Immobilien: Creditreform rechnet mit Zunahme von Zwangsversteigerungen

Der Aufwärtstrend bei Preisen für Immobilien ist trotz teilweiser Wohnungsnot gestoppt. Creditreform rechnet mit einer Zunahme der Zwangsversteigerungen.
Berlin
Immobilien in Berlin. Die Preise sinken wieder.Foto: iStock
Von 6. April 2023

Der Leiter des Bereichs Wirtschaftsforschung bei der Auskunftei Creditreform, Patrik-Ludwig Hantzsch, warnt vor mittelfristigen Verwerfungen am Markt für Immobilien. Derzeit, so erklärte er gegenüber dem „Handelsblatt“, wirke der Immobilienmarkt in Deutschland zwar noch stabil. Krisenfolgen wie die Zinswende oder immer weitreichendere Sanierungsvorgaben der Politik steigerten jedoch zunehmend die Wahrscheinlichkeit von Zwangsversteigerungen.

Mit Ablauf der Zinsbindung werden Karten neu gemischt

Zahlreiche laufende Hauskredite seien auf Kante genäht, erläuterte Hantzsch. Derzeit träfen die Zinswende und die dadurch bewirkten höheren Finanzierungskosten nur Neukunden. Allerdings seien viele Verträge so gestaltet, dass Zinsbindungen für zehn oder 20 Jahre Gültigkeit hätten. Noch Anfang 2022 hätten Immobilienkäufer mehrjährige Darlehensverträge noch zu Zinssätzen von weniger als einem Prozent abgeschlossen.

Mittlerweile ist der Durchschnittszinssatz für ein Zehn-Jahres-Darlehen laut der FMH-Finanzberatung jedoch auf mehr als vier Prozent angestiegen. Für die Anschlussfinanzierungen wären demnach diese Verhältnisse die Benchmark. Je nach Immobilienpreis und Stadium der Finanzierung könne dies Mehrkosten im teils sechsstelligen Bereich bewirken – und bereits die Monatsraten deutlich erhöhen.

Markt gleich von mehreren Krisen gleichzeitig heimgesucht

Die höheren Finanzierungskosten treffen nicht nur auf eine anhaltend hohe Inflation, die den Alltag der Immobilienbesitzer belastet. Dazu könnten erhebliche Mehrkosten infolge staatlicher Vorgaben zur energetischen Sanierung kommen. Der zuletzt durch die Heizungsvorgaben in die Debatte gerückte Austausch bestehender Gas- und Ölheizungen durch Wärmepumpen droht zusätzliche Kosten zu verursachen. Experten gehen dabei von mehreren zehntausend Euro aus.

Zwar herrsche in vielen Großstädten nach wie vor Wohnungsnot. Dieser Umstand halte auch die Preise für Immobilien dort auf einem hohen Niveau. Allerdings sei dies nicht der einzige Einfluss auf den Sektor. Hantzsch sieht den Immobiliensektor besonders von den vielen Auswirkungen parallel verlaufender Krisen betroffen:

Denken Sie an die Wohnungsknappheit in Großstädten, an dauerhaft steigende Zinsen, an Materialknappheit, an fehlende Arbeitskräfte im Bausektor, an die Klimaziele und vieles mehr.“

Geplatzte Finanzierungen mindern den Wert von Immobilien

Je mehr Kreditverträge platzten und Immobilien in die Zwangsversteigerung kämen, umso größer werde die Gefahr einer Abwärtsspirale. Je mehr Zwangsversteigerungen zur Normalität würden, umso stärker belaste dies den Wert beliehener Immobilien. Banken würden entweder von Beginn an höhere Sicherheiten fordern – was dazu führen könne, dass Finanzierungen unterblieben. Oder sie forderten Sicherheiten und zusätzliches Eigenkapital nach – was wiederum zum Platzen laufender Verträge führen könne.

Ungünstigere Finanzierungsbedingungen dämpften hingegen die Nachfrage und diese wiederum die Preise. Ein weiterer Faktor sei die künftige Zinspolitik der Zentralbanken. Derzeit steht bei diesen das Einbremsen der Inflation im Vordergrund. Eine drohende Kreditklemme auf dem Immobilienmarkt könnte jedoch auch dort wieder ein Umdenken auslösen.

Für Mieter könnte die Entwicklung auch in Metropolen eine Gelegenheit zum Durchatmen bedeuten. Zuletzt waren insbesondere in Städten wie Berlin die Mieten stärker gestiegen als die Kaufpreise für Immobilien. Allerdings schwindet die Kaufkraft infolge der Inflation weiter, dazu kommen die immer höheren Energiekosten. Irgendwann endet auch für Vermieter der Spielraum für Mieterhöhungen – denn Mietforderungen bringen diesen nur dann Einnahmen, wenn sie auch bezahlt werden.

Vonovia wegen ungünstiger Käufe von Immobilien unter Druck

Zuletzt musste die größte private Wohnungsvermietungsgesellschaft Vonovia starke Kursverluste ihrer Aktie einstecken. Grund dafür ist, dass die Gesellschaft den Erwerb einer Reihe von Immobilien und Sanierungen über Schulden finanziert hatte. Einige hatte sie auch zu verhältnismäßig hohen Preisen erworben.

Um den negativen Folgen dieser Entwicklung gegenzusteuern, wird an eine Kapitalerhöhung gedacht, die den Wert der Altaktien mindert. Eine andere Option wäre der Verkauf von Immobilien. Allerdings müsste dieser zu eingetrübten Marktbedingungen erfolgen.



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