Die Sorgen nach dem Messer-Anschlag: Offener Brief des Würzburger Oberbürgermeisters

Nach den tödlichen Messer-Attacken in Würzburg auf Passanten greift der Oberbürgermeister der Stadt zur Feder und schreibt einen offenen Brief über die Tat.
Von 30. Juni 2021

Der Messer-Anschlag des abgelehnten somalischen Asylbewerbers Abdirahman J. in Würzburg am 25. Juni veranlasste Christian Schuchardt (CDU), den Oberbürgermeister der bayerischen Stadt, einen offenen Brief zu schreiben.

Er schrieb:

„Liebe Würzburgerinnen, liebe Würzburger,

ich habe gestern Abend geweint. Geweint um die Opfer und die Angehörigen. Um die Menschen, die an einem friedlichen und schönen Sommerabend jäh überfallen wurden, überrascht wurden und mit einer Stichwaffe getötet oder verletzt wurden. Von Augenzeugen habe ich mich über die Bilder des Schreckens und Grauens informieren lassen, die sich geboten haben.“

Die Parallelen des Terrors

Dann geht Schuchardt auf die mutigen Passanten ein, nennt sie „Menschen mit Zivilcourage, die sich unter Gefahr für ihren Leib und ihr Leben dem Täter entgegengeworfen haben“. Schuchardt konnte sich der Parallelen nicht entziehen: „Es hat mich an die Bilder in Nizza erinnert als ein Mann neben dem LKW herlaufend versucht hat, eine Amokfahrt zu stoppen.“

Der Terror-Anschlag von Nizza im Jahr 2016 mit 86 Toten und Hunderten Verletzten soll im kommenden Jahr vor einem Pariser Spezialgericht zur Verhandlung gebracht werden.

Christian Schuchardt macht sich Sorgen um seine Stadt oder besser die Stimmung darin: „In der Tat, es sind diese Bilder und Parallelen, die diese Bluttat auch für unsere Stadtgesellschaft so gefährlich machen.“

Schuchardt erinnert auch an das Axt-Attentat von Würzburg-Heidingsfeld am 18. Juli 2016. Es jährt sich im nächsten Monat zum fünften Mal.

Er schreibt: „Ich war in jener Nacht auch draußen bis in die frühen Morgenstunden und gestern auch wieder bis nach Mitternacht am Tatort und am Wohnheim des Täters. Die Bilder, der Täterhintergrund, der mögliche Ruf Allahu Akbar, Gott ist am Größten, wecken Parallelen. Ich habe gestern Abend aber auch um unsere Stadt geweint. Weil dieser Kurzschluss, dieses Gleichsetzen so naheliegend ist. Geflüchteter, Zuwanderer, Gewalttäter, Glaubenskrieger und Terrorist – Massaker.“

In der Tat erinnert der Messer-Anschlag von Würzburg in seiner Ausführung unweigerlich an jenen in Hamburg-Barmbek am 28. Juli 2017. Wie in Würzburg jüngst, so gingen auch hier Passanten – unabhängig ihrer nationalen, ethnischen oder religiösen Hintergründe – gemeinsam gegen den Attentäter vor.

Die Aufklärung solcher Fälle bedürfe einiger Polizeiarbeit, aber das Verbrechen (der Messer-Anschlag vom 25. Juni 2021) werde „heute bereits zugeschrieben“, so Oberbürgermeister Schuchardt, was er auch verstehe.

Politisch korrekte Gesinnung

„Die Verbrechen Einzelner sind aber niemals auf Bevölkerungsgruppen, Religionen, Staatsangehörigkeiten zurückzuführen“, führt Schuchardt weiter aus.

Um ein Beispiel zu nennen, schreibt er: „Auch wir Deutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nicht pauschal verurteilt. Genauso wenig gilt dies jetzt für Somalier oder generell Geflüchtete. Dieses Schubladendenken muss ein Ende haben. Und gleichzeitig wird es kein Ende haben. Dies ist meine moralische Forderung, mein Wunsch an die Gesellschaft von der ich weiß, dass er nicht in Erfüllung gehen kann. Denn wie würden Sie sich heute als Ausländer in unserer Stadt fühlen?“

Umso mehr müsse die Aufklärung, das Dagegen-Arbeiten in diese Richtung Gegenstand unseres gesellschaftlichen Bemühens sein, so Schuchardt weiter, um ein friedliches und ein selbstbestimmtes Dasein eines jeden Einzelnen zu ermöglichen.



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