Der „gläserne Versicherte“: Kritik an Datenschutzmängeln bei E-Patientenakte

Die elektronische Patientenakte könnte vor Gericht enden, warnt der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber. Die Pläne der Ampelkoalition verstoßen seiner Ansicht nach gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
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Der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisiert das automatische Befüllen sensibler Daten in der elektronischen Patientenakte. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times15. November 2023

Die Pläne der Ampel-Koalition für die elektronische Patientenakte verstoßen nach Ansicht des Bundesdatenschutzbeauftragten gegen Grundrechte und EU-Datenschutzgesetze. „Es liegt auf der Hand, dass das automatische Befüllen mit besonders schutzwürdigen Daten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gefährdet“, sagte Ulrich Kelber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschlands (RND) vom Mittwoch. Ohne Änderungen würde das Vorhaben deshalb vor Gericht landen.

Ein automatisches Befüllen der Patientenakte darf es nach Ansicht Kelbers nur mit unkritischen Daten geben. Für alles andere sei eine Einwilligung der Versicherten nötig. „Dann dürfte die Lösung auch vor Gericht sehr gute Chancen haben, bestehen zu bleiben“, vermutete Kelber im Gespräch mit dem RND. Als unkritische Informationen wertete er zum Beispiel Behandlungen beim Zahnarzt oder Orthopäden und die Notfalldaten.

Daten, die die intimste Privatsphäre der Versicherten beträfen und Anlass für Diskriminierung und Stigmatisierung sein könnten, dürften nicht automatisch aufgenommen werden. Kelber nannte dabei Informationen zu HIV-Infektionen, psychischen Erkrankungen oder Schwangerschaftsabbrüchen.

Datenschützer warnt vor „gläsernen Versicherten“

Der Datenschutzbeauftragte kritisierte zudem den Plan der Koalition, wonach Krankenkassen künftig Zugriff auf die Abrechnungsdaten bekommen sollen, um die Versicherten auf Krebsrisiken oder fehlenden Impfungen aufmerksam zu machen. „Auf diese Art entsteht der ‚gläserne Versicherte‘, was ein erhebliches Diskriminierungspotenzial hat“, warnte Kelber in den Zeitungen des RND. Das wirtschaftliche Interesse der Kassen sei dafür zu hoch. Er schlug vor, eine Stelle mit der Auswertung dieser Daten zu beauftragen, die keine eigenen wirtschaftlichen Interessen habe, etwa den medizinischen Dienst.

Die elektronische Patientenakte (ePA) soll dem Gesetzentwurf zufolge bis Anfang 2025 für alle Patienten zur Verfügung stehen. Bislang gibt es dafür freiwillige Angebote, die aber nur wenig genutzt werden. Künftig soll nach den Ampel-Plänen eine Widerspruchsregelung gelten – wer die ePA nicht nutzen will, muss dies aktiv mitteilen. (afp/dl)



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