Ex-Genscher-Vertrauter: Parteien werden das Land nicht in die richtige Spur bringen

Der frühere FDP-Bundesgeschäftsführer und Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung, Fritz Goergen, warnt auf „Tichys Einblick“ vor der Illusion, eine Besserung der Zustände im Land würde durch Parteien bewirkt. Diese seien Teil des Problems selbst, nicht der Lösung.
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Wieso ändert sich nichts, wenn andere Parteien regieren?Foto: iStock
Von 25. November 2019

Fritz Goergen, geb. Fliszar, war selbst lange Zeit parteipolitisch aktiv. Von 1975 bis 1983 gehörte er – als Vize-, später als Chef – der Bundesgeschäftsführung der FDP an. Er leitete über mehr als zehn Jahre die parteinahe Friedrich-Naumann-Stiftung, war Anfang der 2000er Jahre Wahlkampfstratege und entwarf die „Strategie 18“ für den damaligen NRW-Landesvorsitzenden Jürgen W. Möllemann.

Zehn Jahre lang führte er Wahlkämpfe für den späteren Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Im Jahr 2002 hat er sich aus der Parteipolitik zurückgezogen und ist als freier Kommunikationsberater in die Privatwirtschaft gewechselt.

Parteienstaat „nicht reformierbar“

Für „Tichys Einblick“ will Goergen nun in einer mehrteiligen Serie darlegen, wo nach seiner Überzeugung die Wurzeln bestehender Missstände liegen und wie diese sich bekämpfen lassen. Bereits in seinem ersten Kurztext macht der frühere Politprofi deutlich: Die Parteien sieht er nicht als Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Aus diesem Grund warnt er auch davor, darauf zu vertrauen, dass diese, sofern sie nur ausreichend Stimmen bekämen, für die „richtige“ Politik sorgten und damit Besserung bewirkten.

Politische Parteien, so Goergen, hätten sich „im deutschen Parteienstaat in einen Zustand hinein dermaßen fehlentwickelt, dass sie zur Lösung der heute drängenden Probleme nichts mehr beitragen können, weil der Parteienstaat selbst als besonders drängendes Problem dazu strukturell nicht fähig ist“.

Er sei auch nicht reformierbar und habe – anders als der Markt – keine wirksamen Selbstreinigungskräfte, die den entstandenen Sumpf trockenlegen könnten. Dennoch setzten immer wieder Menschen auf Parteien, weil dies zu den liebgewonnenen Mustern und Rastern gehöre.

Artikel 21 des Grundgesetzes sieht vor, dass die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Diesem Auftrag seien sie allenfalls für eine gewisse Zeit in der Bonner Republik nachgekommen. Spätestens seit den 1980ern würden sie jedoch, so Goergen,

nicht im Traum daran denken, das Volk an ihrer, der Parteien, politischen Willensbildung mitwirken zu lassen“.

„Wie der Adel – nur ohne sich um Bildung und Erziehung zu sorgen“

Denn bereits in ihrem Inneren selbst finde eine solche Willensbildung nicht statt – auch wenn von Zeit zu Zeit Parteiprogramme geschrieben und beschlossen würden. Diese seien „wirkungslose Turnübungen von Parteimitgliedern, die sich trostlosen Geschäftsordnungsdebatten unterziehen“. Wer jedoch in eine Partei mit dem Ziel gegangen sei, politisch mitzugestalten, habe meist von selbst wieder die Flucht ergriffen. Das System Merkel stehe nur für ein allgemeineres Prinzip, wonach Parteien sich an ihre Beschlüsse ohnehin nicht halten.

„Was in den Parteien, scheinbar den Vorschriften der innerparteilichen Demokratie folgend, abläuft“, resümiert Goergen, „ist nur noch die politische Kulisse für eine Berufspolitikerklasse, die sich wie im historischen Feudalismus selbst ergänzt.“

Was früher der Adel auf dem Wege der Erbfolge erledigte, hätten heute eine Handvoll Spitzenfunktionäre in den Bundestagsfraktionen übernommen, die bestimmten, wer Berufspolitiker werden könne. Anders als im Adel trage man in deren Fall jedoch nicht einmal „für eine qualifizierte Erziehung und Bildung“ Sorge.



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