Lauterbach präsentiert Hitzeschutzplan – Union: „Gesunder Menschenverstand reicht aus“

In Berlin hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach seinen lange erwarteten Hitzeschutzplan vorgestellt. Er soll vor allem aufklären und warnen – auch unter Einbindung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellt in Berlin den Hitzeschutzplan vor.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte am 28. Juli in Berlin den Hitzeschutzplan vor.Foto: Britta Pedersen/dpa
Von 29. Juli 2023

Bei etwas über 20 Grad Lufttemperatur am frühen Nachmittag in Berlin hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Freitag, 28. Juli, seinen Hitzeschutzplan vorgestellt. Der Minister hatte diesen bereits seit einigen Wochen angekündigt. Nun hat das Kabinett diesen verabschiedet – und will ihn nun zügig umsetzen.

Wie kommt Lauterbach auf seine Zahlen?

Gemeinsam mit dem Chef des Deutschen Hausärzteverbandes, Markus Beier, präsentierte Lauterbach die Eckpunkte seines Konzepts. Als Hauptanliegen benannte der Minister die Halbierung der Anzahl Hitzetoter in Deutschland. Diese habe in Deutschland im vergangenen Jahr bei mehr als 8.000 gelegen. Von Mitte April bis Mitte Juli dieses Jahres seien es 1.500 gewesen, so das Robert Koch-Institut.

Grundlage für die Zahlen seien Erhebungen des Barcelona Institute for Global Health. Dieses vergleiche dazu die Anzahl der Sterbefälle in den sehr heißen Wochen mit jener in solchen mit milderem Sommerwetter. Für Deutschland kam man dabei für 2022 auf 8.170 Hitzetote, für Europa insgesamt auf mehr als 60.000.

Hitzeschutzplan setzt auf Warnungen und Aufklärung

Im Zentrum des Hitzeschutzplans, der sich Lauterbach zufolge am Vorbild Frankreich orientiere, stünden Warnung und Aufklärung. Wie die „Augsburger Allgemeine“ berichtet, plant Lauterbach etwa eine „bundeseinheitliche Empfehlung für Hitzeschutzpläne in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten“.

Je nach Außentemperatur sollen die Einrichtungen Maßnahmen staffeln. Im Papier des Ministeriums verspricht man sich davon perspektivisch eine „Grundlage für das Auslösen von Interventionskaskaden“. So will man vor allem vulnerable Gruppen besser vor den Folgen von Hitzewellen schützen. Neben älteren und chronisch kranken Menschen zählt Lauterbach auch Schwangere und Obdachlose dazu.

Ärzte will man dafür gewinnen, „regelmäßig präventive Ansprachen“ an besonders gefährdete Patienten zu halten. Hausärzteverbandschef Beier verweist darauf, dass gerade chronisch kranke ältere Menschen zu wenig Flüssigkeit zu sich nähmen. Viele von ihnen hingen etwa der irrigen Vorstellung an, bei Herzschwäche solle man nicht viel trinken.

Lauterbach will direkte Ansprache aller Gefährdeten erreichen

Als Grundlage für die Identifizierung herannahender Hitzewellen soll das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) dienen. Schon bald solle dieses „von allen relevanten Akteuren routinemäßig genutzt“ werden. Zudem will Lauterbach auch die Vorbereitungsmöglichkeiten von Hitzewarnungen ausbauen.

Man wolle „jeden, der gefährdet ist, erreichen“, betont der Minister – auch auf digitalem Wege. Entsprechend sollen neben Radio, SMS und Fernsehen künftig auch Apps zur Anwendung kommen, wenn es um die Warnung vor aufziehenden Hitzewellen gehe. In Frankreich gebe es bereits ein System, das ältere Menschen auf telefonischem Wege warnt.

In Deutschland sei man „auch dabei, direkte Warnungen auszuspielen für extreme Hitzesituationen“, betont Lauterbach. Dabei sollen die direkte Ansprache über SMS und die offizielle bundesweite NINA-Warnapp (Notfall-Informations- und Nachrichten-App) eine Rolle spielen.

Deutsches Konzept „zu 80 Prozent“ an französischem orientiert

Lauterbach setzt bei seinem Hitzeschutzplan zudem auf Plakatwerbung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Diese soll in Arztpraxen oder an Straßen zu ausreichendem Trinken, Aufenthalt im Schatten oder Verzicht auf körperliche Anstrengung mahnen.

Aber auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk will Lauterbach in die Umsetzung des nationalen Hitzeschutzplans einbinden. Gemeinsam mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat er eigenen Angaben zufolge die öffentlichen Rundfunkhäuser angeschrieben. Der Minister sieht auch schon erste Erfolge seiner Initiative. So stellt Lauterbach fest:

Der Hitzeschutz ist jetzt viel stärker integriert in das Nachrichtengeschehen.“

Insgesamt entspreche der Hitzeschutzplan, so der Minister, „nun zu 80 Prozent dem, was auch in Frankreich gemacht wird“. Dort bestehen vier Warnstufen. In der höchsten sind Kommunen dazu angehalten, den Zugang zu Schwimmbädern und Stränden zu erleichtern. Außerdem sollen sie Wasser verteilen und der Sportunterricht an Schulen werde gestrichen. In Deutschland entscheidet über solche Maßnahmen nicht der Bund.

Sozialverband Deutschland lobt Hitzeschutzplan – Kritik aus der Union

Langfristig plant der Bund als Hitzeschutzmaßnahme zudem mehr Schattenplätze und Grünflächen in Innenstädten anzulegen. Außerdem gibt es bereits einen vom RKI veröffentlichten wöchentlichen Hitzeradar. Zudem hat die LMU München jüngst die vom Bund geförderte Website hitzeservice.de freigeschaltet. Auf dieser können sich Städte und Kommunen über Hitzeaktionspläne informieren.

Während der Sozialverband Deutschland (SoVD) den Hitzeschutzplan vor dem Hintergrund des Klimawandels begrüßt, kommt Kritik aus der Unionsfraktion im Bundestag. Deren gesundheitspolitischer Sprecher Tino Sorge wirft Lauterbach „Alarmismus“ vor.

Die große Mehrheit der Bevölkerung fühle sich „längst gut darüber informiert, wie man mit Hitze umgehen kann“. Der „gesunde Menschenverstand“ solle die Richtschnur im gesellschaftlichen Umgang mit zunehmender Hitze in Deutschland sein, so Sorge.

Die Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) Inge Paulini hatte sich bereits vor der Vorstellung des Hitzeschutzplans zu Wort gemeldet. Sie forderte die Kommunen auf, vor allem Kinder und Jugendliche besser vor schädlicher UV-Strahlung zu schützen. Dazu sei die Schaffung von Schattenplätzen ein probater Weg. Zudem solle neben Temperaturen im öffentlichen Raum auch der UV-Index angezeigt werden.

(Mit Material von AFP und dpa)



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