Warum Orbán zu einem Vorbild für konservative deutsche Politiker geworden ist

Viktor Orbán erwartet eine Renaissance der konservativen Kräfte in Europa. Der Aufstieg der AfD könnte damit im Zusammenhang stehen. Was hat Ungarns Regierung für deutsche Politiker zu bieten?
Titelbild
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bei einer Rede zum Gedenken an den 66. Jahrestag des ungarischen Aufstands gegen die sowjetische Besatzung.Foto: ATTILA KISBENEDEK/AFP via Getty Images
Von 8. August 2023

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Das am Wochenende von der AfD vorgestellte Programm der Europawahlversammlung in Magdeburg ähnelt in mehreren Punkten der Auffassung einer von Viktor Orbán initiierten rechtskonservativen Koalition. „Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zeigt, dass sich eine interessengeleitete Politik in Europa jetzt schon verwirklichen lässt. Das wollen wir auch“, sagte Parteichef Tino Chrupalla gegenüber „Euractiv.de“.

Die AfD stimmte am 6. August über das Programm für die Europawahl 2024 ab. Die Punkte ähneln dem Konzept des ungarischen Regierungschefs. Hier ein Vergleich einiger politischer Anschauungen.

Ursprünglichen Zweck der EU im Auge behalten

Nach ungarischer Auffassung sollte Europa aus souveränen Nationen bestehen. Einige Mitgliedstaaten würden jedoch versuchen, die europäischen Institutionen zu stärken und stetig mehr Befugnisse an Brüssel zu übertragen, sagte Viktor Orbán in einem Interview mit dem Magazin „Stern“ bereits im Jahr 2021.

Bei anderen Gelegenheiten hat Ungarns Regierungschef auch betont, dass sich die EU als Interessengemeinschaft auf wirtschaftliche Fragen beschränken sollte. Die EU sei eine „großartige Zollunion und Wirtschaftsgemeinschaft“. Laut Orbán sollte die zwischenstaatliche Zusammenarbeit jedoch nicht über diesen Rahmen hinauswachsen. Ähnlich sieht die AfD, wie die Partei am 6. August betonte, die EU als „Wirtschafts- und Interessenverband souveräner Staaten“.

Die Briten haben den in der EU herrschenden, starken politischen Einfluss abgelehnt, meint Orbán. Aber sie hätten durch ihren Austritt „einen großen Fehler gemacht“. Wie der ungarische Wirtschaftswissenschaftler Péter Róna erklärt, „will nämlich Orbán genau das erreichen, was die Briten geschafft haben – aber ohne die EU zu verlassen“.

„Festung Europa“

Nach Ansicht der AfD sollte die EU die Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen und bei Abschiebungen unterstützen. In Bezug auf die Migrationspolitik haben die Parteivorsitzenden das ungarische Modell von Viktor Orbán als Beispiel genannt.

Im Juli bezeichnete Orbán Ungarn auf einem Migrationsgipfel in Wien als „den einzigen migrantenfreien Ort in ganz Europa“. Der Regierungschef begründete dies mit dem rechtlichen und physischen Schutzsystem Ungarns.

Juristisch gesehen geht es darum, dass für die Einreise ein abgeschlossenes Asylverfahren mit einem positiven Bescheid erforderlich ist. „Diejenigen, die nicht auf diese Weise kommen, werden auf die andere Seite der Grenze zurückgebracht“, sagte Orbán. Er stellte dies als „das einzig praktikable Modell“ dar. Der physische Schutz besteht aus dem Grenzzaun.

Sanktionen und Russland

Beide Seiten, sowohl Ungarn als auch die AfD, fordern die sofortige Aufhebung der Sanktionen und eine Annäherung an Russland.

Viktor Orbán sprach öfter von „Brüsseler Sanktionsinflation“. Mit dem Begriff spielt er auf die seiner Meinung nach „fehlerhaften“ Sanktionen in Brüssel an, die eine Wirtschaftskrise für die Bürger in der EU verursachen würden.

Gleichzeitig erklärt der deutsch-ungarische Sicherheitsexperte Georg Spöttle, dass der Anstieg der Popularität der AfD viel mit der Wirtschaftskrise und den Auswirkungen der Sanktionen zu tun habe. Spöttle ist überzeugt, dass ein großer Teil der Wähler gerade „realisiert“, dass die hohen Lebenshaltungskosten eindeutig auf die Sanktionen und unüberlegten Umweltschutzmaßnahmen der links-liberalen Politiker zurückzuführen seien.

Warum wird Orbán vom westlichen Mainstream kritisiert?

In der Tat ist es nicht nur die AfD, die Ungarn und Viktor Orbán als eine Art Vorbild ansieht.

Kürzlich wurde der frühere FDP-Politiker Dr. Gerhard Papke vom ungarischen Portal „Hungary Today“ gefragt, was seiner Meinung nach die Ungarn als Vorbild für die Deutschen bedeuten könnten. Papke leitet seit 2019 die Deutsch-Ungarische Gesellschaft.

Seine Antwort war: „Die Ungarn hatten 1956 gezeigt, dass man eine Diktatur niemals akzeptieren darf und damit ein Zeichen der Hoffnung für ganz Europa gesetzt. Und 1989 haben die Ungarn den ersten Stein aus der Mauer gebrochen, die Deutschland geteilt hat.“ Und dies würden viele der Deutschen „den Ungarn nie vergessen“. Papke zufolge solle die aktuelle Bedeutung dieser historischen Lektion jeder für sich selbst abwägen.

Im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse wies er noch auf etwas anderes hin. Die Ungarn seien ein Volk mit einem ausgeprägten Sinn für nationales Bewusstsein. Dieses Gefühl müsse hauptsächlich deshalb so stark in ihnen sein, weil sie in ihrer tausendjährigen Geschichte „oft um das bloße Überleben kämpfen mussten“. Laut Papke „geben ihre Traditionen den Ungarn Kraft und Orientierung“. In Deutschland hingegen „versuchen die Leute seit Jahren, ihre eigene Nation als etwas Schlechtes darzustellen, weil Hitler so viel Unglück über Europa gebracht hat“.

Übertriebener, hasserfüllter Nationalismus und kosmopolitischer Nationalismus seien jedoch ganz unterschiedliche Dinge, so Papke. Er warnt davor, dass „die linken Parteien in Deutschland diese Unterscheidung bewusst verwischen und jeder, der sich offen zu seiner Heimat bekennt, im Verdacht steht, ein Rechtsradikaler zu sein“.

Dieses Phänomen ist laut Papke auch „die Ursache für die Angst mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Orbán“, die im linksliberalen Denken und in den Mainstream-Medien heute so vorherrschend sei.



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