Kein Streik zu Ostern? Bahn und GDL verhandeln wieder

Die Lokführergewerkschaft und die Bahn verhandeln wieder, nach heftigem Streit soll nun schon im Laufe der Woche ein Ergebnis her. Die FDP lässt in der Debatte über Arbeitskämpfe nicht locker.
Der Bahnstreik ist vorerst abgewendet - die Bahn behält aber Kulanzregelungen bei.
Aktuell wird verhandelt, ein neuer Bahnstreik ist vorerst nicht in Sicht.Foto: Jens Büttner/dpa
Epoch Times17. März 2024

Die Nachricht dürfte viele Bahnreisende erleichtert haben: Die Lokführergewerkschaft GDL und die Deutsche Bahn sprechen wieder miteinander. Nicht nur das: Eine Einigung stehe bereits in der neuen Woche bevor. Auf Streiks will die Gewerkschaft von GDL-Chef Claus Weselsky bis dahin verzichten. Nach sechs Ausständen könnte der seit Monaten schwelende Arbeitskampf noch vor Ostern befriedet werden.

„Beide Parteien sind zuversichtlich, in der nächsten Woche ein Ergebnis mitteilen zu können“, teilten der Konzern und die Gewerkschaft am Samstag mit. „Die GDL sieht bis dahin von weiteren Streiks ab.“ Zu vielen Themen sei bereits eine Verständigung erreicht worden.

Streikfreie Osterzeit möglich

Schon der neue Stil der Tarifparteien kann Bahnfahrer hoffen lassen: Statt vor den Verhandlungen öffentlich Bedingungen zu stellen, blieb diesmal sogar deren Wiederaufnahme ein Geheimnis. „In kleinstem Kreis und hinter verschlossenen Türen“ werde verhandelt, hieß es in der Mitteilung, gleichlautend versandt von beiden Seiten. Über den Verhandlungsstand sei Stillschweigen vereinbart worden.

Relevant ist die Nachricht auch, weil in einigen Bundesländern bereits am Montag die Osterferien beginnen. Vor diesem Hintergrund hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing Gewerkschaften im Luftverkehr und bei der Bahn zuvor aufgerufen, einen Osterfrieden einzuhalten.

„Es ist wichtig, dass jetzt eine Lösung gefunden wird“, sagte der FDP-Politiker am Samstag am Rande des rheinland-pfälzischen Landesparteitags. Die Tarifkonflikte müssten im Rahmen der Tarifautonomie ausgetragen werden.

Wissing (FDP) sagte der „Rheinpfalz“: „Wir können Tarifkonflikte nicht über das Streikrecht lösen.“ Es sei Aufgabe der Bundesregierung, das geltende Recht zu schützen“, sagte Wissing. „Deshalb verbietet es sich für mich, in der laufenden Auseinandersetzung daran etwas in Frage zu stellen.“

Trotz der Streiks hält Wissing dem Interview zufolge die Privatisierung der Bahn für richtig. „Wir haben eine neue Infrastrukturgesellschaft geschaffen, die den Infrastrukturbereich am Gemeinwohl orientiert steuert, aber der Betrieb muss privat sein“, sagte er und ergänzte, dass Deutschland kein Land sei, in dem besonders viel gestreikt werde. „Auch wenn derzeit viel zusammenkommt.“

Zuspruch kam auch vom Fahrgastverband Pro Bahn. „Die absehbare Einigung ist in jedem Fall im Sinne der Fahrgäste, die für weitere Streikmaßnahmen immer weniger Verständnis gehabt hätten“, sagte der Vorsitzende Detlef Neuß dpa.

Gerade in der reiseintensiven Osterzeit wären Streiks ein Rückschlag für die Mobilitätswende und das Verkehrsmittel Bahn. „Die Fahrgäste haben mit den normalen Verspätungen schon genug Probleme“, sagte Neuß.

Auch Vermittlung brachte kein Ergebnis

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und die Deutsche Bahn saßen zuletzt im Februar für mehrere Wochen zusammen, um zu einer Lösung in dem Tarifkonflikt zu kommen. Vermittelt hatten in dieser Phase der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière sowie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU). Ob die beiden auch in dieser Verhandlungsrunde wieder als Moderatoren auftreten werden, blieb zunächst unklar.

Eine formale Schlichtung hatte insbesondere die GDL bisher abgelehnt. Bei einer solchen würden beide Seiten zuvor eine Schlichtungsvereinbarung treffen. Häufig geht damit einher, dass ein Schlichterspruch für beide Seiten bindend ist. Für den Kompromissvorschlag, den de Maizière und Günther in der jüngsten Verhandlungsrunde gemacht hatten, galt das nicht. Die Gewerkschaft ließ sich daher nicht darauf ein.

Arbeitszeit als Zankapfel

Knackpunkt der Verhandlungen war zuletzt eine Forderung der GDL, die Arbeitszeit der Schichtarbeiter von 38 auf 35 Wochenstunden zu reduzieren, und zwar bei gleichbleibendem Gehalt. Die Bahn hatte sich bisher bereit gezeigt, die Arbeitszeit ohne finanzielle Einbußen in zwei Schritten bis 2028 auf 36 Stunden abzusenken. GDL-Chef Weselsky lehnte aber ab.

Die Gewerkschaft hat bereits mit mehr als zwei Dutzend anderen Eisenbahnunternehmen Tarifverträge abgeschlossen, in denen die 35-Stundenwoche festgeschrieben ist. Diese stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass auch der bundeseigene Bahnkonzern sich auf einen solchen Abschluss einlässt. Ansonsten würden die bestehenden Verträge entsprechend angepasst. Weselsky will das verhindern.

Bereits sechs Mal hat die GDL in dem aktuellen Tarifstreit mit der Deutschen Bahn bisher zu Arbeitskämpfen aufgerufen. Zuletzt setzte die Gewerkschaft auf einen sogenannten Wellenstreik, den sie deutlich kurzfristiger als die bisherigen Ausstände ankündigte.

FDP-Generalsekretär will Streikrecht reformieren

Aus der FDP kam erneut die Forderung nach einer Reform des Streikrechts. Besonders bei kritischer Infrastruktur sei es wichtig, „dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt und eine maßlose Streikgier, wie wir sie erlebt haben, in Zukunft unterbunden wird“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Bild am Sonntag“.

Dazu gehörten Instrumente wie verpflichtende Schlichtungen, klare Streikfristen und die Möglichkeit, Verhandlungsführer auszutauschen. Die Bundesregierung hatte derlei Forderungen zuletzt eine Absage erteilt.

Besonders das Verhalten der GDL kritisierte Djir-Sarai hart: GDL-Chef Claus Weselsky habe „das ganze Land monatelang in Geiselhaft genommen, ohne ernsthafte Bereitschaft zur Kompromissfindung erkennen zu lassen.“ Der volkswirtschaftliche Schaden für Deutschland sei mittlerweile enorm. „So kann es in Zukunft nicht weitergehen“, sagte der Generalsekretär.

SPD für Streikrecht

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi (SPD), verwies dagegen auf die Tarifautonomie. „Das Streikrecht ist ein in der Verfassung verankertes Grundrecht“, sagte sie dem Onlineportal Web.de News. Eine Einschränkung „wäre eine Beschneidung der Tarifautonomie – das können und werden wir nicht akzeptieren“.

In Deutschland gebe es ein sehr restriktives Streikrecht, führte Fahimi aus. Wenn dieses infrage gestellt werde, „ist das entweder reiner Populismus oder ein leichtfertiges Spiel mit Verfassungsrechten.“ Forderungen nach einer Einschränkung des Streikrechts seien „eine absolute Kampfansage an die Gewerkschaften und wir werden da keinen Millimeter nachgeben.“

In den vergangenen Tagen hatten unter anderem SPD-Chef Lars Klingbeil und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich Forderungen nach Einschränkungen des Streikrechts zurückgewiesen. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) plädierte dagegen für Reformen.

Die GDL hat in der aktuellen Tarifrunde bereits sechs Mal gestreikt, der jüngste Streik endete am Mittwochmorgen. Die Gewerkschaft will vor allem ihre Forderung nach einer 35-Stunden-Woche für Schichtbedienstete bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. Am Samstag teilten beide Seiten mit, dass die neuen Verhandlungen „in kleinstem Kreis und hinter verschlossenen Türen“ stattfänden. (afp/dpa/red)



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