Bundestag live ab 11:40: Regelungen zur geziel­ten Einwan­derung in den deut­schen Arbeits­markt

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Das Parlament diskutiert über Fachkräftezuwanderung.Foto: Stephanie Pilick/dpa
Epoch Times7. Juni 2019

Der Bundestag stimmt am Freitag, 7. Juni 2019, nach einstündiger Aussprache über den Entwurf der Bundesregierung für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz (19/8285) sowie über einen Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Einwanderungspolitik (19/6542), über einen Antrag der FDP-Fraktion (19/9924) sowie über zwei Anträge der Fraktion Die Linke (19/905219/9855) ab.

Dazu hat der Ausschuss für Inneres und Heimat eine Beschlussempfehlung (19/10714) vorgelegt. Über den Regierungsentwurf wird namentlich abgestimmt. Abgestimmt wird darüber hinaus über einen weiteren Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung (19/8286) und über einen Antrag der Grünen (19/6541). Auch dazu legt der Innenausschuss eine Empfehlung (19/10707) vor.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz will die Bundesregierung „eine gezielte und gesteuerte Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt“ regeln, der nicht nur für Hochqualifizierte offen sein soll. Ausländer aus Nicht-EU-Staaten, die einen Arbeitsvertrag und eine anerkannte Qualifikation wie ein Hochschulstudium oder eine qualifizierte Berufsausbildung vorweisen können, sollen nach der Neuregelung künftig auch in Deutschland in den entsprechenden Berufen arbeiten können. Die bisherige Beschränkung auf „Engpassberufe“, die besonders vom Facharbeitermangel betroffen sind, soll künftig entfallen.

Auch auf die sogenannte Vorrangprüfung, ob nicht auch Deutsche oder andere Bürger der Europäischen Union für eine Stelle infrage kommen, soll bei Fachkräften im Grundsatz verzichtet werden. Dies soll nach dem Willen der Bundesregierung allerdings mit der Möglichkeit verbunden werden, die Vorrangprüfung bei Veränderungen des Arbeitsmarktes kurzfristig wieder einführen zu können.

Eine ausländische Fachkraft aus Staaten außerhalb der EU soll zudem eine Aufenthaltserlaubnis für maximal sechs Monate erhalten können, um sich bei adäquaten Deutschkenntnissen einen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz suchen zu können. Auch Absolventen deutscher Schulen sowie Inhaber eines ausländischen Schulabschlusses, der in Deutschland zu einem Hochschulzugang berechtigt, sollen zur Arbeitsplatzsuche befristet einreisen können.

Gesetzentwurf der Grünen

Die Grünen wollen mit ihrem Gesetzentwurf die bestehenden Regelungen der Arbeitskräfteeinwanderung durch ein Einwanderungsgesetz liberalisieren, systematisieren und vereinfachen. Der Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit werde erleichtert und auch für Asylbewerber sowie Geduldete geöffnet, schreibt die Fraktion. Das gegenwärtige, an den Nachweis eines Arbeitsangebots gebundene und daher nachfrageorientierte Arbeitsmigrationsrecht solle „durch die Chance der Angebotsorientierung (,Punktesystem‘) ergänzt“ werden, also um die Möglichkeit für Arbeitskräfte zur Arbeitsplatzsuche vor Ort.

Das Einwanderungsgesetz solle zudem „die Bildungsmigration zu einem echten migrationspolitischen Schwerpunkt“ ausbauen. Die Möglichkeiten, in Deutschland zu studieren oder einen qualifizierten Berufsabschluss im Rahmen der Aus- und Weiterbildung zu machen, sollen demnach durch Rechtsansprüche rechtssicher ausgestaltet werden.

Zentrales Element dieses Gesetzes sei drittens eine „grundlegend verbesserte Möglichkeit zur angebotsorientierten Einwanderung“, heißt es in der Vorlage weiter. Auf Basis eines Punktesystems solle Fachkräften mit einer erkennbar guten Integrationsprognose eine jährlich festgelegte Anzahl sogenannter „Talent-Karten“ erteilt werden. Damit könnten diese Menschen für sich und ihre Familien in Deutschland eine ihrer Qualifikation entsprechende Beschäftigung suchen und finden.

Antrag der FDP

„Für einen konsequenten Ansatz in der Einwanderungspolitik – Eckpunkte eines umfassenden Einwanderungsgesetzbuches“ lautet der Titel des FDP-Antrags, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines einheitlichen Einwanderungsgesetzbuches vorzulegen. Dabei sollen Asyl für politisch Verfolgte im Sinne des Grundgesetzartikels 16a und Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sowie nach Artikel 18 der Europäischen Grundrechtecharta gewährleisten werden. Ferner soll der Vorlage zufolge ein neuer Schutzstatus für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge eingeführt werden, der auf die Dauer der Kriegs- oder Bürgerkriegshandlungen im Heimatland begrenzt sein soll.

Beim Asylverfahren soll der Bund nach dem Willen der Fraktion für alle Fragen zuständig sein, die den Schutzstatus und den Aufenthalt des Schutzsuchenden in Deutschland betreffen, während sich die Länder auf die Aufgabe der Integration konzentrieren sollen. Registrierung und Erstaufnahme inklusive der medizinischen Versorgung sollen laut Antrag in zentralen Unterbringungseinrichtungen erfolgen, in denen alle mit dem Asylverfahren befassten Behörden sowie die Verwaltungsgerichte eingebunden sind.

Um die Einwanderung in den Arbeitsmarkt „verständlich und einfach zu steuern“, will die Fraktion ein „Zwei-Säulen-System“ einführen, „bestehend aus einer überarbeiteten Blue Card als Kerninstrument der Fachkräfteeinwanderung mit Arbeitsplatzangebot und der Einführung einer Chancenkarte mit einem Punktesystem zur Steuerung der Vergabe von Visa zur Arbeitssuche“. Für anerkannte Flüchtlinge und gut integrierte Asylsuchende soll es nach den Vorstellungen der Abgeordneten die Möglichkeit eines „Spurwechsels“ aus dem Asylverfahren oder dem vorübergehenden humanitären Schutzstatus in eine der beiden Säulen der Einwanderung in den Arbeitsmarkt geben.

Erster Antrag der Linken

Die Linke dringt in ihrem ersten Antrag auf eine „offene, menschenrechtsbasierte und solidarische Einwanderungspolitik“ (19/9052). Die Fraktion rügt, dass der Regierungsentwurf „einseitig auf die Interessen der deutschen Wirtschaft beziehungsweise von Unternehmen“ ausgerichtet sei, „menschenrechtlichen, humanitären und integrationspolitischen Anforderungen“ hingegen nicht gerecht werde. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sowohl diesen Gesetzentwurf als auch den Entwurf für ein Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung zurückzuziehen.

Stattdessen soll nach dem Willen der Fraktion ein Gesetzentwurf für eine „offene und solidarische Ausgestaltung der deutschen Einwanderungspolitik“ vorgelegt werden, „in dem Einwanderungserleichterungen vor allem nach menschenrechtlichen, entwicklungspolitischen und humanitären Gesichtspunkten und nicht nach ökonomischen Nützlichkeitskriterien oder nationalstaatlichen Eigeninteressen ausgestaltet werden“.

Dabei sollen der Vorlage zufolge das „Recht auf Familienzusammenleben im Aufenthaltsrecht“ gestärkt und Nachzugsbestimmungen erleichtert werden. Ferner soll laut Antrag eine Bleiberechtsregelung vor allem an die Aufenthaltsdauer anknüpfen müssen und „keine weiteren hohen Anforderungen stellen“. Zudem will die Fraktion etwa eine Stärkung der Aufenthalts- und Beschäftigungsrechte Eingewanderter.

Zweiter Antrag der Linken

In ihrem zweiten Antrag (19/8285) begrüßt die Fraktion, dass der Arbeitsmarkt für Menschen aus Ländern außerhalb der EU geöffnet werde. Diese Öffnung sei richtig und wichtig, müsse aber nach dem Grundsatz „Gute Arbeit für alle“ erfolgen. Aus diesem Grund sei der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Fachkräfteeinwanderung abzulehnen, denn er bediene „einseitig Interessen von Unternehmen und deren Verbänden“. Fachkräfteeinwanderung werde so „dazu missbraucht, die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen und einen Unterbietungswettbewerb zu befördern“.

Um „Konkurrenz und Unterbietung am Arbeitsmarkt zu verhindern“, soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem den Mindestlohn auf mindestens zwölf Euro erhöhen und die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen erleichtern, sachgrundlose Befristungen sowie Kettenbefristungen verbieten und Minijobs sozialversicherungspflichtiger Arbeit gleichstellen. Auch fordert die Fraktion in dem Antrag die Bundesregierung auf, „Regeln für einen Spurwechsel von der Duldung hin zu einem echten Bleiberecht für Geflüchtete mit Arbeits- und Ausbildungsplatz zu formulieren und rechtssicher für alle Beteiligten gesetzlich zu verankern“.

Ferner soll die Bundesregierung ein Verfahren zum Bestandteil des Gesetzentwurfs machen, in dem gemeinsam mit den Sozialpartnern und der Bundesagentur für Arbeit entschieden wird, in welchen Branchen ein Fachkräfteengpass vorliegt. Ebenso soll sie dem Antrag zufolge unter anderem ein Verfahren verankern, das „im Austausch mit den von Abwanderung von Arbeitskräften betroffenen Ländern sichert, dass deren sozio-ökonomische Entwicklung nicht behindert wird“.

Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung zielt darauf ab, besondere Fallgruppen der Duldungen neu zu strukturieren, um deren Anwendung zu vereinfachen. Betroffen sind der Vorlage zufolge langfristige Duldungen aus persönlichen Gründen, die für bestimmte Ausländer „einen rechtssicheren Aufenthalt ermöglichen und eine Bleibeperspektive aufzeigen“.

Dabei geht es um Ausländer, die eine qualifizierte Berufsausbildung aufnehmen (Ausbildungsduldung) oder durch eine „nachhaltige Beschäftigung ihren Lebensunterhalt selbst sichern und gut integriert sind (Beschäftigungsduldung)“. Zudem sollen mit dem Gesetzentwurf Vorgaben des Koalitionsvertrages zur Ausweitung der Ausbildungsduldung auf Helferausbildungen und zu ihrer bundesweit einheitlichen Anwendung umgesetzt werden.

Wie die Bundesregierung ausführt, wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland eine große Anzahl von Asylanträgen gestellt, die mittlerweile in der Regel nach kurzer Verfahrensdauer beschieden werden. Daran anknüpfend habe sich auch die Zahl der rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber erhöht, die ausreisepflichtig sind, „aber aus tatsächlichen, rechtlichen, dringenden humanitären oder persönlichen Gründen eine Duldung erhalten“. Mit Stand vom November 2018 habe es laut Ausländerzentralregister 178.966 Personen mit einem Duldungsstatus gegeben. Mit zunehmender Duldungsdauer gehe nicht selten auch eine zunehmende Integration einher.

Antrag der Grünen

Die Grünen fordern die Bundesregierung in ihrem Antrag mit dem Titel „Bleiberecht für Geflüchtete gestalten, Aufenthaltsrechte stärken, Rechtssicherheit schaffen, Spurwechsel ermöglichen“ (19/6541) auf, „allen potenziellen Auszubildenden, Studierenden und im Arbeitsmarkt integrierten Asylsuchenden und Geduldeten den Wechsel in einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung, des Studiums oder der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen“. Ferner soll die Regierung der Vorlage zufolge Hürden für die stichtagsunabhängigen Bleiberechtsregelungen im Aufenthaltsgesetz für langjährig Geduldete absenken.

Auch sollen nach dem Willen der Fraktion „Hürden, die in Zusammenhang mit der Aufenthaltsverfestigung und der Förderung nachhaltiger Aufenthaltsperspektiven bestehen“, ebenso abgebaut werden wie unnötige bürokratische Hemmnisse. „Die Rechtssicherheit des Aufenthalts ist in den Fokus zu rücken“, heißt es in dem Antrag weiter. Insbesondere solle dabei unter anderem „auf die Vereinheitlichung und Senkung von Voraufenthaltszeiten, die Schaffung von Rechtsansprüchen bei Aufenthaltstiteln“, und auf eine „realistische Gestaltung der Mitwirkungspflichten“ geachtet werden. (BT/nmc)



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