Politischer Aschermittwoch: Söder droht mit Bayern-Austritt – Bauern verhindern Treffen der Grünen

In Bayern hielten die Parteien ihren traditionellen Politischen Aschermittwoch ab. CSU-Chef Markus Söder erteilte dabei schwarz-grünen Koalitionen eine Absage und liebäugelte mit einer Abspaltung Bayerns. Aufgebrachte Bauern verhinderten derweil eine Veranstaltung der Grünen.
Markus Söder: «An die Ampel: Ihr hattet eure Chance.»
Markus Söder: „An die Ampel: Ihr hattet eure Chance.“Foto: Peter Kneffel/dpa
Von 14. Februar 2024

Am Mittwoch, 14. Februar, fand sich politische Prominenz aus allen Parteien in Bayern zum traditionellen Politischen Aschermittwoch ein. Über mehrere Jahrzehnte hinweg hatte die CSU mit Franz-Josef Strauß in der damaligen Nibelungenhalle in Passau die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Seit den 1990er-Jahren halten jedoch alle Parteien mindestens eine Veranstaltung mit ihren Spitzenpolitikern an diesem Tag ab.

Söder stellt Ampel die Rute ins Fenster: „Bayern kann auch ohne Deutschland“

In der Dreiländerhalle in Passau forderte CSU-Chef Markus Söder Neuwahlen auf Bundesebene. Gleichzeitig widersprach er dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der jüngst eine Koalition unter Beteiligung der Grünen nicht kategorisch ausschließen wollte. Söder erklärte, die Grünen seien „nicht regierungsfähig – weder in Bayern noch im Bund“.

Söder bezeichnete die Ampel als „unseren großen Bremsklotz“. Berlin nehme Geld aus Bayern über den Länderfinanzausgleich, gleichzeitig benachteilige man den Freistaat. Indirekt drohte der Ministerpräsident sogar einen möglichen Austritt des Landes aus der Bundesrepublik an:

„Wenn ihr Bayern nicht wollt, dann macht es halt alleine. Dann lasst uns halt raus. Bayern kann ohne Deutschland leichter leben als Deutschland ohne Bayern.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke nannte Söder eine „grüne Margot Honecker“. Sie sei ein Musterbeispiel dafür, wie die Partei versuche, „die Freiheit der Fleißigen durch immer neue Auflagen einzuschränken“. Aber auch nach rechts teilte der CSU-Chef aus. Die AfD sei „der Feind“. Ihr „Putin-Pudel Nummer eins“, Björn Höcke, wolle „Deutschland an Russland ausliefern“.

Söder stellte zudem nicht nur die Eigenständigkeit der Länderrundfunkanstalten Bremens und des Saarlands infrage, sondern auch die der Länder als solche.

Aschermittwoch der Freien Wähler im Zeichen der Wirtschaftspolitik

In Deggendorf betonte der Chef der Freien Wähler (FW), Hubert Aiwanger, man sei „das Bollwerk der Demokratie und der Mitte“. Die FW sorgten mit dafür, dass sich die Ränder nicht gegenseitig hochschaukelten. Er stellte sich vorbehaltlos auf die Seite der protestierenden Bauern und machte deutlich, dass eine starke Landwirtschaft Voraussetzung für eine starke Wirtschaft insgesamt sei.

Der FDP bescheinigte Aiwanger, der „Totalausfall in der Regierung“ zu sein. Generell sei es um den gesunden Menschenverstand in der Ampel nicht gut bestellt. Die SPD meine, „den Arbeiter vor sich selbst schützen“ zu müssen, indem sie zusätzlichen Verdienst steuerlich bestrafe.

Aiwanger plädierte dafür, derzeitige und künftige Rentner vor der Altersarmut zu schützen. Deshalb müsse das Bürgergeld reformiert werden, um „junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen in Arbeit“ zu bringen:

„Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die Leistung und Eigentum wieder belohnt und schützt. Unternehmenssteuern und Energiepreise müssen runter, sonst verlieren wir immer mehr unsere Wettbewerbsfähigkeit und Firmen wandern ab. Handwerk, Mittelstand, Landwirtschaft und Großunternehmen müssen eine Perspektive in Deutschland haben.“

AfD mit Maximilian Krah als Hauptredner in Osterhofen

In Osterhofen hielt die AfD ihre Aschermittwochskundgebung ab. Dabei forderte deren Spitzenkandidat zur EU-Wahl, Maximilian Krah, Deutschland müsse „wieder stolz und selbstbewusst“ werden. Die Menschen im Land müssten sich wieder „zu ihrem Geschlecht, ihrer Kultur, ihrer Geschichte“ bekennen. Ausländische Diplomaten würden über die deutsche Selbstverleugnung den Kopf schütteln.

Krah erklärte, das Land befände sich in den Händen von Personen, die „auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar“ wären. Es regiere die Dummheit, die Massendemonstrationen illustrierten vor allem den „deutschen Niedergang“.

Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner warf CSU-Chef Söder vor, Positionen der AfD zu kopieren. Freie Wähler Chef Aiwanger habe seine Wähler getäuscht, und die „Altkommunistin“ Sahra Wagenknecht verschleiere ihre wahren Ziele. Es seien die alternativen Medien, die mittlerweile die Aufgabe der Kontrolle der Regierung wahrnähmen, betonte die Politikerin weiter.

SPD: „Nazis zu wählen, ist kein wirksamer Protest“

Bei der traditionellen Kundgebung der SPD in Vilshofen sprach Parteichef Lars Klingbeil derweil von „rechtsextremen Waschlappen“, die „in dunklen Räumen ihre Ideologie diskutieren, aber dann in der Öffentlichkeit nicht dazu stehen“. Mut machten ihm die Massendemonstrationen, die derzeit in Deutschland stattfinden.

Klingbeil appellierte an die Bürger, nicht aus Protest gegen die Regierung die AfD zu wählen. Dies sei niemals eine Lösung eines demokratischen Problems:

„Kommt zu unseren Veranstaltungen, meckert mit uns, seid frustriert, geht mit uns in den Dialog, aber wählt keine Nazis!“

Gleichzeitig kündigte Klingbeil an, sich künftig um die „arbeitende Mitte“ der Gesellschaft kümmern zu wollen. Die Union hingegen betreibe destruktive Oppositionspolitik. CSU-Chef Markus Söder sei ein „Politiksimulant“, der sich hinter der Ampel verstecke. Tatsächlich sei er nicht einmal durchsetzungsfähig genug gewesen, um seine Kanzlerambitionen gegen Armin Laschet zu behaupten.

Bauernproteste verhindern Veranstaltung der Grünen

Unverrichteter Dinge mussten demgegenüber Anhänger der Grünen im baden-württembergischen Biberach wieder abziehen. Dort sollten Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, die Bundesvorsitzende Ricarda Lang und Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin sprechen.

Die Partei entschloss sich nach Rücksprache mit den vor Ort anwesenden Sicherheitskräften dazu, die Veranstaltung abzusagen. Wie aus Medienberichten hervorgeht, hatten Bauern und Fuhrunternehmer bereits seit dem Morgen in der Stadt und rund um die Veranstaltungshalle demonstriert.

Es seien Straßen blockiert worden, die Stimmung sei überaus aggressiv gewesen. Wie „t-online“ berichtet, wurde die Fensterscheibe eines Wagens eingeschlagen, der zur Kolonne von Minister Özdemir gehört habe. Die Polizei musste Pfefferspray gegen Demonstranten einsetzen, um den Weg für zwei Fahrzeuge freizuräumen.

Grünen-Abgeordneter spricht von Blockierern „aus dem verschwörungstheoretischen Bereich“

Der Landesbauernverband erklärte, nicht zu dem Protest aufgerufen zu haben. Der grüne Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich sprach von einem „schlechten Tag für die Demokratie“. Gegenüber „t-online“ gab er an, es hätten sich nicht nur wütende Bauern zur Blockade versammelt, sondern auch Personen „aus dem verschwörungstheoretischen Bereich“.

Emmerich sprach von einer „gefährlichen Melange“ und will nun auch klären, ob die Polizei genügend Einsatzkräfte vor Ort gehabt habe. Vonseiten der Polizei hieß es, sie sei auf Proteste vorbereitet gewesen, allerdings seien diese bislang immer friedlich verlaufen.

Auf X klagen Anhänger der Grünen über die Verhinderung der Veranstaltung. Einige werfen den Bauernverbänden vor, sich nicht rechtzeitig von Rechtsextremisten distanziert zu haben. Auf der Gegenseite weisen Nutzer die Grünen darauf hin, dass diese jahrzehntelang selbst zur Verhinderung von Veranstaltungen anderer Parteien aufgerufen hätten. Zudem hätten sie die gegen sie gerichtete Stimmung selbst durch eine ideologische Politik ohne Rücksicht auf Betroffene heraufbeschworen.

In den vergangenen Wochen ist es bereits mehrfach zu Konfrontationen zwischen Bauern und Grünen gekommen. Erst zu Monatsbeginn sagte in Bernburg, Sachsen-Anhalt, der örtliche Kreisverband der Partei die Wiedereröffnung des renovierten Parteibüros am dortigen Markt ab.

Wagenknecht-Partei BSW stellt Friedenspolitik in den Vordergrund

Zum ersten Mal hat derweil in Passau eine Aschermittwochsveranstaltung vom neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) stattgefunden. Vor etwa 150 Besuchern hat die Parteigründerin die Bundesregierung als „nicht nur dümmste, sondern auch gefährlichste“ Regierung in Europa bezeichnet.

Der Schwerpunkt ihrer Rede lag im Bereich der Friedenspolitik. Deutschland gebe das Dreißigfache dessen für die Aufrüstung aus, was andere Länder dafür aufwendeten. Dieses Geld fehle in Deutschland im Bereich der Renten, für gute Gesundheitsversorgung oder eine ordentliche Infrastruktur.

Kritik gab es neben dem „Selbstbestimmungsgesetz“, das ein „Lebensabschnittsgeschlecht“ schaffe, vor allem an der Kriegsrhetorik von Grünen, CDU und FDP. Wagenknecht schlug vor, Politiker wie Anton Hofreiter, Roderich Kiesewetter oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann in ein „Ehrenbataillon“ abzukommandieren. Dieses könne man dann jeder kriegsführenden Partei der Welt zur Verfügung stellen.

Linkspartei mit selbst gedrehtem Joint statt Bierkrug

Die Linkspartei hielt ihren Aschermittwoch in Tiefenbach bei Passau ab. Hauptrednerin war Parteichefin Janine Wissler, die einen Waffenstillstand in Gaza und diplomatische Anstrengungen in der Ukraine forderte. Zudem erteilte sie Ambitionen hin zu einer nuklearen Bewaffnung Europas eine Absage. Auf diese könnten „Rechtspopulisten Zugriff bekommen“.

Größere Aufmerksamkeit erlangte jedoch Bundesgeschäftsführer Ates Gürpinar. Dieser griff, statt wie Redner anderer Parteien zum Bierkrug, zu einem selbst gedrehten Joint. Passend dazu warf er der Ampel vor, die Legalisierung von Cannabis ohne Not hinauszuzögern. Die Ampel wolle wohl verhindern, dass in der Presse stünde, sie bekomme „gar nichts auf die Kette, bis auf die Legalisierung von Cannabis“. Stattdessen bekomme sie „lieber gar nichts auf die Kette“.

In Anspielung auf sein Leitthema des „Rechts auf Rausch“ schloss Gürpinar mit den Worten: „Wie heißt es so schön: lieber grenzenlos dicht als dichte Grenzen.“

FDP traf sich in Dingolfing

Für die ebenso wie die Linkspartei nicht mehr im bayerischen Landtag vertretene FDP sprachen unter anderem Landeschef Martin Hagen und EU-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Hagen ging auf die Kritik der Jusos an der Position der Partei zum Lieferkettengesetz ein. Diese hatten die FDP als „neoliberal verbohrte Dickköpfe“ bezeichnet. Er sei, so Hagen, „lieber ein neoliberaler Dickkopf als ein sozialistischer Dummkopf“.

EU-Kandidat Phil Hackemann erklärte, die in Europawahlumfragen zuletzt auf drei Prozent gesunkene FDP stehe „für eine EU, welche Freiheit verteidigt und Wohlstand fördert“. Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann spielte auf die jüngste Bismarck-Verkleidung von Ministerpräsident Söder an: „Bismarck-Hering wäre besser gewesen: richtig glitschig und nie zu packen“. Neben Hubert Aiwanger wirke jedoch auch er „charakterlich stabil“.

Wo liegen die Ursprünge des politischen Aschermittwochs?

Die Tradition des Politischen Aschermittwochs reicht ins 16. Jahrhundert zurück, als bayerische Bauern den Vieh- und Rossmarkt in Vilshofen auch zur Diskussion über politische Fragen nutzten. Der bayerische Bauernbund gilt als Begründer der Tradition – er hielt 1919 eine erste Kundgebung an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg griff die Bayernpartei die zuletzt durch die Nationalsozialisten vereinnahmte Tradition wieder auf. Seit 1953 hält auch die CSU wieder Aschermittwochsveranstaltungen ab. Vor allem Franz Josef Strauß setzte sich dabei als Redner in Szene.

In den 1980er-Jahren schafften es die Republikaner unter Franz Schönhuber, zu den Aschermittwochsveranstaltungen ähnlich viele Teilnehmer zu mobilisieren wie die CSU. In Wahlerfolge konnten sie diesen Zuspruch jedoch nicht ummünzen: Der Einzug in den bayerischen Landtag blieb der Rechtspartei verwehrt.

Mittlerweile findet der Politische Aschermittwoch nicht mehr nur in Bayern statt. Auch in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern laden Parteien an diesem Tag zu politischen Veranstaltungen mit lokaler oder überregionaler Prominenz. Sogar bis nach Österreich hat sich diese Tradition ausgebreitet. In den 1990er-Jahren begründete sie die FPÖ unter Jörg Haider, mittlerweile haben sich auch einzelne Verbände von SPÖ und ÖVP den politischen Aschermittwoch zu eigen gemacht.



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