„Heidelberger Erklärung“: Kann die CDU mit konservativem Kurs die politische Landschaft prägen?

Die CDU hat sich bei ihrer Winterklausur in Heidelberg als klares Gegenmodell zur Ampel-Regierung positioniert und eine ehrgeizige „Heidelberger Erklärung“ beschlossen. Eines wurde klar: Die kommenden Jahre werden zu einem Balanceakt für die Partei. Eine Analyse.
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Parteichef Friedrich Merz und Generalsekretär Carsten Linnemann positionieren die CDU wieder deutlich rechts der Mitte.Foto: Über dts Nachrichtenagentur
Von 14. Januar 2024

Zwei Tage hat der Parteivorstand der CDU am Freitag und Samstag zur Winterklausur in Heidelberg zusammengesessen. Die Union möchte sich im wichtigen Wahljahr 2024 als klares Gegenmodell zur Ampel-Regierung in Position bringen. Das war an beiden Tagen zu spüren.

Union in Umfragen bundesweit stärkste Kraft

Die Union kann mit dem bisher Erreichten durchaus zufrieden sein. In Umfragen steht sie schon seit Wochen über 30 Prozent. Das sind Ergebnisse, die die Partei wieder in Richtung Volkspartei bringen. Davon kann die SPD momentan nur träumen. Gab es auch 2021 für die Sozialdemokraten noch einmal zur Bundestagswahl Aufwind, der Olaf Scholz ins Kanzleramt geweht hat, ist davon heute nicht mehr viel übrig geblieben.

Würde am kommenden Sonntag der Bundestag gewählt werden, dann würden, laut der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Forsa“ nur noch 15 Prozent der Wählerinnen und Wähler der SPD ihre Stimme geben.

Das gut Ergebnis der Union resultiert vor allem aus der Schwäche der Ampel-Regierung und ihrer Konflikte. Das weiß auch die CDU. Trotzdem sieht sie sich im Aufwind. Die Klausursitzung des Parteivorstandes konnte sich deshalb auf die Verabschiedung ihres Grundsatzprogrammentwurfs konzentrieren, das nun auch formell beschlossen wurde, nachdem Details schon im Dezember bekannt geworden waren.

Als zum Abschluss der Klausur am Samstagmittag der Parteivorsitzende Friedrich Merz zusammen mit dem Generalsekretär Carsten Linnemann vor die Presse treten, teilt Merz sichtlich erfreut mit, dass man innerparteilich geschlossen und konstruktiv über den Kurs der Partei in den kommenden zwei Jahren gesprochen habe.

Ausdrücklich dankte er seinem Generalsekretär Linnemann, der sich in den letzten Monaten federführend um die Erstellung des Grundsatzprogramms gekümmert hatte. Linnemann, der seine Stärken selbst in der Programmarbeit sieht, hat ein Programm vorgelegt, das wieder stärker auf CDU-pur setzt. Die auch innerparteilich von vielen zum Schluss als bleiern empfundenen Merkel-Jahre sollen damit überwunden werden.

Regierung im Wartestand

Als Ergebnis des Beratungsprozesses hat Merz die „Heidelberger Erklärung“ für die Journalisten im Gepäck. Dies ist ein achtseitiger Ritt durch die momentanen politischen Herausforderungen des Landes: Wachstumsschwäche, Finanzen und Bürgergeld, die Funktionsfähigkeit des Staates, Energie und Klima, Zusammenhalt, Recht und Ordnung, Sicherheit, Europa und die momentan von vielen Menschen als drängendstes Problem empfundene Migration.

Das Vertrauen in die Regierung sei auf dem Tiefpunkt, heißt es in dem Papier gleich im ersten Absatz, die Stimmung sei „so schlecht wie selten zuvor“. In diesen Zeiten brauche es „eine Politik, die Stabilität schafft, und eine kraftvolle Führung, die Probleme anpackt“. Die Ampel aber werde dieser Verantwortung nicht gerecht, der Kanzler ducke sich weg und rechtsradikale sowie populistische Kräfte würden immer stärker.

Das Konzept der Union gegen diese Misere ist ein Ankurbeln des Wachstums. Das soll mit einer „attraktiven Unternehmenssteuer“ oder auch mit weniger Bürokratie durch weniger Beitragspflichten gelingen. In diesem Zusammenhang nennt das Papier die in der Wirtschaft verhasste Lieferkettenregulierung.

Steuerliche Entlastungen soll es auch bei kleinen und mittleren Einkommen geben. Wer arbeitslos wird, soll nach Vorstellung der Union zunächst mehr Arbeitslosengeld erhalten als bisher.

Das von der Union seit Einführung kritisierte Bürgergeld soll wieder abgeschafft werden und wieder der Leitgedanke von Fordern und Fördern in den Mittelpunkt gerückt werden. Daher sollen Mitwirkungspflichten ebenso wieder erhöht werden, genauso wie die Sanktionsmöglichkeiten.

Beim Klima heißt es in der Erklärung, dass „Wirtschaft und nachhaltiger Klimaschutz“ keine Gegensätze seien, „sondern einander bedingen“. Das zentrale Element hierbei soll, laut CDU, der Emissionshandel sein. Das von der Ampel beschlossene „Heizungsgesetz“ will die CDU wieder abschaffen.

Auch der Ampel-Beschluss der Abschaffung des Agradiesel-Privilegs soll wieder „vom Tisch“. Weiter spricht sich die CDU für ein „verpflichtendes Gesellschaftsjahr für Schulbgänger“ aus.

Wer das Papier liest, erkennt schnell, dass hier eine Partei sich als Regierung im Wartestand sieht. Dass Merz nichts gegen eine vorgezogene Bundestagswahl hätte, machte der Parteichef in letzter Zeit immer wieder deutlich. „Als CDU stehen wir bereit, Verantwortung zu übernehmen.“, heißt es dann auch selbstbewusst in der „Heidelberger Erklärung“.

Für die CDU ein Jahr der Herausforderungen

Auch wenn die Partei sich in den letzten Tagen als Garant des Aufbruchs und selbstbewusst präsentiert, wird es doch für die CDU ein schweres Jahr. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg stehen Landtagswahlen an. Ein Selbstläufer werden diese für die CDU nicht.

In Sachsen verwies die AfD (34 Prozent) die regierende CDU mit 30 Prozent in Umfragen auf den zweiten Platz. Nur eine Koalition mit den Grünen und den Linken, zu der die Partei eigentlich einen Abgrenzungsbeschluss verhängt hat, könnte dann die Regierung der CDU retten. Keine wirklich rosigen Aussichten für die Christdemokraten.

Schlechter ist die Lage in den anderen Bundesländern. In Thüringen liegt die Partei in Umfragen bei 20 Prozent. Die AfD um den Landesvorsitzenden, Björn Höcke, erreichte hier in Umfragen zuletzt 36 Prozent.

Auch hier wird die CDU wahrscheinlich ihr Verhältnis zu den Linken überdenken, die bei Umfragen bei 17 Prozent liegen. Anders wird sich vermutlich keine Regierung gegen die AfD bilden lassen. In Brandenburg lag die CDU in Umfragen zuletzt bei 18 Prozent, hinter der AfD (32 Prozent) und der SPD, die auf 22 Prozent kommt.

CDU von allen Seiten in die Mangel genommen

Die CDU läuft im Moment Gefahr, von vielen Seiten in die Mangel genommen zu werden – von der AfD auf der einen Seite, aber auch vom „Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW)“, das in Ostdeutschland auf zweistellige Ergebnisse hoffen kann. Hinzu kommt, dass gerade erst Ex-Verfassungsschutzpräsident, Hans-Georg Maaßen, mit seiner Werteunion eine Parteigründung angekündigt hat.

Friedrich Merz zeigte deshalb auf der Pressekonferenz gleich harte Kante gegen die Partei im Wartestand, die nach eigenen Angaben, aus vielen CDU- und CSU-Mitgliedern besteht.

Sollte die Mitgliederversammlung der Werteunion am 20. Januar nicht den Weg einer Parteineugründung gehen, werde er auf dem nächsten Parteitag einen Abgrenzungsbeschluss zur Werteunion auf den Weg bringen. Eine Mitgliedschaft in der CDU wäre dann unvereinbar mit einer Mitgliedschaft in der CDU.

Rechts blinken, links überholen?

Auch in Richtung AfD machte Merz am Samstagmittag eine deutliche Kampfansage. Hinsichtlich des weiteren Umgangs mit der AfD soll die Union jetzt raus aus der Komfortzone des Jahresbeginns. Der Vorsitzende, der gegen ein Verbotsverfahren ist, will, dass die CDU die Rechten stärker attackiert und inhaltlich stellt.

Doch ein Problem könnte Merz und seine CDU in den kommenden Jahren ereilen: Je mehr Abgrenzung seine Partei betreibt, umso weniger Optionen bleiben dem Parteichef nach der Bundestagswahl, spätestens 2025.

Die Wähler der Christdemokraten könnten am Ende enttäuscht werden, wenn sie eine Partei wählen, die sich programmatisch wieder rechts der Mitte aufgestellt hat, der am Ende aber nur Koalitionsoptionen im linken Lager bleiben. Rechts blinken und links überholen, könnte sich dann schnell als Bumerang für Friedrich Merz erweisen.



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