Fachkräfte? Kein Problem: Post droht im Tarifstreit mit Auslagerung des Briefgeschäfts

Im Tarifstreit mit der Gewerkschaft Verdi hat die Deutsche Post mit einer stärkeren Fremdvergabe des Briefgeschäfts gedroht. Die Post sieht dabei keine Probleme, ausreichend „Fachkräfte“ zu finden.
Ein Mitarbeiter der Deutschen Post AG. Foto: iStock
Ein Mitarbeiter der Deutschen Post AG.Foto: iStock
Epoch Times18. Februar 2023

Im Tarifstreit mit der Gewerkschaft Verdi hat die Deutsche Post mit einer stärkeren Fremdvergabe des Briefgeschäfts gedroht. „Wir haben als Post für Deutschland über viele Jahrzehnte ein Betriebsmodell aufgebaut, das ausschließlich mit eigenen Kräften operiert. Wenn Verdi das jetzt alles vor dem Hintergrund kurzfristiger maximaler Lohnsteigerungen infrage stellt, werden wir unser Betriebsmodell überdenken müssen“, sagte Post-Personalvorstand Thomas Ogilvie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben).

Die Äußerungen traf Ogilvie nachdem auch die dritte Verhandlungsrunde zwischen Gewerkschaft und Post AG ohne Ergebnis geblieben ist. Verdi kündigte an, nun die Urabstimmung zu einem unbefristeten Streik einzuleiten. Insgesamt hätten sich bisher fast 100.000 Beschäftigte an Streiks in Brief- und Paketzentren sowie punktuell auch bei der Paket- und Briefzustellung beteiligt, so Verdi.

Die Deutsche Post AG hat rund 160.000 Tarifbeschäftigte. Die Streiks hatten zu massiven Störungen des Postbetriebs in ganz Deutschland geführt. Etwa fünf Millionen Briefe und mehr als eine Million Pakete konnten beispielsweise wegen des Streiks am 7. Februar nicht zugestellt werden.

Ogilvie zufolge würde sich eine Änderung beim Betriebsmodell auch auf die Arbeitsplätze auswirken. „Wenn wir nicht mehr ausreichend in neue Betriebsstandorte investieren können, stellt sich die Frage, ob wir diese Standorte weiter selber betreiben können und wollen, oder ob wir sie fremdvergeben.“

Post sieht keine Probleme, „Fachkräfte“ zu finden

Ogilvie sei überzeugt davon, dass die Deutsche Post keine Probleme haben werde, die nötigen Fachkräfte zu finden. „Da wir mit die höchsten Löhne in der Branche zahlen, sind wir durchaus im Vorteil.“ Auch qualitative Abstriche fürchtet Ogilvie in diesem Szenario nicht. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass immer mehr Mitarbeiter der Post aus Osteuropa insbesondere aus Polen stammen und Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache aufweisen.

Zugleich betonte Ogilvie in den Funke-Zeitungen, keine weiteren Spielräume für ein Entgegenkommen im Tarifstreit zu sehen. Das bestehende Angebot sei das „Maximum dessen, was wir vertreten können, wenn wir auch morgen noch die Post für Deutschland sein wollen, wie wir sie heute kennen.“

Auf Streiks sei das Unternehmen vorbereitet. „Wir haben Notfallpläne vorbereitet, damit die Beeinträchtigungen für die Kunden so gering wie möglich ausfallen“, sagte Ogilvie. Es werde geprüft, ob in gewissen Bereichen eine Zusammenarbeit mit Drittkräften möglich sei – bisher sei die Fremdvergabe der Briefzustellung bis Ende Juni vertraglich ausgeschlossen. Auch bei der Lagerung von Briefen und Paketen in externen Hallen sei das Unternehmen „auf alle Eventualitäten vorbereitet“.

Post bot steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro an

Eine dritte Runde der Tarifverhandlungen zwischen Verdi und der Deutschen Post war vergangene Woche ergebnislos verlaufen. Die Deutsche Post bot nach eigenen Angaben rückwirkend ab Januar eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro für alle Tarifbeschäftigten an, zudem ab 2024 in zwei Stufen eine Lohnsteigerung um 340 Euro pro Monat.

Verdi fordert 15 Prozent mehr Gehalt sowie eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen für jedes Ausbildungsjahr um 200 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von einem Jahr.

„Das von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot ist weit von unseren Forderungen entfernt. Die Arbeitgeber waren nicht bereit, die Reallohneinbußen der Beschäftigten auszugleichen. Insbesondere die lange Laufzeit von 24 Monaten und die geringe Entgelterhöhung im Jahr 2024 erhöht das Risiko weiterer Reallohnverluste“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.

„Dass die Arbeitgeber den Ausgleich von Reallohnverlusten verweigern, ist angesichts der Milliardengewinne des Konzerns eine Provokation.“

Die am 20. Februar startende Urabstimmung zu einem unbefristeten Streik ist eine Abstimmung der Verdi-Mitglieder bei der Deutschen Post AG. Sollten mehr als 75 Prozent der Befragten das Angebot der Post ablehnen, wird Verdi den Streik einleiten.

140.000 der 160.000 Tarifbeschäftigten der Deutschen Post AG sind in den Entgeltgruppen 1 bis 3 eingruppiert, was einem Monatsgrundentgelt zwischen 2.108 und 3.090 Euro brutto entspricht. Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 betrug bei der DP AG zwei Prozent.

Deutsche Post und DHL transportieren jeden Tag 59 Millionen Briefe und 4,6 Millionen Pakete. (afp/er)



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