„Energiepolitische Schizophrenie“: Wegner für niedrigere Strompreise

Berlins Bürgermeister Kai Wegner verlangt niedrigere Strompreise – nicht nur für die Industrie, sondern für alle. Dabei macht er einen konkreten Vorschlag, welchen Weg die Bundesregierung einschlagen soll. Die Politik ist hingegen weiter uneinig.
„Energiepolitische Schizophrenie“: Wegner für niedrigere Strompreise
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) fordert niedrigere Strompreise.Foto: Carsten Koall/Getty Images
Von 15. September 2023

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Die Kilowattstunde (kWh) kostet die Menschen in Deutschland derzeit im Schnitt 0,36 Euro. Das ist so viel wie in keinem anderen Land der Welt, wie das Portal „ElectricRate“ informiert. Verbände und Unternehmen verlangen seit Längerem einen regulierenden Industriestrompreis, um der Attraktivität des Standorts Deutschlands nicht noch weiter zu schaden.

Nun meldete sich auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner zu Wort. Der CDU-Politiker machte in einem Kommentar bei der „Welt“ die Bundesregierung für die schwierige Lage verantwortlich.

Diese [Strompreise] sind jedoch nicht nur das Ergebnis globaler Entwicklungen […]. Vielmehr sind sie auch das Produkt eine verfehlten nationalen Energie- und Steuerpolitik. Die deutschen Energiesteuern zählen zu den höchsten in der Europäischen Union.“

Wegner: Staat hat den Strompreis erhöht

Dass die Bundesregierung jetzt über zu hohe Strompreise und staatliche Subventionen debattiert, bezeichnete Wegner als „energiepolitische Schizophrenie“. Denn: „Erst erhöht der Staat den Strompreis durch Verknappung und Besteuerung, um anschließend einzelne Unternehmen durch Subventionen zu entlasten.“

Berlins Bürgermeister zieht indes nur eine Lösung in Betracht: „Eine schnelle und umfassende Senkung der Strompreise“. Davon würden dann alle profitieren – die Industrie, die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen und die privaten Verbraucher. Als „Basis unseres Wohlstands“ erkennt Wegner besonders die Familienunternehmen und kleinen Betriebe. Diese würden das „Rückgrat unserer Wirtschaft bilden“.

Eine ebenso wichtige Rolle spricht Wegner den vielen Start-ups im Bereich Digital-, Gesundheits- und Kreativwirtschaft zu. Große Konzerne können die deutlich gestiegenen Energiepreise aufgrund ihrer hohen Umsätze und Gewinne in der Regel leicht verkraften. Doch gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen würden laut Wegner besonders unter steigenden Kosten leiden.

„Energiepolitische Schizophrenie“: Wegner für niedrigere Strompreise
Die Top Ten der teuersten Länder nach Strompreisen (Stand: September 2023).
Foto: mf/Epoch Times, Daten: ElectricRate

Verbrauchssteuern senken

Wegners konkreter Lösungsansatz wäre die Senkung der Verbrauchssteuern auf Strom, wie „Blackout News“ berichtet. „Dies umfasst die Mehrwert- und Stromsteuer, die auf das europarechtlich maximal zulässige Niveau reduziert werden sollten“, sagte der Bürgermeister. Auf diese Weise könne der Strompreis in Deutschland auf das europäische Durchschnittsniveau sinken. Dieser liegt bei derzeit 0,30 € pro kWh laut „Energiemarie“. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 lag der europäische Mittelwert noch bei gut 0,12 € pro kWh.

Tatsächlich machen Steuern und Abgaben den größten Anteil an den Strompreisen auch in anderen Ländern in Europa aus. Ihr Anteil kletterte kontinuierlich von 25,6 Prozent im Jahr 2010 auf 36,6 Prozent im Jahr 2019. Diese Werte variieren stark von Land zu Land, mit Steuersätzen von bis zu 63,7 Prozent in Dänemark und 52,3 Prozent in Deutschland.

Die niedrigsten Steuern müssen die Bewohner von Malta mit sieben Prozent bezahlen. Irland liegt ebenfalls am niedrigen Ende der Steuerskala und zahlt einen Steueraufschlag von 16,3 Prozent.

Politik vor Kompromiss?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schlug bereits einen Industriestrompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde vor. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprachen sich erst kürzlich gegen einen Industriestrompreis aus. Ebenso skeptisch ist die EU-Kommission, berichtete das „Handelsblatt“.

Die Debatte bleibt. Die Landesregierungen fordern parteiübergreifend einen Industriestrompreis. Zudem haben sich Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften in mehreren Allianzen für die Energie-Subvention ausgesprochen. Nun kommt eine neue Finanzierungsmöglichkeit ins Spiel: der Klima- und Transformationsfonds.

Das neue Kompromisspaket beinhaltet höchstwahrscheinlich die Verlängerung des Spitzenausgleichs. Ursprünglich wollte Lindner diesen bis Ende 2023 auslaufen lassen. Der Spitzenausgleich stellt für Unternehmen des produzierenden Gewerbes eine Entlastung dar, indem diese ihre Stromsteuer auf Antrag erstatten lassen können.

Die Industrie ist hierbei jedoch skeptisch. Aus ihrer Sicht wäre eine Verlängerung des Spitzenausgleichs keine echte Hilfe. So sagte Christian Seyfert, Chef des Energie-Großverbraucher-Verbands VIK: „Sie würde unsere Unternehmen lediglich vor einer zusätzlichen Belastung schützen. Von einem Industrie- oder Brückenstrompreis bliebe man dann immer noch sehr weit entfernt.“

Über den Lösungsvorschlag des Berliner Bürgermeisters dachte die Ampelkoalition bereits nach. Lindner wäre dafür, die Grünen dagegen. Auch die SPD-Fraktion zeigte sich dazu skeptisch. Würde die Politik die Stromsteuer beispielsweise auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent pro kWh senken, wäre das nicht billig. Derzeit liegt sie bei 2,05 Cent pro kWh. Die Einnahmen aus der Stromsteuer belaufen sich aktuell auf 6,8 Milliarden Euro jährlich.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion