weitere Vereinbarung unmittelbar bevorsteht“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Ein möglicher Deal solle auch wieder Feuerpausen und humanitäre Hilfe enthalten.

Einem Medienbericht nach lotet der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad neue Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln aus. Mossad-Chef David Barnea berate mit CIA-Direktor William Burns und dem katarischem Ministerpräsidenten Abdulrahman Al Thani in Warschau, meldete die Zeitung „Haaretz“.

Kirby bestätigte die Reise des CIA-Chefs nicht und verwies auf den US-Geheimdienst.

Hamas veröffentlicht neues Geiselvideo

Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch mindestens 109 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Die Hamas gebe zudem Leichen mehrerer entführter Menschen nicht heraus.

Derweil veröffentlichte die Hamas am Montag ein neues Video von israelischen Geiseln. Auf den Aufnahmen sind drei ältere Männer zu sehen, einer davon spricht auf Hebräisch in die Kamera. Unter welchen Umständen das Video entstanden ist und wann es gedreht wurde, war zunächst unklar.

Israelischen Medienberichten zufolge waren die drei Männer aus einem Kibbutz im israelischen Grenzgebiet in den Gazastreifen verschleppt worden.

(ks/dpa/afp)



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