Palmer befürwortet Bauernproteste – äußert aber Kritik am Habeck-Vorfall

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zeigt sich solidarisch mit den deutschlandweiten Bauernprotesten. Allerdings hat er kein Verständnis für das „gewaltsame“ Vorgehen gegen Habeck.
«Es war gut, so wie es war»: Boris Palmer.
Tübigens Oberbürgermeister Boris Palmer.Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 8. Januar 2024

Ganz Deutschland schaut auf die Bauernproteste. Auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer äußerte sich kürzlich auf Facebook dazu.

In den letzten Jahren hat sich viel Frust bei den deutschen Landwirten angesammelt, der sich nun in Form von landesweiten Protesten entlädt. Die Kürzungspläne beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer waren dabei wohl nur die letzten Tropfen, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben.

Vor Beginn der Protestwoche erlebte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fast hautnah den Frust der Landwirte zu spüren. Am 4. Januar hatten mehr als 100 Demonstranten den Anlegesteg eines Fährhafens an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins mit ihren Traktoren blockiert. Das war genau zu dem Zeitpunkt, als die Fähre mit Habeck an Bord anlegen wollte. Dafür zeigte Palmer jedoch wenig Verständnis.

Palmer: Protest ist „sehr gut begründet“

Auf Facebook befürwortete Palmer den landesweiten Protest der Bauern. „Protest ist mir seit Kindesbeinen vertraut.“ Auch sein Vater habe sich viele Jahre gegen den Trend zur industriellen Lebensmittelproduktion gewehrt und stattdessen Qualitätsprodukte gefordert. „Man könnte sagen: Renate Künasts Credo ‚Klasse statt Masse‘ hat er 40 Jahre vorweggenommen“, schrieb Palmer am 6. Januar über seinen Vater.

Für den Oberbürgermeister ist der Protest gegen den „sogenannten Subventionsabbau in der Landwirtschaft“ in seinen Augen „sehr gut begründet“.

Palmer weist darauf hin, dass Landwirte hart und viel arbeiten. In dieser Branche gäben die Tiere und Ernten den Rhythmus vor. Er kritisiert, dass „ausgerechnet diesen Leuten massive Einkommensverzichte“ zugemutet würden, während Flüchtlingskosten bei 50 Milliarden Euro im Jahr ständen. Das könne nicht gut gehen. Weiter schrieb der ehemalige Grünen-Politiker:

Das ist kein Populismus, sondern einfach eine realistische Betrachtung der Lebenswelten. Man kann auf Dauer nicht nur die Kühe der Nachbarn melken.“

Steuergleichsetzung beim Diesel abwegig?

Nach Ansicht des 51-Jährigen ist die Begründung nicht gerechtfertigt, dass mit der Besteuerung von Diesel für Land- und Forstmaschinen Subventionen abgebaut würden.

Um die Steuerbefreiung für Agrardiesel als Subvention zu begreifen, müsste man der Auffassung sein, dass der Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen mit der SUV-Fahrt zu Aldi oder in den wohlverdienten Kurzurlaub in den Alpen gleichzusetzen sei.“

Laut Palmer habe die deutsche Autoindustrie den Diesel jahrelang „zum sportiven Gerät des Luxuskonsums entwickelt“. Dass die Bundesregierung jene Nutzung nun steuerlich mit der Lebensmittelerzeugung gleichsetzen wolle, ist für Palmer „fast schon abwegig“.

Ebenso weist er darauf hin, dass die Landwirte keine alternativen Antriebsarten hätten, auf die sie umsteigen könnten. „Bis Landmaschinen als Elektrogeräte angeboten werden, wird noch einige Zeit vergehen.“ Zudem seien andere Aufgaben weitaus dringender und wirtschaftlicher, als die Agrarfahrzeuge jetzt umzustellen.

„Ich kann daher gut verstehen, wenn das Angebot, den Agrardiesel nur schrittweise zu verteuern, bei den Bauern wenig Gegenliebe findet“, schrieb Palmer.

Kein Verständnis für „Angriff auf Habeck“

Trotz seiner Sympathie für die Aktionswoche hat der parteilose Oberbürgermeister kein Verständnis für den Habeck-Vorfall. Die Blockade der Fähre nannte er einen „Angriff auf Robert Habeck“.

Er dachte dabei erneut an seinen Vater, der „sicher seinen Spaß an einer solchen Blockade gehabt hätte“. Dieser hätte ein Angebot des Vizekanzlers, mit einer Delegation zu sprechen, sofort angenommen. „Danach wäre die Blockade friedlich beendet worden.“ Sein Vater habe in der Regel allein „gegen eine Übermacht des Staates“ demonstriert.

Eine umgekehrte Situation, also wenn aus einer Übermacht heraus der Staat infrage gestellt werde, sei jedoch inakzeptabel. „Niemals hätte mein Vater einen Sturm auf die Fähre und Kämpfe mit der Polizei toleriert.“

Einmal habe sein Vater in einer Zeitung geschrieben: „An die Rote-Armee-Fraktion! So nicht, meine Herren, mir gefällt auch sehr vieles nicht in diesem Staat, jedoch wäre ich nie auf den Gedanken von Gewalt und Bomben gekommen. Ich halte lieber Bombenvorträge.“

Palmer sprach damit auch diejenigen an, „die Gewalt von Rechts legitimieren“. Ebenso würde laut Palmer sein Vater den Landwirten heute mahnend zurufen: „So nicht, meine Herren.“ Seiner Ansicht nach hätten die Landwirte „mit Gewalt“ Habeck vom Landgang abgehalten. „Was an diesem Fähranlieger geschehen ist, ist einfach durch nichts zu rechtfertigen.“

Schilderungen von Teilnehmern und der Polizei zeichnen jedoch ein anderes Bild.

In einem Video auf dem Kurzbotschaftendienst X ist zu sehen, dass die Landwirte, eine Stellungnahme von Habeck zur aktuellen Lage forderten. Das verweigerte der Vizekanzler aber. Später ist zu sehen, dass mehrere Demonstranten die Rampe in Richtung der Fähre vorpreschten. Die Polizei versuchte die Menschen zurückzuhalten. Gleichzeitig legte die Fähre wieder ab. Laut „Bild“ ist Habeck erst einige Stunden später in der Nacht an Land gegangen – begleitet von Personenschützern.



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