„Letzte Generation“ will ins EU-Parlament

Die „Letzte Generation“ will das EU-Parlament „richtig aufmischen“, erklären die Aktivisten in einer Mitteilung. Dafür suchen sie Unterstützung, um am 9. Juni an der Wahl zum Europäischen Parlament teilnehmen zu können.
Policeman remove a climate activist of the Last Generation movement from the finish area of the men's Alpine World Cup slalom race in Hochgurgl, Austria on November 18, 2023. (Photo by KERSTIN JOENSSON / AFP) (Photo by KERSTIN JOENSSON/AFP via Getty Images)
Polizisten entfernen einen Aktivisten der „Letzten Generation“ aus dem Zielbereich des alpinen Weltcup-Slalomrennens der Herren in Hochgurgl, Österreich, am 18. November 2023.Foto: Kerstin Joensson/AFP via Getty Images
Von 8. Februar 2024

Die umstrittene Protestgruppe „Letzte Generation“ will bei der EU-Parlamentswahl im Juni antreten. Die Gruppe habe eine „sonstige politische Vereinigung“ gegründet und werbe nun um Helfer und Spenden, teilten die Aktivisten am Mittwoch, 7. Februar, mit.

„Dann starten wir mit dem Sammeln von 4.500 Unterschriften, um zur Wahl zugelassen zu werden.“ Ihren Widerstand haben sie auf die Straßen, in den Alltag und in Gerichtssäle gebracht, schreibt die Gruppe. „Jetzt bringen wir ihn ins Europaparlament.“ Man wolle das EU-Parlament „aufmischen“.

Wenn „innerhalb der nächsten Woche“ 100 Helfer gefunden und 50.000 Euro auf einem Spendenkonto eingingen, werde die „Letzte Generation“ mit dem Sammeln der Unterschriften beginnen. „Zusammen streben wir nach der großen Veränderung, die wir so dringend brauchen. Wir lassen keine Möglichkeit aus, genau das unignorierbar zu machen, Widerstand bekommt auch im EU-Parlament eine Stimme – die Stimme der Letzten Generation“, heißt es in einer Mitteilung.

Die Aktivisten teilten am Mittwochabend, 7. Februar, um 19:07 Uhr bei gofundme mit, dass sie innerhalb von „wenigen Stunden“ ihr Finanzierungsziel von 50.000 Euro erreicht hätten. „Was für ein grandioses Signal eures Vertrauens.“

Die Wahl zum Europäischen Parlament findet am 9. Juni statt. Im Gegensatz zu Bundestagswahlen können daran neben Parteien auch sogenannte sonstige politische Vereinigungen teilnehmen.

Sie müssen laut Bundeswahlleiterin eine mitgliedschaftliche Organisation sein, an der politischen Willensbildung teilnehmen, auf die Mitwirkung in Volksvertretungen ausgerichtet sowie in mindestens einem der EU-Mitgliedstaaten tätig sein. Eine Teilnahme an anderen nationalen oder kommunalen Wahlen ist nicht Voraussetzung für das Antreten bei der Europawahl.

Stimmenanteil von 0,5 Prozent reicht aus

Für die beabsichtigte Kandidatur zur Europawahl im Juni sei es sehr knapp, erklärte Henning Jeschke, einer der Gründer der „Letzten Generation“ in einer Onlinekonferenz. Viele hätten gesagt, das könne gar nicht mehr klappen. Doch reiche bei der EU-Parlamentswahl ein Stimmenanteil von 0,5 Prozent, um einen Sitz zu erobern, das seien etwa 250.000 Stimmen.

Bei dieser „Europawahl“ gilt in Deutschland keine Sperrklausel. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 zunächst eine Fünf-Prozent-Hürde gekippt, später dann auch eine Drei-Prozent-Hürde. Eine Wahlrechtsreform von 2022 sieht vor, dass bei künftigen Wahlen in großen Mitgliedstaaten wie Deutschland wieder eine Sperrklausel eingeführt wird.

Die „Letzte Generation“ sorgt seit gut zwei Jahren mit öffentlichkeitswirksamen Blockade-, Beklebe- und Beschmieraktionen für kontroverse Debatten und eine zeitweise starke Belastung der Polizeikräfte sowie deutscher Staatsanwaltschaften und Gerichte. Auch führten ihre Protestaktionen zu Unmut und Ärger in der Bevölkerung und teils auch körperlichen Auseinandersetzungen.

Ende Januar kündigte die Gruppe an, auf ihre bekannteste Protestform – die Straßenblockaden durch Festkleben von Demonstranten auf Fahrbahnen – verzichten zu wollen. „Von nun an werden wir in anderer Form protestieren – unignorierbar wird es aber bleiben“, hieß es in einer Erklärung. Ab März werde die Gruppe zu „ungehorsamen Versammlungen“ im ganzen Land aufrufen.

Zudem wollen die Aktivisten Verantwortliche für die „Klimazerstörung“ in Zukunft verstärkt direkt konfrontieren, indem man sie öffentlich und vor laufenden Kameras zur Rede stelle. Auch wollen sie verstärkt Orte der „fossilen Zerstörung“ für Proteste aufsuchen wie Öl-Pipelines, Flughäfen oder das RWE-Betriebsgelände.

Erneut Bewährungsstrafe für „Letzte Generation“-Sprecherin

Hintergrund für die Neuausrichtung könnte der wachsende Druck durch die Strafverfolgungsbehörden und Gerichtsentscheidungen sein. So wurde die Sprecherin der „Letzten Generation“, Carla Hinrichs, Anfang Januar erneut zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Sie erhielt wegen des Vorwurfs der Nötigung zwei Monate Haft auf Bewährung, sagte ein Sprecher des Landgerichts Frankfurt am Main der Nachrichtenagentur AFP.

Dabei handelte es sich um ein Berufungsverfahren. Das Amtsgericht Frankfurt hatte Hinrichs im Mai zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Diese Entscheidung bestätigte das Landgericht. In dem Fall ging es um eine Straßenblockade in Frankfurt, an der sie im Jahr 2022 teilnahm.

Bei einer Razzia im Mai hatten zahlreiche Beamte Objekte in sieben Bundesländern durchsucht.

Das Landgericht München hat im November bei den Aktivisten der „Letzten Generation“ einen Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung festgestellt. Das Gericht sieht in ihren Taten eine „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“.

Mitte Dezember erklärte die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, dass sie angesichts von „schwergewichtigeren Straftaten“ wie den Farbattacken auf das symbolträchtige Brandenburger Tor neu prüfen werde, ob es bei der Gruppe um eine kriminelle Vereinigung handelt, berichtete der rbb.

Auch haben bayerische Behörden im Dezember fast 800.000 Euro des Start-ups elinor im Rahmen der Ermittlungen gegen die „Letzte Generation“ beschlagnahmt. Das Unternehmen musste danach seine Tätigkeit einstellen. Die Aktivisten hatten rund 70.000 Euro bei dem Start-up angelegt.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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