Drogenkonsum nimmt in der Hauptstadt zu – auch bei harten Drogen

Erst kürzlich sorgte die Vorstellung der Pläne für eine bundesweite Cannabislegalisierung durch die Ampelregierung für Schlagzeilen. Doch wie sieht die Situationen bei den „harten Drogen“ in der Hauptstadt aus? Eine Regierungsantwort auf eine AfD-Anfrage gibt hier einen Einblick.
Titelbild
Tütchen mit KokainpulverFoto: iStock
Von 24. April 2023

Berlin hat in Bezug auf den Drogenkonsum einen traurigen Ruf. Von allen Bundesländern sterben hier Jahr für Jahr bezogen auf die Einwohnerzahl die meisten Menschen an Drogen. Dies zeigt sich auch im öffentlichen Raum. Immer häufiger sind Menschen zu sehen, die intravenös Drogen wie Heroin oder Kokain konsumieren.

„Der Konsum von harten Drogen ist auf jeden Fall sichtbarer geworden“, sagt Malte Dau von der Suchthilfe-Organisation „Fixpunkt“ gegenüber dem „rbb“. Er sei seit 20 Jahren als Streetworker in Berlin tätig.

In Berlin-Neukölln sei man „seit Jahren tätig, um den in den letzten Jahren gestiegenen Konsum im öffentlichen Raum mit all seinen negativen Folgen und Begleiterscheinungen zu verringern“, heißt es vom dortigen Bezirksamt gegenüber dem „rbb“.

Spritzen auf Spielplätzen und in Parks

Doch wie ist die Situation in der gesamten Stadt? Wie wirkt sich der zunehmende Drogenkonsum in der fast 4-Millionen-Metropole auf Parkflächen und Spielplätze aus?

Dies wollte die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus über eine Anfrage an den Berliner Senat wissen.

Dabei stellte sich über die Regierungsantwort heraus, dass sich in nahezu allen Bezirken Drogenkonsumutensilien in den Parks und auf Spielplätzen finden. Einzig die Menge ist von Bezirk zu Bezirk unterschiedlich. Dabei geht es oftmals um Löffel, Folien, Spritzen oder Kanülen. Aber auch Drogen selbst werden sichergestellt.

Heroinspritzen füllen einen Eimer. Foto: John Moore/Getty Images

Drogenfunde an verschiedenen Orten

Besonders ernst sieht es im Bezirk Mitte aus: Hier wurden zwischen 2019 und 2023 an zehn verschiedenen Orten nicht nur Drogenkonsumutensilien, sondern auch Drogen selbst gefunden. Im Allgemeinen sei es dabei um Heroin gegangen.

Aus dem Bezirk Neukölln heißt es, dass „Tatsächliche Drogenfunde äußerst selten passieren“. Allerdings liegt der letzte Fall erst einen Monat zurück. Damals fand man auf einem Spielplatz Drogen.

Die Fundorte von Spritzen und Zubehör hingegen sind zahlreicher und konzentrieren sich entlang der S- und U-Bahnlinien und auch auf nahe gelegenen Spielplätzen und Grünanlagen des Bezirkes. Vermehrte Funde von Utensilien sind seit 2019 an fünf Spielplätzen und Grünanlagen aufgetreten.

Dass die Beseitigung der Hinterlassenschaften nicht nur aufwendig, sondern auch teuer ist, verdeutlicht der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: Die Beseitigung von Drogenkonsumutensilien stelle einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Gesamttätigkeit unserer Dienstleistenden dar, heißt es.

Spritzeneinwurfbehälter an Drogenhotspots

Während auf Spielplätzen in Charlottenburg-Wilmersdorf Drogenutensilien „relativ selten gefunden“ werden, sieht es an den Drogenhotspots in diesem Bezirk anders aus.

Hier hat man extra Spritzeneinwurfbehälter aufgestellt. Sollten auf einem Spielplatz Drogenutensilien oder andere gefährliche spitze Sachen angefunden werden, setzt man eine eigens dafür angeschaffte Spezialmaschinen ein, die den Sand im Spielbereich vollständig reinigt. Wie oft diese Maschine bisher eingesetzt wurde und welche Kosten dadurch entstehen, wurde nicht mitgeteilt.

86.500 Euro für Betreuung und Reinigung

Zahlen aus den anderen Bezirken zeigen jedoch, dass die Kosten für das Entfernen von Spritzen und Co sowie die Betreuung von Drogenabhängigen von Jahr zu Jahr steigen.

So waren es in Berlin-Mitte im Jahr 2019 insgesamt 39.124,11 Euro, die für zwei soziale Träger ausgegeben wurden, die Drogenabhängige betreuen und mit ihnen Sammlungen von Drogenutensilien durchführen.

2020 waren es dann für drei soziale Träger, mit denen man zusammenarbeitete, 65.000 Euro an Ausgaben. 2021 erhöhten sich die Kosten auf 86.500 Euro. Im Jahr 2022 waren es schließlich 87.300 Euro.

Laut dem Straßen- und Grünflächenamt in Berlin-Lichtenberg kostet eine Beseitigung inklusive Entsorgung von Drogenutensilien circa 300 Euro pro Einsatz. Genaue Gesamtzahlen zu den Kosten und Einsätzen konnte man aber nicht nennen.

„Spritzenbesteck“ oder sonstiger Müll, der auf Drogenkonsum hindeutet, wurden aber auch an verschiedenen Stellen in fast allen Bezirken gefunden, in Lichtenberg, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick, Friedrichshain-Kreuzberg, Reinickendorf und so weiter.

„Drogenkonsum in Öffentlichkeit ein gesamtstädtisches Problem“

Für das Bezirksamt Neukölln ist der Konsum illegaler Drogen „im öffentlichen und halböffentlichen Raum“ daher kein bezirkliches, sondern ein gesamtstädtisches Problem. Doch ein gesamtstädtisches Kontroll- und Sicherheitskonzept zum Drogenkonsum auf öffentlichen Spielplätzen und in Parkanlagen gibt es in der Hauptstadt nicht, geht aus der Anfrage hervor.

Dabei sei man sich der Problematik des Konsums im öffentlichen Raum und den Auswirkungen für das Umfeld bewusst, heißt es seitens des Senats. Zudem möchte der Senat negative Auswirkungen auf die Bevölkerung möglichst gering halten und den Konsum im öffentlichen Raum eindämmen.

Dazu will man Drogenkonsumräume in „belasteten Gebieten“ ausbauen, die Öffnungszeiten vorhandener Konsumräume erweitern sowie einen „bedarfsgerechten“ Einsatz der vorhandenen mobilen Konsumraumangebote fördern. Schließlich möchte man zusätzliche, niedrigschwellige Kontakt- und Anlaufstellen schaffen. Wann diese eingerichtet sein sollen und mit welchen Kosten man rechnet, erklärte der Senat nicht.

Allerdings dokumentiert man über ein Monitoring die „Spritzenfunde im öffentlichen Raum“ in Zusammenarbeit mit vier von zwölf Bezirken. Man habe die Daten für 2022 noch nicht ausgewertet, aber man plane „perspektivisch“ das Monitoring auch auf andere Bezirke auszuweiten.

Seit 2017 stetiger Anstieg der Drogentoten in Deutschland

Seit dem Jahr 2017 ist laut Bundeskriminalamt (BKA) ein stetiger Anstieg der drogenbedingten Todesfälle in ganz Deutschland festzustellen.

Im Jahr 2021 (für 2022 wurden noch keine Zahlen veröffentlicht) wurden 1.826 Rauschgifttote registriert, was einem Anstieg von 15,5 Prozent (2020: 1.581) entspricht.

Die meisten Drogentoten wurden dabei – wie bereits in den Vorjahren – in Nordrhein-Westfalen (693 Tote bei circa 18 Millionen Einwohnern), Bayern (255 bei 13,5 Millionen Einwohnern) und Berlin (223 bei rund 4 Millionen Einwohnern) festgestellt.

In Berlin dokumentierte das BKA verglichen mit dem Bundesdurchschnitt eine höhere Anzahl von Suchtkrankheiten im Bereich Kokain, Heroin und Amphetamine. Bei Alkohol liegt Berlin unter dem Bundesdurchschnitt.

Ein Tüte mit Kokainpulver wurde gefunden. Foto: JODY AMIET/AFP via Getty Images

Aufgrund der Zahlen aus den 51 ambulanten Suchthilfe-Einrichtungen und 9 stationären Rehabilitationseinrichtungen in der Hauptstadt liegt über alle Hauptdiagnosen hinweg der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund ambulant bei 28 Prozent und stationär bei 24 Prozent.

Die Gruppe mit opioidbezogener Sucht weist ambulant sowie stationär am häufigsten einen Migrationshintergrund auf (ambulant: 48 Prozent, stationär: 46 Prozent).

Drogenkriminalität ist untererfasst

Neben dem Problemfeld Drogenkonsum gibt es den Bereich Drogenkriminalität. Rauschgiftabhängige kommen schnell in die Situation, dass der Bedarf an Drogen mit eigenen Mitteln nicht mehr finanzierbar ist. Bei Heroinabhängigen wären dies schnell pro Tag 50 Euro und mehr, informiert der Berliner Senat.

Das Abrutschen in die Beschaffungskriminalität ist bei Suchtkranken daher weit verbreitet. Teilweise wird der Eigenbedarf auch durch den eigenen Handel mit Rauschgift finanziert. Und aufgrund der hohen Gewinnspanne beim Drogenverkauf ist er auch für kriminelle Gruppen reizvoll.

Dabei sind die Zahlen trügerisch, warnt das Bundeskriminalamt. Denn zahlreiche Taten im Bereich der Drogenkriminalität landen nie in einer Statistik. Eine Untererfassung ist damit vorprogrammiert.



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