Daniele Ganser: „Ihr könnt mir hier keine Zensur auferlegen“

Seit Jahren hält der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser vor ausverkauften Sälen Vorträge. Kürzlich kam er unter dem Thema „Kann man den Medien vertrauen?“ in die Stadthalle von Falkensee (Brandenburg). Epoch Times konnte ihn vorher exklusiv interviewen.
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Daniele Ganser.Foto: Epoch Times
Von 23. November 2023

Die Veröffentlichung eines Artikels zum Anschlag auf das New Yorker World Trade Center unter dem Titel „Der erbitterte Streit um den 11. September“ am 9. September 2006 in einer Schweizer Tageszeitung veränderte das Leben des Historikers Dr. Daniele Ganser grundlegend. In dem Artikel stellte er den Einsturz des zu den Zwillingstürmen benachbarten Wolkenkratzers WTC 7  infrage. Daraufhin ließ die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich seinen Lehrvertrag auslaufen und einstige Universitätskollegen distanzierten sich von ihm. Seine wissenschaftliche Karriere an Hochschuleinrichtungen wurde erschwert.

Der verheiratete zweifache Vater ist mittlerweile als Buchautor erfolgreich und füllt mit seinen Thesen Vorträge in ausverkauften Sälen. Doch er erfährt weiterhin Gegenwind. Erst im März war ein Gerichtsbeschluss notwendig, um einen Auftritt in Dortmund zu erwirken.

Epoch Times traf den Schweizer Historiker zum Gespräch vor seinem Vortrag zum Thema „Kann man den Medien vertrauen?“ Ende Oktober in Falkensee (Brandenburg) am westlichen Rand von Berlin.

Herr Ganser, Sie selbst bezeichnen sich als Friedensforscher. Wie kam dieser Begriff zustande und worin sehen Sie Ihren Beitrag für den Frieden in der Welt?

Mich interessiert die Frage, warum sich Menschen töten, wie gerade jetzt in der Ukraine beispielsweise. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass wir immer wieder in nationalstaatliche Kategorien fallen. Dann sagt einer: „Ich bin jetzt Ukrainer“, und der andere sagt: „Ich bin jetzt Russe“. Diese jungen Männer, die sind 20 oder 25 Jahre alt und hatten zuvor überhaupt keinen persönlichen Streit, sondern sie werden von der Regierung in die Armee einberufen. Der eine bekommt dann eine ukrainische Uniform und der andere eine russische. Doch unabhängig von der Nationalität und der Religionszugehörigkeit, was jetzt bei Israel und Palästina eine große Sache ist, gehören wir alle zur Menschheitsfamilie. Auch das Geschlecht oder das Einkommen spielen keine Rolle. Das wiederhole ich immer wieder in den Vorträgen. Wir sollten uns nicht töten.

Nach Ihren Veröffentlichungen zum 11. September gab es einen beruflichen Knick bei ihnen. Ihr Lehrauftrag wurde nicht verlängert und Ihre Aussagen haben für viel Wirbel gesorgt. Haben Sie mit so einer Reaktion gerechnet?

Ich war schon überrascht, muss ich sagen. Ich war der Meinung, dass die Schweiz ein freies Land ist. Das war vielleicht naiv, aber es war meine Meinung. Ich habe gedacht, an einer Schweizer Universität darf man eine abweichende Meinung zu den Terroranschlägen vom 11. September durchaus formulieren, wenn die sachlich begründet ist.

Ich stelle den ganzen Krieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Terrorismus von 2001 bis 2021, also bis zum Abzug der US-Truppen aus Afghanistan infrage.

Ich war am Anfang vorsichtig. Bis zum Jahr 2006 habe ich mich zu 9/11 nicht öffentlich geäußert. Ich habe mir gesagt, ich nehme mir fünf Jahre Zeit, um einfach Bücher zu lesen und die Argumente von US-Präsident George W. Bush, von US-Vizepräsident Dick Cheney, US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und seinem Stellvertreter Paul Wolfowitz anzuhören.

Zudem habe ich mir angehört, was ihre Kritiker sagten. Michael C. Ruppert sagte damals zum Beispiel: „Die amerikanische Regierung hat uns angelogen. Die haben ihre Finger mit im Spiele gehabt. Sie hat den ganzen Krieg gegen den Terrorismus vom Zaun gebrochen. Al Kaida hat dabei nur eine untergeordnete Rolle gespielt.“

2006, nach vielen interessanten Diskussionen mit meinen Studenten im Lehrseminar und dem Wunsch im Herzen diese Diskussion mehr in die Öffentlichkeit bringen zu wollen, dachte ich, die Öffentlichkeit ist bereit dafür. Daher habe ich einen Artikel verfasst, nachdem der „Tages-Anzeiger“ mich als Forscher im Bereich internationale Politik darum bat.

In dem Artikel habe ich Prof. Hugo Bachmann und Prof. Jörg Schneider, zwei Schweizer Baustatiker, zitiert. Die hatten mir damals gesagt, WTC 7 wurde gesprengt. „Fügen Sie aber bitte ‚mit größter Wahrscheinlichkeit‘ in das Zitat mit ein“, baten sie. Im ganzen deutschsprachigen Raum war 2006 solch eine Aussage zum ersten Mal öffentlich zu hören.

Nach der Veröffentlichung hat sofort die amerikanische Botschaft reagiert. Über eine andere Schweizer Zeitung, die „SonntagsZeitung“, ließ sie die Botschaft verlauten: „Herr Ganser ist ein Verschwörungstheoretiker. Er ist ein Wissenschaftler mit ausgezeichnetem Ruf, darum erstaunt es, was für Verschwörungstheorien er verbreitet.“ Also da war ich schon überrascht. So ist es auch heute noch im Jahre 2023. Wer 9/11 hinterfragt, wird diffamiert, wird gejagt. Man will nicht über den 11. September sprechen.

Damals habe ich wirklich gedacht, wir sind ein freies Land. Hier darf man sagen, was man für wichtig hält. Dann habe ich die ETH Zürich verlassen. Verträge wurden nicht erneuert, es wurde Druck auf mich gemacht. Es wurde auch gesagt: „Bitte, sprich nicht mehr über den 11. September.“ Da habe ich gesagt: „Ihr könnt mir hier keine Zensur auferlegen.“ Daraufhin habe ich außerhalb der Universität mein eigenes Institut gegründet. Jetzt bin ich frei.

Hat sich mit diesen Erlebnissen Ihr Blick auf die universitäre Landschaft geändert? Oder muss man das eingrenzen? Bei bestimmten Themen, da gibt es Wissenschafts- und Forschungsfreiheit, bei anderen Themen nicht?

Ja, so ist es. An den deutschsprachigen Universitäten kann man nicht sagen, dass das WTC 7 gesprengt wurde. Schauen Sie einfach, was die angestellten Professoren für Zeitgeschichte oder für Politologie in Österreich, Deutschland und der Schweiz zum 11. September sagen. Das ist alles deckungsgleich mit den Aussagen der US-Regierung, die Osama bin Laden beschuldigt. Dann fragt man die Professoren, warum es so gewesen sein soll? Sie sagen dann: „Ja, weil der damalige US-Präsident es so gesagt hat.“

Warum kann man zu diesem Thema nicht offen und frei sprechen oder forschen?

Weil es ein sogenanntes Tabuthema ist. Dass George W. Bush und Tony Blair den Irak im März 2003 überfielen, da ist man sich in Deutschland, Österreich und der Schweiz einig, das kann man auch sagen. Man kann mittlerweile öffentlich sagen, dass der Irakkrieg auf Lügen basiert. Aber beim Afghanistankrieg, der durch den 11. September ausgelöst wurde, gibt es eine absolute Tabugrenze. Mir fällt es nicht schwer, mir vorzustellen, dass man ein Gebäude sprengt und sagt, die anderen waren’s. Das ist einfach eine „False Flag“-Aktion. Hier ist die Wissenschaft befangen, weil sie nicht die relevanten Fragen stellt.

Das hängt damit zusammen, dass jeder angestellte Professor sein Geld von der Regierung bekommt. Eigentlich kommt es von den Steuerzahlern. Aber die Regierung entscheidet, welche Universität wie viele Gelder bekommt. Wenn ein Professor die falsche Linie fährt, dann ruft die Regierung an und sagt: „Wir hätten gerne, dass diese Äußerung nicht mehr gemacht wird.“ Ich möchte überhaupt nicht den Eindruck erwecken, dass alle an der Universität korrupt sind. Das ist nicht so. Es gibt ausgezeichnete Wissenschaftler, die mit viel Herzblut und Ehrlichkeit forschen. Aber es gibt sensible Bereiche. Der 11. September ist so ein Bereich, genau wie die Corona-Impfschäden oder Israel und Palästina. Da ist der Diskurs eingeschränkt.

Vermuten Sie, dass die Schweizer Regierung Druck auf die ETH Zürich ausgeübt hat, damit es keine Vertragsverlängerungen gibt, oder gibt es dafür konkrete Belege?

Als die Schweiz eine Anti-Terror-Übung durchgeführt hat, überlegte man sich, wie man das Schweizer Militär in die Terrorismusbekämpfung einbinden kann. Wir haben zwei Erdölraffinerien in der Schweiz. Man sagte sich dann: „Gut, dann stellen wir doch die Panzer vor diese Erdölraffinerien, um sie als Teil der kritischen Infrastruktur zu schützen.“

Dann kam das Schweizer Fernsehen zu mir. Das war noch vor der Diskussion zum 11. September und fragte: „Herr Ganser, können Sie das kommentieren? Ist das eine sinnvolle Übung?“ Darauf habe ich geantwortet: „Das ergibt überhaupt keinen Sinn, weil der Terrorist wird immer dort zuschlagen, wo das Militär nicht steht. Die kritische Infrastruktur ist nicht zu schützen, weil es einfach zu viele Orte gibt.“

Vom Schweizer Fernsehen wurde das dann so ausgestrahlt. Am nächsten Tag hat mein Vorgesetzter mich zu sich gerufen. Dann hieß es: „Du hast im Schweizer Fernsehen gesagt, die neueste Übung der Schweizer Armee ist einfach Unsinn. Das kannst du nicht machen. Wir bekommen vom schweizerischen Verteidigungsministerium Geld und die haben jetzt hier angerufen.“

Wenn an einer Universität eine Aussage getätigt wird, die von geostrategischer Relevanz ist oder die weit außerhalb vom Mainstream liegt, dann klingelt’s. Das ist etwas, was ich vorher nicht gedacht hätte. Viele Forscher können wirklich frei forschen. Aber diese Idee, dass man alles sagen kann, nur weil man Wissenschaftler ist, die ist reichlich naiv.

„Wenn wir nicht so viele Lügen hätten, hätten wir auch nicht so viel Gewalt“, so wurden sie von einer Zeitung zitiert. Ihr Vortrag heute trägt den Titel: „Kann man den Medien vertrauen?“ Wie sehen Sie die heutige Medienlandschaft?

Das Zitat stimmt. Man kann jedoch nicht von „den Medien“ sprechen. Es gibt hervorragende Journalisten, es gibt miserable Journalisten. Das ist einfach die Erfahrung, die ich in 20 Jahren Öffentlichkeitsarbeit gemacht habe. Ich habe Journalisten getroffen, die kamen zu meinem Vortrag und haben dann ein sogenanntes Framing gemacht, um mich möglichst schlecht darzustellen.

Wie steht es denn jetzt um den heutigen Journalismus? Es ist sicher wichtig, dass die Menschen lernen, Dinge aus verschiedenen Perspektiven sich anzuschauen. Meiner Meinung nach ist das das Wichtigste.

Bei allen Themen sollte man sich zwei, drei oder vier verschiedene Medien mit unterschiedlichen Perspektiven ansehen und ihre geostrategische Ausrichtung verstehen. Die Menschen sollen nicht einfach blind vor dem Fernseher sitzen und sagen: „ARD hat es gesagt, darum muss es die Wahrheit sein.“ Auch sollte man der Regierung nicht blind glauben.

Man sollte mal Epoch Times lesen und dann sollte man FAZ lesen und sich dann fragen: „Was sind die Unterschiede in der Berichterstattung über China? Was sind die Unterschiede über die Berichterstattung über Israel und Palästina? Was sind die Unterschiede in der Berichterstattung über die Ukraine?“

Warum ist gerade die USA und die NATO ein großer Schwerpunkt bei ihrer historischen Aufarbeitung, warum nicht die Sowjetunion oder China?

Mit der Kubakrise 1962, als die Sowjetunion Raketen auf Kuba stationierte, fing das bei mir an. Ich fand das superspannend. In den amerikanischen Büchern stand, die Russen sind schuld. In den kubanischen Büchern stand, dass die Amerikaner immer wieder versucht haben, die kubanische Regierung zu stürzen. Der amerikanische Imperialismus wird bei uns in der Schweiz, in Deutschland und Österreich überhaupt nicht kritisch reflektiert. Mein aktuelles Buch heißt: „Imperium USA: Die skrupellose Weltmacht“.

Dahinter steht nicht die These, dass die USA das einzige Land sind, das Gewalt einsetzt. Aber die USA haben von 1945 bis jetzt 2023 am meisten Länder bombardiert und sie haben die höchsten Militärausgaben. Man muss auch Moskau und auch Beijing anschauen, die sich gerade jetzt im BRICS-Bündnis stark mit Südafrika, Indien, Brasilien, Iran und Saudi-Arabien verbinden. Aber mein Fokus liegt auf dem amerikanischen Imperialismus.

Woran glaubt Daniele Ganser? Woher zieht er seine Kraft und auch seine Orientierung, wenn es um wichtige Entscheidungen geht?

Ich bin sicher ein spiritueller Mensch. Ich glaube an das Potenzial des Menschen. Ich glaube nicht so sehr an Nationalstaaten, Regierungen oder Massenmedien, weil ich so viel Manipulation gesehen habe. Der einzelne Mensch, egal in welchem Land er geboren ist, hat unglaubliches Potenzial und er wird, indem man ihm immer wieder Angst macht, kleingehalten.

Ich glaube, der Mensch ist eigentlich ein gutes Wesen. Wie überhaupt alles in der Natur entsteht, darüber könnte ich jeden Tag staunen. Ich weiß, es leiden Menschen in der Ukraine, es leiden Menschen in Israel und Palästina. Aber ich ziehe die Kraft aus dieser Freude, dass ich gerne auf der Erde bin.

Denn trotz Gewalt, Terror und Lüge sehe ich immer wieder, dass sehr vieles in einer Ordnung ist. Ich schaue mir zum Beispiel die Symmetrie einer Schneeflocke an, wie sie völlig unverändert durch den Putsch in der Ukraine 2004 weiter existiert. Oder ich sehe die Symmetrie eines Schneckenhauses oder unserer Heimatgalaxie an – das alles hat eine Ordnung. Das gibt mir Kraft. Das große Ganze ist aus meiner Sicht in Ordnung. Das kann auch nicht zerstört werden. Ich glaube, unsere Herausforderungen als Menschen sind, dass wir uns als Menschheitsfamilie verstehen und dass wir uns untereinander nicht töten. Wir können schon unterschiedlicher Meinung sein, aber wir sollten uns nicht töten und auch nicht kommunikativ so abwerten, dass der andere als nicht mehr lebenswert erscheint.

Es braucht Respekt, Wertschätzung und Interesse am Gegenüber, auch wenn er eine andere Meinung hat. Dafür setze ich mich ein. Ich sage den Menschen nicht, ihr müsst meine Meinung übernehmen. Ich sage nur: Erlaubt euch, Fragen zum 11. September zu stellen, wenn ihr das wollt. Ihr habt völlig das Recht. Ihr seid freie Menschen, und ihr könnt Fragen stellen.

Vielen Dank.

Das Interview führte Erik Rusch.

Sehen Sie hier bei EpochTV das Interview als Video!



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