Hans-Werner Sinn: „Extremistische Klimapolitik ruiniert die deutsche Industrie“

Deutschland ist mit seiner Klimapolitik „ein Negativbeispiel für die Welt“. Das behauptet der Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn. Sie schade der Industrie, ein positiver Effekt für die Umwelt bleibe ebenfalls aus.
Hans-Werner Sinn: „Extremistische Klimapolitik ruiniert die deutsche Industrie“
Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des ifo-Forschungsinstituts, hält nicht viel von Deutschlands Klimapolitik.Foto: CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images
Von 27. Februar 2023

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Der Ökonom und frühere Präsident des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, kritisiert die deutsche Klimapolitik weiterhin. In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ schilderte er, wie Deutschlands „extremistische Klimapolitik die eigene Industrie ruiniert“. Mit der aktuellen Klimapolitik würde Deutschland „ein Negativbeispiel für die ganze Welt“ sein.

Darüber hinaus könne die deutsche Bundesregierung aufgrund globaler Folgeprozesse für das Weltklima keinen positiven Effekt bewirken.

Deswegen müsse Deutschland auf andere Länder wie China zugehen, die besonders viele Emissionen ausstoßen und sie zur Reduzierung dieser zu bewegen. Ein deutscher Alleingang sei nicht zielführend.

Sinn hält zudem das Reden über die Vorbildfunktion und Wettbewerbsvorteile, die durch diese Politik entstehen sollen, für Propaganda. Der Wirtschaftsprofessor ist überzeugt, dass Deutschland es mit dem derzeitigen Kurs nicht schafft, bis 2045 vollständig aus der fossilen Energie auszusteigen. Derzeit würde eine ganze Volkswirtschaft mit 83 Millionen Einwohnern als „Versuchskaninchen für alternative Technologien“ herhalten.

Kehrtwende in der Außenpolitik nötig

„Alleingänge bedeuten lediglich, dass andere Teile der Welt exakt so viel mehr Öl kaufen und CO₂ emittieren, wie wir einsparen“, zitiert die „Welt“ den Ökonomen. „Wer in Europa trotzdem einen unilateralen Totalausstieg fordert, desavouiert die gesamte grüne Bewegung.“

Als Lösung schlug Sinn eine Kehrtwende in der deutschen Außenpolitik vor. Dabei müsse Deutschland „sofort mit einer neuen Entspannungspolitik gegenüber den großen Mächten dieser Erde beginnen.“

Dazu sei es auch nötig, den „außenpolitischen Moralismus zu unterlassen und den Ausgleich mit China zu suchen.“ Die Erderwärmung zu bremsen hält Sinn für wichtiger als die Frage, wo welche Ländergrenzen gezogen werden. „Die würden sowieso überrannt, wenn es auf der Erde zu heiß würde.“

Null Klimaeffekt bei Europas Verzicht auf fossile Brennstoffe

Bereits bei einem Vortrag im Sommer 2022 erklärte Sinn, warum sich der Ausstoß von CO₂ und anderer sogenannter Klimagase nicht reduziert, wenn Deutschland und Europa auf Kohle, Gas und vor allem Öl verzichten.

Die weltweite Förderung an fossilen Brennstoffen würde sich nicht an unserem Boykott stören. Die Ölproduzenten förderten ungehindert mindestens genauso viel wie bisher. Andere kaufen dann nach Sinns Prognose die Menge, auf die Deutschland und Europa verzichten. Somit gelange das CO₂ dann andernorts in die Atmosphäre.

Um tatsächlich eine Einsparung zu erzielen, müssten Deutschland oder Europa weiter wie bisher Kohle, Gas und Öl vom Weltmarkt beziehen und in riesigen Behältern einlagern, anstatt sie zu verbrennen und zu verwerten. Dann gelange davon kein CO₂ in die Luft.

Wohlstandseinbußen durch Klimapolitik

Sinn warf der Bundesregierung schon zu Jahresbeginn vor, die wahren Kosten der Energiewende zu verschleiern. Demnach werde speziell „von grüner Seite ein Narrativ verbreitet, das falscher kaum sein kann und im Kern unehrlich ist.“ Ihr Narrativ besage, dass durch die Nutzung grüner Energie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen würden. Einerseits würde man dem Klima helfen, und billiger als vorher soll es auch noch sein. Die Wahrheit sei jedoch eine andere.

„Indem wir teurere Energien durch das Verbot der billigeren Alternativen erzwingen, werden wir die Industrie dezimieren und massive Wohlstandseinbußen hinnehmen müssen“, warnte der Ökonom. Maßnahmen wie das Aus für die Atomenergie, das Verbot des Verbrennermotors und das Ende von Öl- und Gasheizung bewiesen, dass die Energiewende, wie Deutschland sie betreibe, teuer werde. Deutschland brauche aber billigere Energie.

Mit einem dauerhaften Rückgang der Inflation rechnet Sinn nicht. „Leider sagen uns die Erfahrungen aus den Siebzigerjahren, dass wir mit weiteren Wellen rechnen müssen. Perspektivisch gibt es Kräfte, die die Inflation neu aufbauen. Der Gasmangel zum nächsten Winter ist ja bereits programmiert“, so der Ökonom. Obwohl Russland wieder mehr Gas nach Europa liefert, bevorzugt es die Bundesregierung, dieses zu boykottieren.

Die Lohn-Preis-Spirale greife bereits, wie man an Abschlüssen und Forderungen vonseiten der Gewerkschaften sehe. „Und die Staaten werden neuen inflationären Schuldendampf in das System einströmen lassen, weil die Teuerung die Schulden relativ zum inflationär aufgeblasenen Sozialprodukt fallen lässt.“

Um die Energiekrise in den Griff zu bekommen, müsse Deutschland „die noch laufenden Kernkraftwerke weiterbetreiben und die schon abgestellten wieder anfahren“. Deutschland sei das Land, in dem die Grundlagen für die Kernphysik gelegt worden seien.

Dass man sich gerade hier von dieser Technologie verabschiede, sei „ein Unding“. Wenn Kernenergie gefährlich werde, dann deshalb, weil es andere mit weniger Know-how betrieben als Deutschland es hätte.

(Mit Material von dts)



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