Arbeitsagentur bestätigt: „Zweitfrauen“ von Ortskräften können Antrag auf Bürgergeld stellen

Obwohl polygame Ehen in Deutschland nicht anerkannt sind, steht „Zweitfrauen“ sogenannter Ortskräfte unter bestimmten Umständen Familiennachzug zu. In weiterer Folge können sie auch Bürgergeld beziehen. Es geht bislang um wenige Fälle.
Eine Frau läuft in Kabul an einem bewaffneten Taliban-Kämpfer vorbei. Laut Amnesty International verschlechtert sich die Menschenrechtslage in Afghanistan rapide.
Auch „Zweitfrauen“ sogenannter Ortskräfte in Afghanistan können seit der Machtübernahme der Taliban (siehe Bild) unter bestimmten Umständen nach Deutschland nachziehen – und Bürgergeld beantragen.Foto: Ebrahim Noroozi/AP/dpa
Von 17. Dezember 2023

Mehrehen, wie sie in manchen islamischen Ländern noch zugelassen sind, haben in Deutschland grundsätzlich keine Gültigkeit. Dennoch gibt es wenige Einzelfälle, in denen „Zweitfrauen“ ein Recht auf Familiennachzug geltend machen können – und ihnen beim Erfüllen der Voraussetzungen auch Bürgergeld zusteht. Dies hat die Bundesagentur für Arbeit nun gegenüber dem Onlineportal „NIUS“ bestätigt.

Antrag auf Bürgergeld gemäß gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen geprüft

Bereits im September hatte die „Westfalenpost“ darüber berichtet, dass zwei sogenannten Ortskräften, die in Afghanistan für die deutsche Regierung tätig gewesen waren, der Nachzug genehmigt wurde. Das Ausländeramt im Hochsauerlandkreis hatte den Sachverhalt bestätigt.

In einem Fall lebt einer der Afghanen mit einer seiner Frauen und drei Kindern zusammen. Seine „Zweitfrau“ lebt mit sieben weiteren gemeinsamen Kindern in einer gesonderten Wohnung. Die Bundesregierung hat die Zusammenführung genehmigt. Auf Nachfrage von „NIUS“ erklärte die Bundesagentur für Arbeit nun:

„Die Zweitfrau kann natürlich für sich selbst einen Bürgergeldantrag stellen. Dann werden die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen und die Hilfebedürftigkeit für sie geprüft.“

Im anderen Fall lebt ein Ehemann mit zwei Ehefrauen und neun Kindern zusammen. Eines der Kinder ist in Deutschland geboren. Da die Ehe mit dessen Mutter in Deutschland jedoch nicht anerkannt sei, könne es keine Geburtsurkunde erlangen.

Jährliche Kosten von bis zu 190.000 Euro für zwei Familien?

Einer dazu ergangenen Kleinen Anfrage aus der AfD-Landtagsfraktion NRW zufolge sollen sich die Kosten für die Versorgung beider Familien jährlich auf etwa 180.000 Euro belaufen. Im kommenden Jahr sollen es 190.000 Euro werden. Dies ergebe sich aus Berechnungen, die eine Kolumnistin in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Jobcenters aufgestellt habe. Eine Antwort der Landesregierung steht noch aus.

Im Rahmen des sogenannten Ortskräfte-Programms versieht der Bund Afghanen, die als solche anerkannt sind, mit Ausnahme-Visa. Dies hat zur Folge, dass die Aufgenommenen keine Asylanträge stellen müssen. Bezüglich des Familiennachzugs gelten jedoch die allgemeinen Regeln für subsidiär Schutzberechtigte.

Grundsätzlich ist Bigamie in Deutschland strafbar und auch durch privatrechtliche Vorschriften nicht legitimiert. Außerdem schließt Paragraf 30 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz einen Familiennachzug in einem solchen Fall aus.

Bei subsidiär Schutzberechtigten besteht kein automatischer Anspruch

Darüber hinaus sind auch Bedarfsgemeinschaften im Sinne des SGB II auf engste Familienmitglieder beschränkt. Ähnliches gilt für sogenannte Haushaltsgemeinschaften, in denen Personen leben, die miteinander verwandt oder verschwägert sind. Bloße Wohngemeinschaften – und faktisch würden bereits Verheiratete mit „Zweitfrauen“ eine solche bilden, stellen keine Bedarfsgemeinschaften dar.

Allerdings folgt der Anspruch auf Familiennachzug in Fällen wie diesem nicht dem Ehepartner, sondern den minderjährigen Kindern. Bei Volljährigen ist ein Elternnachzug nur in besonderen Härtefällen möglich.

Es handelt sich im Fall von subsidiär Schutzberechtigten gemäß dem „Familiennachzugsneuregelungsgesetz“ von 2018 um eine „Kann“-Bestimmung. Anders als im Fall des „Familienasyls“ anerkannter Asylsuchender besteht auch bei unbegleiteten minderjährigen Kindern kein vorbehaltloser Anspruch auf Nachzug.

„Zweitfrau“ muss eigenen Antrag auf Bürgergeld stellen

Allerdings sind dabei das Kindeswohl und humanitäre Erwägungen besonders zu berücksichtigen. Insbesondere, wenn ein lediges minderjähriges Kind betroffen ist, bleibt ein Spielraum für die Verwehrung des Nachzugs leiblicher Eltern gering. Das Gesetz selbst spricht von maximal 1.000 Visa, die monatlich auf dieser Grundlage erteilt werden können.

Einen Antrag auf Bürgergeld muss die „Zweitfrau“ in eigenem Namen und für alle Mitglieder des ihr zugeordneten Haushalts stellen. Zu sogenannten Gefährdern ist ein Familiennachzug aufgrund der Neuregelung ausgeschlossen. Gleiches gilt für Personen, die zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufrufen, einen verbotenen Verein leiten oder sich zur Verfolgung politischer und religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligen.

Bezüglich der sogenannten Ortskräfte hatte Deutschland nach der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan im August 2021 Hilfe zugesagt. Personen, die aufgrund ihrer Tätigkeit für Deutschland während des vorhergehenden NATO-Einsatzes tätig waren, sollen so Schutz vor Racheakten erfahren.



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