Durch Söder-Aussagen werden die Chancen auf Jamaika immer geringer

Ein Selbstläufer sind die Ampel-Gespräche nicht, das wissen alle. Trotzdem spricht CSU-Chef Söder bereits von einer "De-facto-Absage an Jamaika". Sieht das die Unionsfraktion genauso?
Titelbild
Armin Laschet und Markus Söder.Foto: Filip Singer - Pool/Getty Images
Epoch Times7. Oktober 2021

SPD, Grüne und FDP nehmen Kurs auf ein Ampel-Bündnis. Elf Tage nach der Bundestagswahl treffen sich ihre Unterhändler heute zu einem ersten Dreiergespräch, um die Chancen für eine Regierungskoalition auszuloten.

Damit ist die Union bei den weiteren Sondierungen außen vor, die Chancen für eine Jamaika-Koalition werden immer kleiner. Die Unionsfraktion im Bundestag kommt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Nachmittag zu einer Schaltkonferenz zusammen, um über die aktuelle Lage zu beraten.

Wie sieht die Zukunft für Laschet aus?

Mit Spannung wird erwartet, wie sich die Situation für CDU-Chef Armin Laschet bis zu den regulären Beratungen der CDU-Spitzengremien am Montag entwickelt. Laschet steht seit dem Wahldesaster der CDU/CSU massiv unter Druck. In der Union wird davon ausgegangen, dass bei der Schaltkonferenz der Fraktion auch über die Frage diskutiert wird, ob man sich weiter für Verhandlungen mit Grünen und FDP bereithalten sollte. Während Laschet dies am Mittwoch bejaht hatte, wertete CSU-Chef Markus Söder die Entscheidung der beiden Parteien für Ampel-Gespräche als „De-facto-Absage an Jamaika“.

Die FDP reagierte darauf höchst verärgert. „Ohne die permanenten CSU-Blutgrätschen gegen Armin Laschet könnten wir morgen Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition beginnen“, schrieb der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle bei Twitter. „Dass Söder heute gegen Jamaika schießt, obwohl FDP und Grüne diese Variante explizit offen lassen, setzt seiner Obstruktion die Krone auf.“

Kritik

FDP-Chef Christian Lindner bekräftigte in der ARD, auch nach der Aufnahme von Ampel-Gesprächen bleibe ein Jamaika-Bündnis „unverändert eine tragfähige Option“. Allerdings könne aktuell jeder verfolgen, „dass die Union gegenwärtig selbst diskutiert, ob sie regierungswillig und regierungsfähig ist“, sagte er im ZDF. Auch die Grünen hatten zuvor deutlich gemacht, dass ein Jamaika-Bündnis für sie noch nicht endgültig vom Tisch ist.

CSU-Generalsekretär Markus Blume wiederum kritisierte die Liberalen: Die FDP „entscheidet sich für die Ampel und will anschließend nicht die Verantwortung für das Scheitern von Jamaika übernehmen. Fakt ist: Wir hätten gern weitergeredet, Ihr habt Euch gegen parallele Sondierungen entschieden“, schrieb er auf Twitter.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, warnte dagegen vor voreiligen Schritten. Die Ampel-Sondierungen seien „keinesfalls ein Selbstläufer“. Wie man vor vier Jahren erlebt habe, könnten Sondierungen auch scheitern, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied der Deutschen Presse-Agentur. „Dann sollten wir nicht als unsortierter Haufen, sondern als geordnete Formation bereit stehen.“

Der Vizechef des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Dennis Radtke, kritisierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wir haben zuletzt in der Öffentlichkeit eher das Bild einer Abbruchkolonne abgegeben als einer Partei, die Lust auf Zukunftsgestaltung hat.“ Das gelte es zu ändern.

Ampel-Koalition

Sollten sich SPD, Grüne und FDP am Ende von Koalitionsverhandlungen auf eine gemeinsame Regierung verständigen, wären dies die erste Ampel-Koalition auf Bundesebene überhaupt. Insbesondere die SPD bemühte sich vor dem ersten Dreiertreffen, Optimismus zu verbreiten.

„Die Ampel-Koalition kann sich für Deutschland als Glücksfall herausstellen“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. So gebe es gemeinsame Auffassungen, was die großen Herausforderungen seien, vom Kampf gegen den Klimawandel über den Erhalt industrieller Arbeitsplätze bis zur Digitalisierung. „Auf der anderen Seite setzen alle drei Parteien programmatisch und aus ihrer Geschichte heraus unterschiedliche Schwerpunkte. Das miteinander zu verknüpfen, kann Deutschland guttun.“

Die Grünen sehen mit der FDP vor allem in gesellschaftspolitischen Fragen große Gemeinsamkeiten. Es gehe darum, „gerade mit Blick darauf, dass wir ein Einwanderungsland sind, auch wirklich neue Chancen auszuloten“, sagte Parteichefin Annalena Baerbock am Abend im ZDF. In der Verkehrspolitik seien Grüne und FDP in der Vergangenheit weit auseinander gewesen, und beim Klimaschutz gebe es auch noch „noch Einiges zu überbrücken“.

Lindner vertrat die Ansicht, Grüne und FDP würden jetzt zusammen ein „fortschrittsfreundliches Zentrum“ bilden. Sie seien gleichermaßen von den jungen Wählern beauftragt worden, das Land zu erneuern. Union und SPD stünden eher für den Status quo. Wer auch immer Deutschland regiere, es werde eine Koalition sein, „die über die traditionellen politischen Grenzen hinweg geht“. Deshalb müsse sie größer sein als die Summe ihrer Teile. (dpa/oz)



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