Linke und Grüne lassen Auflösungsantrag für Thüringer Landtag fallen

Endet die Unsicherheit über die geplante Auflösung des Thüringer Landtags früher als gedacht? Signale aus mehreren Fraktionen deuten darauf hin. Die geforderte Zweidrittelmehrheit soll weiterhin unsicher sein.
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Tage vor der geplanten Landtagsauflösung wächst die Unsicherheit, ob die Zweidrittelmehrheit steht.Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Epoch Times16. Juli 2021

Update (16.7.):

In Thüringen wird es entgegen der bisherigen Planungen nicht zu einer Auflösung des Landtags und damit auch nicht zu einer Neuwahl im September kommen. „Den Neustart wird es nicht über die Neuwahlen geben“, sagte Linksfraktionschef Steffen Dittes am Freitag in Erfurt an der Seite seiner Kollegen von SPD und Grünen, Matthias Hey und Astrid Rothe-Beinlich. Die Fraktionen von Linken und Grünen hatten sich zuvor in außerordentlichen Sitzungen gegen die geplante Auflösung des Landtags entscheiden, die SPD bedauerte dies.

Zuvor gab es bei der rot-rot-grünen Minderheitsregierung – die den Auflösungsantrag initiierte – Bedenken, ob eine Mehrheit gefunden wird, da ein Großteil der FDP und Teile der CDU ihre mögliche Ablehnung eines solchen Antrags signalisierten. Die Thüringer AfD ließ offen, wie sie sich entscheidet. Eine Zweidrittelmehrheit wäre für den Antrag notwendig gewesen.

Linke und Grüne begründeten die Entscheidung damit, dass eine Auflösung des Landtags nur mit den Stimmen der AfD möglich gewesen wäre. „Unser Ziel wird es nach wie vor sein, dass die AfD auch in Zukunft nicht zum Zünglein an der Waage wird“, sagte Dittes. Das Parlament sei nun in der Verantwortung, einen Neustart ohne Neuwahl herbeizuführen.

FDP-Fraktionschef Kemmerich mahnte nach der Entscheidung, es komme darauf an, „im Interesse des Landes den Blick nach vorn zu richten“. „Hier und heute ist nicht der Zeitpunkt für Schuldzuweisungen“, erklärte er. Seine Fraktion habe bereits am Mittwoch nahegelegt, den Antrag zur Landtagsauflösung zurückzuziehen.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt und Landeschef Christian Hirte bemängelten die Entscheidung. „Dem Land droht Stillstand und Handlungsunfähigkeit, wo es einen Neustart braucht“, erklärten sie. Sie kritisierten aber auch die eigenen Fraktionsmitglieder, die die Auflösung nicht unterstützen „und nicht sehen wollten, welch große Chance für Thüringen hier vertan wird“.

Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke forderte Ramelow infolge der Bekanntmachung vom Freitag dazu auf, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. „Rot-Rot-Grün und die CDU haben dem Thüringer Wähler dreist ins Gesicht gelogen“, erklärte er.

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Landtagsauflösung in Thüringen droht zu scheitern

Die Zitterpartie um die geplanten Auflösung des Thüringer Landtags könnte heute beendet werden. Linke und Grüne haben ihre Fraktionen kurzfristig zu Sondersitzungen zusammengerufen.

Erneut soll es um die Frage gehen, ob die von der Verfassung geforderte Zweidrittelmehrheit für die am Montag geplante Abstimmung steht – oder ob das Risiko, dass AfD-Stimmen den Ausschlag geben könnten, zu groß ist.

Ob bereits heute eine Entscheidung fällt, den Antrag auf Landtagsauflösung zurückzuziehen oder daran festzuhalten, sei offen, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, der Deutschen Presse-Agentur.

Seit Wochen herrscht in Thüringen Unsicherheit, ob die nötigen 60 Stimmen für den Auflösungsantrag von Linke, SPD, Grüne und CDU zusammenkommen. Der Grund: Vier CDU-Abgeordnete wollen ausscheren und zwei von der Linken, die der CDU Vertragsbruch vorwerfen. Eigentlich hätten die vier Fraktionen zusammen 63 Stimmen. Derzeit sollen aber nur 57 sicher sein, obwohl eine Abgeordnete der FDP-Fraktion mitstimmen will.

„Wir haben die Mehrheit nicht“

Grund sei, dass eine Abgeordnete wegen eines folgenschweren Unfalls nicht zur Abstimmung kommen könne. „Wir haben die Mehrheit nicht“, sagte eine Koalitionärin. Einige Parteien erhoffen sich durch die vorgezogenen Wahlen ein für sie besseres Stimmenverhältnis. Anderen wiederum sehen keine Vorteile in einer früheren Auflösung sondern eher Schwierigkeiten. Initiiert hat den Antrag auf vorzeitige Landtagsauflösung und damit einen Neuwahl die rot-rot-grüne Minderheitskoalition. Die CDU wollte ursprünglich den Antrag unterstützen. Ziel der Minderheitsregierung ist dabei ihr Stimmenverhältnis zu verbessern und der AfD Stimmen abzunehmen.

Aufgrund der aktuellen Lage, dass die CDU nicht geschlossen hinter dem Antrag steht und die FDP größtenteils den Antrag nicht unterstützen will,  könnte es sein, dass der Weg für eine vorgezogene Landtagswahl am 26. September parallel zur Bundestagswahl zunächst verschlossen bleibt. Seit März 2020 ist die rot-rot-grüne Minderheitskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bei Entscheidungen auf Unterstützung der CDU angewiesen – doch der gemeinsame Stabilitätspakt war befristet.

Vier FDP-Abgeordnete gegen Auflösungsantrag

Es gehe in der Fraktionssitzung der Linken auch um eine Bewertung der FDP-Ankündigung, dass sich vier ihrer fünf Abgeordneten am Montag enthalten wollten, sagte Dittes. Während es aus seiner Fraktion und der der Grünen Signale gibt, die Abstimmung wegen ihres ungewissen Ausgangs abzusagen, will die SPD bisher daran festhalten. Ihr Fraktionschef Matthias Hey hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die Sozialdemokraten die Auflösung des Landtags wollen, damit das Parlament wieder handlungsfähiger wird. „Unsere acht Stimmen stehen.“

Eigentlich sollte die finale Entscheidung, in die Abstimmung zu gehen oder nicht, erst am Sonntag fallen. Zudem gab es Überlegungen bei einigen Politikern, eine Art Sicherheitslinie am Montag durch Aussetzen der Geschäftsordnung einzuziehen: Man wollte in zwei Etappen wählen – um zu testen, wie sich FDP und AfD verhalten.

Die AfD ist nach der Linken die zweitstärkste Fraktion im Thüringischen Landtag.

Sitzverteilung im Landtag:

  • DIE LINKE (29)
  • AfD (22)
  • CDU (21)
  • SPD (8)
  • BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (5)
  • FDP (5)

Der Antrag auf Landtagsauflösung, den 30 Abgeordnete Ende Juni stellten, würde laut Landtagsverwaltung bereits als zurückgezogen gelten, wenn nur ein Beteiligter seine Unterschrift für nichtig erklären würde. (dpa/afp/er)



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