Lindner: „Grundleistungen“ für Asylbewerber runterfahren – Stand der Parteien zur Migration

Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) fordern eine deutliche Absenkung der Sozialleistungen für Flüchtlinge – unter engen Voraussetzungen auch „quasi auf ‚null‘“.
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Migranten an der Küste von Griechenland, Oktober 2021. Viele davon wollen nach Deutschland.Foto: DIMITRIS VOUCHOURIS/Eurokinissi/AFP via Getty Images
Epoch Times29. Oktober 2023

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann fordern deutlich geringere Sozialleistungen für Migranten und Flüchtlinge. „Unter ganz besonders engen Voraussetzungen wäre sogar eine Absenkung von Leistungen quasi auf ’null‘ denkbar“, schrieben die FDP-Politiker in der „Welt am Sonntag“.

Damit sollten weniger Anreize für irreguläre Migration geboten werden. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch warnte vor einer „rhetorischen Eskalation“ in der Migrationsdebatte.

Grundleistungen senken

Lindner und Buschmann fordern, etwa die „Grundleistungen“ für Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen zu senken. Die anschließenden „Analogleistungen“, die höher liegen und bisher nach einer Übergangszeit von 18 Monaten gezahlt werden, sollen die Betroffenen nach dem Willen der beiden Minister erst deutlich später erhalten.

„Fakt ist, dass zu viele Menschen nach Deutschland kommen, die auf den Sozialstaat angewiesen sind“, heißt es in dem Gastbeitrag weiter. Die steigenden Zahlen von Migranten ohne eigene Unterhaltsfähigkeit seien „Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das politische Spektrum immer weiter radikalisieren“, mahnen die Minister. „Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen der liberalen Demokratie nimmt ab.“

„Quasi auf ‚null‘ senken“

„Zu den Pull-Faktoren in Deutschland gehört auch das Niveau der Sozialleistungen“, schreiben Lindner und Buschmann. „In der Vergangenheit sind hier viele Debatten mit pauschalen Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgeblockt worden.“ Die Spielräume für Anpassungen seien aber „möglicherweise größer, als viele meinen“.

Eine Absenkung der Leistungen „quasi auf ’null'“ schlagen Lindner und Buschmann bei Menschen vor, „denen humanitärer Schutz in dem für sie nach den Dublin-Regeln zuständigen EU-Staat zusteht, die sich aber weigern, den Schutz dort in Anspruch zu nehmen“.

In diesen Fällen wäre es denkbar, „die Leistung auf die Erstattung der notwendigen Reisekosten in den zuständigen Staat abzusenken“.

Grüne: Probleme pragmatisch lösen

Die Grünen warnen die FDP vor einer weiteren Verschärfung des Tons in der Migrationsdebatte. „Wir erleben derzeit einen Wettlauf rhetorischer Eskalation aus verschiedenen Richtungen“, sagte Bundestagsfraktionsvize Andreas Audretsch dem Berliner „Tagesspiegel“ vom Sonntag. „Das hilft nicht weiter.“ Es gehe darum, „Probleme pragmatisch zu lösen, statt zu polarisieren“.

Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Audretsch warnte angesichts des Gastbeitrags der Minister vor einer weiteren Verschärfung des Tons in der Migrationsdebatte. „Wir erleben derzeit einen Wettlauf rhetorischer Eskalation aus verschiedenen Richtungen“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“ vom Sonntag. „Das hilft nicht weiter.“ Es gehe darum, „Probleme pragmatisch zu lösen, statt zu polarisieren“.

Audretsch forderte stattdessen mehr Geld für die Kommunen, um in Infrastruktur, Bildung, Kitas und Wohnungen zu investieren. Arbeitsverbote für Geflüchtete müssten fallen; außerdem würden „gute Migrationsabkommen“ gebraucht, damit Menschen die „tödliche Flucht über das Mittelmeer erst gar nicht antreten müssen“.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ mit Blick auf die vom Bundeskabinett bereits gebilligte Verschärfung der Abschiebe-Regelungen: „Wir leben in einem Rechtsstaat. Das bedeutet: Wer Schutz braucht, der muss Schutz bekommen. Wer ausreisen muss, der muss ausreisen.“ Der beste Weg, damit das gelinge, seien Migrationsabkommen.

SPD: Fokus auf Freiwilligkeit der Gemeinden legen

Die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan, warnte davor, in der Asylpolitik den Fokus zu sehr auf Abschiebungen zu legen.

Schwan sprach sich im Sender NDR Info stattdessen für mehr finanzielle Anreize für Kommunen aus, die freiwillig Geflüchtete aufnehmen. Ähnlich wie beim Inklusionsgesetz könnten Kommunen zu den Integrationskosten für Geflüchtete noch einmal finanzielle Mittel in gleicher Höhe erhalten – als Belohnung für zusätzliche Anstrengungen.

Olaf Scholz bat CDU um Mitwirkung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) in einem Brief um Mitwirkung in der Migrationspolitik gebeten. „Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass die Bundesregierung, die Länder und die Opposition gemeinsam zu Vereinbarungen kommen, um die irreguläre Migration nach Deutschland spürbar zu reduzieren“, schrieb der Kanzler vergangene Woche in einem Brief an den CDU-Chef.

„Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwarten zu Recht, dass die Zahl derjenigen schnell und deutlich sinkt, die ohne Aussicht auf ein Bleiberecht zu uns kommen.“ Für ihn sei es „sehr wichtig“, dass Bund und Länder bei dem bevorstehenden Spitzentreffen am 6. November „zu konkreten Verabredungen“ in der Migrationspolitik kommen, betonte der Kanzler. Das gemeinsame Papier der Länderchefs von ihrem Treffen Mitte Oktober biete „einen guten Anknüpfungspunkt dafür“.

Viele der dort von den Ländern vereinbarten Maßnahmen „finden sich ebenfalls in dem Papier Ihrer Fraktion wieder, so etwa zur Nutzung von Geldkarten statt Barzahlungen, zu vermehrten Sachleistungen für Asylantragsteller oder zu gemeinnützigen Diensten“, schrieb Scholz an Merz. „Ich unterstütze diese Vorschläge ausdrücklich.“

Der Kanzler dankte dem CDU-Chef in dem Schreiben für die „Bereitschaft, konstruktiv mit der Bundesregierung beim Thema irreguläre Migration zusammenzuarbeiten“.

CDU warf Kanzler zögerliches Handeln vor

Merz hatte den Kanzler in den vergangenen Wochen wiederholt aufgefordert, konkrete Vorschläge für ein gemeinsames Vorgehen in der Migrationspolitik zu machen. Der CDU-Chef bezog sich dabei auf das Angebot des Kanzlers vom September, gemeinsam mit der Union einen „Deutschland-Pakt“ zur Modernisierung des Landes zu schmieden. Seitdem hatte Merz wiederholt beklagt, der Kanzler lasse seinem Angebot an die Opposition keine Taten folgen.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein zu zögerliches Handeln in der Migrationspolitik vor. „Der Kanzler redet seit Wochen, seit Monaten – es passiert konkret nichts“, sagte Linnemann. Es sei jetzt 50 Tage her, dass Scholz der Opposition die Zusammenarbeit in der Migrationspolitik angeboten habe. „Er will mit uns zusammenarbeiten, aber in Wahrheit macht er es nicht.“

Jens Spahn sprach sich dafür aus, „irreguläre Migrationsbewegungen“ gegebenenfalls „mit physischer Gewalt“ aufzuhalten. „Der entscheidende Schlüssel ist nicht die Rückführung, sondern die Begrenzung irregulärer Migration“, sagte Spahn dem Nachrichtenportal „The Pioneer“ am Dienstag.

In erster Linie müsse die Begrenzung illegaler Migration an den EU-Außengrenzen zentraler Bestandteil einer Migrationsstrategie sein und nicht das Abschieben. Gegebenenfalls müsse man „mit physischer Gewalt irreguläre Migrationsbewegungen aufhalten“, sagte Spahn laut „The Pioneer“.

Demnach geht Spahn davon aus, dass die EU-Außengrenzen irgendwann geschlossen werden. „Die Grenze wird früher oder später geschlossen. Ob in fünf oder in 15 Jahren, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber es wird passieren.“

(afp/dts/ks)



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