Berlin zu Silvester wie ein Hochsicherheitstrakt

4.500 Polizisten aus ganz Deutschland, Helikopter, Hundestaffel, Spezialkräfte – die Hauptstadt präpariert sich fürs Silvesterfest wie ein Hochsicherheitstrakt. Eine Lehre aus den Böllerkrawallen von 2023?
Nicht nur Feuerwerk und Spaß brachte die Silvesternacht in Berlin mit sich - auch Gewalt.
Nicht nur Feuerwerk und Spaß brachte die Silvesternacht in Berlin mit sich – auch Gewalt.Foto: Christophe Gateau/dpa
Von 31. Dezember 2023

Berlin rüstet sich für eine Silvesternacht der Extreme. Ein Tag vor den erwarteten Silvester-Krawallen zum Jahreswechsel 2023/2024 wird die Hauptstadt zur Hochsicherheitsfestung: Tausende Polizisten im Einsatz, Super-Recognizer zur Täteridentifikation und Sprengstoffhunde und Helikopter auf der Suche nach Pyro-Lagern.

Das erwartet die Hauptstadt und soll dabei helfen, dass sich die Krawall- und Gewaltexzesse vom vergangenen Jahr nicht wiederholen – oder gar übertroffen werden.

Vorbeugung vor Wiederholung oder Steigerung Silvester 2023

Jetzt wurde ein detaillierter Einblick in Präventionsmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen bekannt gegeben, für die Krawall-Hotspots der Hauptstadt genauso wie für die geplante große Party am Brandenburger Tor mit einer Kapazität von über 50.000.

Eines steht fest, der Übergang ins Jahr 2024 wird von einem massiven Polizeiaufgebot und stringenten Sicherheitsmaßnahmen geprägt sein. Seit dem Start des Böllerverkaufs laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, um einen erneuten Pyro-Beschuss von Einsatzkräften sowie eine Gewalteskalation zu verhindern. Die Vorbereitungen der Polizei, Berlin in eine Festung zu verwandeln, laufen auf Hochtouren.

Hunde, Helikopter und Wasserwerfer in der Hauptstadt

4.500 Polizisten werden in der kommenden Silvesternacht im Einsatz sein, wobei Super-Recognizer zum Einsatz kommen, um bereits bekannte Täter unter den Krawallmachern zu identifizieren. Super-Recognizer haben die angeborene Fähigkeit, Gesichter unter Tausenden wiederzukennen, auch nach Jahren. Sprengstoffhunde werden die Stadt auf der Suche nach Pyro-Lagern durchkämmen, während Helikopter nach möglichen Gefahrenherden Ausschau halten.

Der Großeinsatz in Zahlen:

  • 3.000 Beamte werden von der Bereitschaftspolizei im Einsatz sein. Aufgestockt wird in der Hauptstadt mit Kräften aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen.
    1.000 weitere Polizisten werden die Abschnitte verstärken.
    220 Funkwagen sind in der Stadt unterwegs.
    245 Beamte sind mit Bodycams ausgerüstet.
    500 Bundespolizisten wachen über Bahnhöfe und Liegenschaften.

„Bestimmte Szenen werden sich nicht vermeiden lassen“, warnt Stephan Katte, Leiter der Polizeidirektion Einsatz. „Es werden vermutlich mehr Straftaten und mehr Verletzte registriert werden.“ Laut Katte ist der Grund dafür, dass mehr Beamte im Einsatz seien als im vorherigen Jahr.

Die Stadt wurde in drei Hotspots eingeteilt, in denen besondere Maßnahmen ergriffen werden.

  • Zone 1: Soldiner Kiez, Gesundbrunnen, Alt-Moabit und Kulturbrauerei.
    Zone 2: Gropiusstadt, Lichtenrade, Steinmetzkiez und Thermometersiedlung.
    Zone 3: High-Deck-Siedlung in Nordneukölln, Kottbusser Damm, Sonnenallee und Friedrichshain.

Drei Böllerverbotszonen:

Auf dem Alexanderplatz, im Steinmetzkiez und im Bereich Sonnenallee ist das Zünden von Pyrotechnik an Silvester untersagt. Die berüchtigte High-Deck-Siedlung in Nordneukölln bleibt als Verbotszone ausgespart. Hier lebten bereits 2007 mehr als die Hälfte der Einwohner von Transferleistungen.

Die fast 2.500 Wohnungen des sozialen Brennpunkt-Areals sind verbunden mit bepflanzten „High-Decks“, Überdachungen über Straßen und Garagen mit circa tausend Stellplätzen für Autos. „Da können sie einen Airbus verstecken, eine solche Zone lässt sich dort gar nicht umsetzen“, erklärt Katte.

Gefährderansprachen und weitere Präventionsmaßnahmen

Zudem wurden über 100 Gefährderansprachen in den vergangenen Tagen durchgeführt, bei bereits bei Nahost- und Schwimmbadkrawallen auffällig Gewordenen, bei 1.-Mai-Randalierern und registrierten Silvester-Gewalttätern. Damit sollen potenzielle Störer von vornherein im Zaum gehalten werden.

Vorbereitend wurde der Präventivgewahrsam vorsorglich auf fünf Tage erhöht. Wer also Rettungskräfte angreift, auch jetzt schon, der könnte Silvester in Haft verbringen.

Für die große Party am Brandenburger Tor gilt eine abstrakte Terrorgefahr. Hier sollen Polizisten im Einsatz, die speziell dafür geschult sind, Verdächtige in den Massen erkennen können, die Sicherheit gewährleisten. Bislang haben 20.000 Tickets für die Veranstaltung am Brandenburger Tor einen Abnehmer gefunden, während für 65.000 Personen geplant wurde.

Eine Demo von dreien verboten

Drei Aufzüge waren für Silvester angemeldet, zwei aus dem propalästinensischen Milieu, eine Pro-Israel-Demo. Eine der propalästinensischen Demonstration in Neukölln wurde durch die Polizei verboten.

Die Versammlungsbehörde hatte Sicherheitsbedenken angesichts der brisanten Lage in der Silvesternacht, der erwartet aufgeladenen Stimmung in Neukölln und der üblicherweise am frühen Abend beginnenden Knallerei und Feuerwerk. Die Demo sollte 22 Uhr am Richardplatz in Neukölln starten und war ausgelegt auf 100 Teilnehmer. Die Polizei ging aber von einem viel höheren Zustrom aus.

„Ganz ruhig wird es zu Silvester sicher nicht werden“

Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) drückt seinen Zweifel aus am Sinn der zusätzlichen Böllerverbotszone, die in diesem Jahr im Bereich Sonnenallee und Hermannplatz angekündigt
„Es sorgt direkt in der Verbotszone sicher für etwas Ruhe, bindet durch die Umsetzung aber auch viele Ressourcen der Polizei“, sagte Hikel.

„Effektiver als so ein punktuelles Verbot wäre sicher ein bundesweites Böllerverkaufsverbot. Stattdessen könnte man lieber dezentrale Feuerwerke anbieten“, regte der SPD-Politiker an. „Lieber ein paar schöne Raketen am Rathaus Neukölln, anstatt jeden einfach herumböllern zu lassen.“

Bei Einschätzungen, was für die kommende Silvesternacht zu erwarten ist, hält sich Hikel zurück: „Da möchte ich ganz ehrlich keine Prognose wagen. Grundsätzlich war es aber an Silvester noch nie ruhig in Neukölln“, sagte er.

„Auch als ich hier vor 20 Jahren noch richtig Silvester gefeiert habe, haben Jugendliche schon den Konflikt mit dem Staat gesucht, und in der Hermannstraße wurde mit Schreckschusspistolen auf Passanten und Busse geschossen.“

Die Ausschreitungen im vergangenen Jahr hätten aber eine neue Dimension gehabt, gerade auch die Hinterhalte und das Angreifen der Rettungskräfte. Auch wenn es im vergangenen Jahr viele soziale Maßnahmen wie Kennenlernangebote mit Feuerwehrleuten und Rettungsdienstmitarbeitern gab.

Er sei optimistisch, dass diese Maßnahmen zumindest bei dem ein oder anderen ein wenig zum Umdenken geführt hätten, räumt Neuköllns Bürgermeister ein. „Aber es wäre auch naiv zu glauben, dass wir dadurch alle bekehren konnten und aus den Jugendlichen Engel geworden sind. Mit anderen Worten: Ganz ruhig wird es zu Silvester sicher nicht werden.“

Bleiben Sie hier auf unserem Silvester-Ticker auf dem Laufenden.



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