Aktienrente ist für Wagenknecht „Casino-Rente“ – Ruf nach Volksentscheid

Die Minister Lindner und Heil haben am Dienstag den Generationenfonds zur Stabilisierung der Rente vorgestellt. An der sogenannten Aktienrente gibt es heftige Kritik. Während Sahra Wagenknecht sie für spekulativ hält, bemängeln andere eine offene Steigerung der Beiträge.
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Finanzminister Christian Lindner (r.) und Arbeitsminister Hubertus Heil.Foto: Axel Heimken/AFP via Getty Images
Von 6. März 2024

Auf reichlich Gegenwind stößt das sogenannte Rentenpaket II, das die Bundesminister für Finanzen, Christian Lindner, und Soziales, Hubertus Heil, am Dienstag, 5. März, vorgestellt haben. Kern des Vorhabens ist das, was die Minister als „Aktienrente“ bezeichnen. Diese stößt auf heftige Kritik von unterschiedlichen Seiten – von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht bis hin zu Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger.

Aktienrente ist keine – der Kapitalstock soll nur die Bundeszuschüsse finanzieren

Tatsächlich erscheint der Begriff „Aktienrente“ angesichts des vorgelegten Konzepts als wenig präzise. Es soll im umlagefinanzierten deutschen Rentensystem künftig einen Faktor geben, der Elemente der Kapitaldeckung beinhaltet.

Allerdings handelt es sich nicht um die Rente selbst oder auch nur um einen Teil davon, die aus den Erträgen des Kapitalstocks bezahlt würden. Was als Kapitalstock angespart werden soll, soll Grundlage des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung sein. Dieser soll sicherstellen, dass das derzeitige Rentenniveau von 48 Prozent aufrechterhalten bleibt.

Der Bund selbst soll das Geld auf dem Aktienmarkt anlegen, erfolgen soll dies über den „Kenfo“. Dabei handelt es sich um den „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“. Die Verwaltung obliegt einer Stiftung. Diese kümmert sich jetzt um den Fonds zur Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung von Atommüll.

Der Kenfo hatte dem ZDF zufolge 2022 einen Verlust in Milliardenhöhe zu verzeichnen. Allerdings habe er im Vorjahr wieder 11,1 Prozent Rendite gemacht, so Minister Lindner. Strategisch soll die Stiftung für die Aktienrente nach ESG-Bestimmungen anlegen – etwas, was viele US-Bundesstaaten ihren Rentenfonds per Gesetz untersagen.

Kapitalstock für Stabilisierung der Rente über Darlehen finanziert

Die erste Zahlung in Höhe von zehn Milliarden Euro sollte bereits 2023 erfolgen, wurde dann jedoch unter dem Eindruck der Haushaltskrise verschoben. Der Fonds soll bis Mitte der 2030er-Jahre ein Volumen von 200 Milliarden Euro erreichen.

Aus den Erträgen des Fonds sollen jährlich im Schnitt zehn Milliarden als Zuschuss an die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Dies soll das Rentenniveau, vor allem die Beitragshöhe zur gesetzlichen Rentenversicherung stabilisieren.

Um das Ansparen des Kapitalstocks zu ermöglichen, will der Bund bis 2028 Vermögenswerte des Bundes veräußern und so bis zu 15 Milliarden Euro beisteuern. Angedacht ist unter anderem die Veräußerung von Aktien von Bundesbeteiligungen.

Den Hauptteil des Kapitalstocks will der Bund jedoch über ein Darlehen finanzieren. Kredite aufzunehmen, um Aktien zu kaufen, ist eine Vorgehensweise, die unter seriösen Finanzberatern als absolutes No-Go gilt.

Warum sind Altersbezüge in Österreich höher?

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht nennt die geplante Aktienrente eine „Casino-Rente“. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur wirft sie der Ampel „Planlosigkeit in der Rentenpolitik“ und „Zocken mit der Alterssicherung der Bürger“ vor.

Offenbar inspiriert von der jüngsten Volksabstimmung über eine 13. AHV-Rente in der Schweiz fordert Wagenknecht eine Volksabstimmung über die Rente auch für Deutschland. Das deutsche Rentensystem sei „eines der schwächsten in Europa“, betont die Bundestagsabgeordnete. Deshalb sollten die Bürger entscheiden zwischen „Casino und Österreich“. Im Nachbarland seien die Renten im Schnitt um 800 Euro höher als hier.

Tatsächlich sind die gesetzlichen Renten in Österreich deutlich höher als in Deutschland. Allerdings gibt es im Rentensystem auch einige grundlegende Unterschiede. So ist die Mindestversicherungszeit bis zur Möglichkeit des Bezugs irgendeiner Form staatlicher Rente in Österreich – einschließlich Berufsunfähigkeits- oder Hinterbliebenenrente – mit 15 Jahren um zehn Jahre länger als in Deutschland.

Dazu kommt ein durchschnittlicher Rentenbeitrag von 22,8 Prozent am Bruttolohn, was deutlich höher ist als in Deutschland. Im Gegenzug hat Österreich keine gesetzliche Pflegeversicherung und geringere Krankenversicherungsbeiträge. Vor allem jedoch ist die demografische Struktur in Österreich mit 3,4 Rentenzahlern zu einem Rentenempfänger günstiger als in Deutschland mit 2,9 zu 1. Auch der Anteil der Beitragszahler im Erwerbsalter ist mit 71 Prozent höher, weil auch Beamte und Selbstständige pflichtversichert sind. In Deutschland sind es 64 Prozent.

Geburtenstarke Jahrgänge gehen schon jetzt in Rente

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, und Rentenexperte Bert Rürup sind sich darüber einig, dass die Aktienrente viel zu spät komme. Bentele weist darauf hin, dass bereits in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Boomer aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden. Eine Aktienanlage lohne sich demgegenüber „erst nach etwa 30 Jahren“.

Auch Rürup betont, dass es nicht möglich sein werde, die Rentner vor den Folgen der Alterung der Bevölkerung zu schützen. Er plädiert für die Wiedereinführung des sogenannten Nachhaltigkeitsfaktors. Dieser berücksichtigt unter anderem Lebenserwartung und das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Zahlern zu Empfängern von Renten.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger wirft der Ampel vor, ihr Rentenpaket wolle „die Kosten des demografischen Wandels komplett auf die Beitragszahler abwälzen“. Um das heutige Leistungsniveau halten zu können, würde eine nach oben offene Steigerung der Beiträge in Kauf genommen. Gegenüber „t-online“ äußert der Verbandschef:
„Erneut werden Leistungen versprochen, die langfristig nicht finanzierbar sind.“



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