Arbeitsagentur: Ukrainer müssen mit Sanktionen rechnen wie jeder andere Bürgergeldempfänger

Epoch Times im Gespräch mit der Bundesagentur für Arbeit über die Arbeitsbereitschaft von knapp einer halben Million arbeitsfähiger Ukrainer. Wird hier auch sanktioniert und wer ist real verfügbar?
2022 nahmen 481.000 Menschen, die Bürgergeld bekommen haben, einen Job im ersten Arbeitsmarkt auf.
Bundesagentur für Arbeit.Foto: Sina Schuldt/dpa
Von 22. Dezember 2023

Das Bürgergeld soll im kommenden Jahr um 12 Prozent erhöht werden. Eine Nachricht, die eine Debatte eröffnet hat, befeuert etwa vom Tübinger Ex-grünen Oberbürgermeister Boris Palmer, der seine Daten in den Bürgergeldrechner eingegeben und schockiert war, wie viel Geld er bekäme.

Auch die Debatte um Ukrainer, die Bürgergeld beziehen, wurde auf diesem Weg losgetreten. Zuletzt nannte Finanzminister Christian Lindner in einer Pressekonferenz die Zahl von 700.000 ukrainischen Staatsbürgern, die Sozialleistung bekämen, von denen allerdings 480.000 erwerbsfähig seien. Die Bürgergeld-Ausgaben für diese Gruppe würden im Etat des Bundes „im nächsten Jahr mit 5,5 bis 6 Milliarden Euro zu Buche“ schlagen, so Lindner weiter.

Parallel hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesarbeitsagentur berichtet, dass die Erwerbstätigkeit ukrainischer Geflüchteter ein Jahr nach Ankunft auf 28 Prozent steige. Zu wenig, zu schleppend oder genug und zufriedenstellend?

Wollen die Empfänger überhaupt arbeiten?

Eine wichtige Frage bei Bürgergeld, die im Übrigen nicht nur ukrainische Leistungsempfänger betrifft: Wollen die Empfänger überhaupt arbeiten? Epoch Times spricht dazu mit einer Pressereferentin der Arbeitsagentur. Sie schreibt:

„Die aus der Ukraine geflüchteten Menschen, überwiegend Frauen mit Kindern, bringen gute Voraussetzungen mit, um erfolgreich auf dem deutschen Arbeitsmarkt anzukommen und nachhaltige Beschäftigungen zu finden. Sie verfügen zu mehr als 80 Prozent über ukrainische Berufsabschlüsse und Berufserfahrung und sind relativ jung. Dennoch braucht ein Berufseinstieg Zeit. Die Erwerbsabsichten der geflüchteten Ukrainer sind nach den Erkenntnissen des IAB im Übrigen auch sehr hoch. Klar ist aber auch: wenn sich Menschen nicht an die Regeln halten und Pflichten verletzen, haben wir gesetzliche Regelungen. Diese gelten generell für alle Kundinnen und Kunden, Menschen aus der Ukraine sind davon nicht ausgenommen.“

Bislang hieß es, dass es keinen Leistungsbetrug bei Ukrainern gibt – jetzt erhöhen sie die Kontaktdichte. Dient das auch dazu, Leistungsbetrug aufzudecken?

„Eine höhere Kontaktdichte nach Abschluss des Integrationskurses soll die Menschen bei einer qualifizierungsadäquaten Arbeitsaufnahme unterstützen. Sollte die Beschäftigung unterhalb des Qualifizierungsniveaus liegen, wird die berufsbegleitende Förderstrategie im gemeinsamen Kooperationsplan festgehalten. Falls die Jobcenter bei der erhöhten Kontaktdichte im Einzelfall Leistungsbetrug z. B. durch unangemeldete längere Abwesenheiten wegen Aufenthalts in der Heimat feststellen, greifen die Regelungen zur Ortsabwesenheit bis hin zum Leistungsausschluss und der totalen Aberkennung der Leistungen. Bei den Terminen geht es jedoch vorrangig um Vermittlungsaktivitäten, Aktivierung und die Begleitung im Bewerbungsprozess.“

Müssen die Geflüchteten die Arbeitsangebote annehmen? Werden sie sanktioniert, wenn sie sie nicht annehmen?

„Geflüchtete unterliegen den gleichen Regelungen wie alle Beziehenden von Bürgergeld: Eine generelle Verpflichtung zur Arbeitsaufnahme bzw. Maßnahmenteilnahme ist nicht möglich. Erwerbsfähige Bürgergeldbeziehende müssen zwar jede zumutbare Arbeit aufnehmen bzw. an jeder zumutbaren Maßnahme teilnehmen. Dies kann aber z.B. aufgrund von Kindererziehung oder der Pflege eines Angehörigen vorübergehend auch nicht zumutbar sein. Lehnen Bürgergeldbeziehende eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne wichtigen Grund ab (sogenannte Pflichtverletzung) oder erscheinen ohne wichtigen Grund nicht zu vereinbarten Terminen (sogenanntes Meldeversäumnis), dann müssen sie mit einer Minderung des Bürgergeldes rechnen.“

Viele ukrainische Geflüchtete kehren in Ihre Heimat zurück. Wie prüfen Sie bei bereits bewilligten Leistungen den Aufenthalt in Deutschland?

„Abwesenheiten leistungsbeziehender Personen bleiben nicht unbemerkt, denn ein Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs muss vom betreuenden Jobcenter genehmigt werden. Alle Personen, die Bürgergeld beziehen, vereinbaren mit ihrer Integrationsfachkraft außerdem die nächsten Schritte auf dem Weg in Ausbildung oder Arbeit, z. B. die Teilnahme an einer Maßnahme. Nimmt jemand z. B. an den vereinbarten Maßnahmen – etwa an einem Integrationskurs – nicht teil oder erscheint ohne Entschuldigung nicht zum Meldetermin und kann ansonsten nicht erreicht werden, kann das Jobcenter die Leistungen im Zweifel einstellen. Das wird immer im Einzelfall geprüft.“

Gibt es bei Ihnen Erkenntnisse dazu, dass Geflüchtete sich nur kurzfristig in Deutschland aufhalten, um Ihre Leistungen abzuholen und sich im Übrigen in der Ukraine aufhalten?

„Ein systematischer Leistungsmissbrauch ist der Bundesagentur für Arbeit für diese Fallgruppe nicht bekannt. Die Bundesagentur für Arbeit hat auch keine Informationen über einen „Sozialtourismus“ nach Deutschland. Allerdings stellten die Jobcenter im letzten Jahr fest, dass es nicht allen Ukrainerinnen und Ukrainern bewusst ist, dass sie sich für Heimfahrten bzw. (befristeter) Rückkehr in ihr Heimatland im Jobcenter abmelden müssen. Wenn die Abwesenheit bekannt wird, werden die notwendigen Schritte inklusive Prüfung des Leistungsmissbrauchs vorgenommen. Präventiv wurde Kontakt zu Vereinen und Organisationen aufgenommen, die Ukrainerinnen und Ukrainer informieren und beraten, um hier auf die Pflichten und Rechtsfolgen zu erläutern.“

Epoch Times hat zusätzlich um Zahlen gebeten, betreffend der Häufigkeit solcher Maßnahmen verbunden mit der Frage, ob bisher schon Leistungen gestrichen wurden aufgrund etwa eines Mangels an Mitarbeit. Am Donnerstagvormittag antwortet die Arbeitsagentur per E-Mail:

„Leistungsminderungsgründe liegen der BA-Statistik nur für die neu festgestellten Leistungsminderungen vor – jedoch können wir diese nicht nach Staatsangehörigkeit differenzieren.“



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