AfD-Klage: Bundesverfassungsgericht fordert Gesetz zur Förderung parteinaher Stiftungen

Es verletze die Chancengleichheit, der AfD-nahen Stiftung DES die Förderung per Haushaltsbeschluss zu verweigern, sagt das BVerfG. Ein Gesetz sei nötig.
Erika Steinbach ist die Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Erika Steinbach ist die Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.Foto: Uli Deck/dpa
Von 22. Februar 2023

Pro Jahr fließen mehr als 600 Millionen Euro an die sogenannten parteinahen Stiftungen. Diese widmen sich politischer Bildung, dem Aufbau von Archiven, der Pflege von Auslandskontakten oder der Vergabe von Stipendien. Die der AfD nahestehende „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ (DES) erhält bislang keine Mittel aus dem Bundeshaushalt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe hat am Donnerstag, 22. Februar, entschieden, dass die bisherige Praxis die Chancengleichheit verletzt.

AfD als „dauerhaft ins Gewicht fallende politische Grundströmung“

Bisher hat der Bundestag per Haushaltsbeschluss entschieden, welche parteinahen Stiftungen wie viel an Fördermitteln aus den dafür vorgesehenen Etatposten erhält. Für dieses Jahr sieht beispielsweise der Etat des Bundesinnenministeriums 148 Millionen Euro an Globalzuschüssen für die politische Bildung vor. Die übrigen Mittel kommen aus den Ministerien für Entwicklung und Bildung sowie dem Auswärtigen Amt.

Bis dato hat der Bundestag die Kriterien für die Gewährung der Förderung selbst definiert – teils in Abstimmung mit den parteinahen Stiftungen selbst. Teils hat auch das Bundesverfassungsgericht Leitlinien aufgestellt. So urteilte Karlsruhe im Jahr 1986, dass „alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt“ sein müssten.

Von den Stiftungen selbst kam 1998 der Vorschlag, eine „wiederholte Vertretung“ einer Partei im Bundestag – zumindest in Fraktionsstärke – als Anhaltspunkt für die Dauerhaftigkeit zu definieren.

Bloßer Haushaltsbeschluss reicht nicht mehr aus

Als die AfD die DES auf ihrem Bundesparteitag 2018 offiziell als parteinahe Stiftung anerkannt hatte, war sie zum ersten Mal im Bundestag vertreten. Die übrigen Parteien verweigerten dieser die Mittel für das Haushaltsjahr 2019 unter Bezugnahme auf das Kriterium der wiederholten Vertretung.

Im Jahr 2021 zog die AfD jedoch erneut in den Bundestag ein. Damit wären die bislang etablierten formalen Gepflogenheiten für eine Gewährung der Fördermittel erfüllt gewesen. Im Zuge des Haushaltsbeschlusses für 2022 fügte der Bundestag einen Vermerk an. Diesem zufolge sei eine Förderung bei Zweifeln an der Verfassungstreue nicht vorgesehen.

Wie die „Tagesschau“ berichtet, hat das Bundesverfassungsgericht nun das bisherige Vorgehen beanstandet. Es stelle keine ausreichende Grundlage dar, um Fördermittel zu gewähren oder zu verweigern. Es bedürfe vielmehr eines eigenen Bundesgesetzes, das eindeutige Kriterien formulieren müsse, um den Anspruch auf Förderung zu begründen – oder auszuschließen.

Verfassungstreue-Vorbehalt im neu zu schaffenden Bundesgesetz denkbar

Das BVerfG hat vorerst nur über den Teil der Klage der AfD abgesprochen, der das Haushaltsjahr 2019 betraf. Über jenen Teil, der die Förderung für 2022 betrifft, will das Höchstgericht gesondert entscheiden.

Ob die AfD-nahe DES am Ende tatsächlich die begehrten Fördermittel erhalten wird, bleibt offen. Bis dato gibt es bereits Stiftungsgesetze auf Landesebene, die als mögliche Vorbilder für das nun geforderte Bundesgesetz gelten können. Diese gelten hauptsächlich für Stiftungen im Rechtssinn. Demgegenüber sind bedeutende parteinahe Stiftungen wie die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) oder die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) auf Vereinsbasis organisiert.

Allerdings gibt es bezüglich der inhaltlichen Voraussetzungen für Tätigkeit und Förderung einer Stiftung bereits Rechtsprechung. So etwa jene des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1998. Damals verweigerte das Land Nordrhein-Westfalen den Republikanern die Genehmigung einer „Franz-Schönhuber-Stiftung“.

In dem Urteil hieß es, dass beispielsweise eine durch diese zu befürchtende Gemeinwohlgefährdung der Gleichstellung mit einer bestehenden parteinahen Stiftung entgegenstünde. Eine solche sei jedenfalls bei einer Gefährdung von Verfassungsrechtsgütern durch die geplante Stiftung anzunehmen.

AfD hofft auf jährliche Fördermittel von 80 Millionen Euro für die DES

Diesem Grundsatz entsprechend könnte auch im jetzt zu schaffenden Bundesgesetz zur Förderung parteinaher Stiftungen ein solcher Vorbehalt verankert werden. Das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutet an, dass ein Ausschluss politischer Stiftungen per Gesetz bei Zweifel an der Verfassungstreue möglich sei.

Die Vorsitzende der DES, Erika Steinbach, beteuerte bei der Verhandlung im Oktober, von der Stiftung gehe „garantiert auf gar keinen Fall“ verfassungsfeindliches, antisemitisches und menschenverachtendes Gedankengut oder Rassismus aus.

Anders sehen das Einrichtungen wie die „Bildungsstätte Anne Frank“ oder das „Deutsche Institut für Menschenrechte“. Sie halten eine Förderung der DES für rechtlich nicht geboten und politisch gefährlich. Insbesondere befürchten sie Rückenwind für Geschichtsrevisionismus oder Bestrebungen, die gegen verfassungsmäßige Rechte oder die Menschenwürde gerichtet sind.

Die AfD ist der Ansicht, dass der DES für 2022 fast acht Millionen Euro und für 2023 fast zwölf Millionen Euro zustehen. Perspektivisch verspricht sie sich jährliche Fördermittel von 80 Millionen Euro.

(Mit Material der dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion